am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

rücksicht

kaum eine woche wieder auf dem motorrad unterwegs. und schon ärgern sie mich wieder, die unachtsam zwischen allen fahrspuren agierenden autolenker. die frau immerhin hat entschuldigend gewinkt, nachdem sie meinen weg einfach mal so gekreuzt hatte. alle anderen scheinen nicht einmal zu merken, was sie so tun. der taxifahrer zum beispiel, der erst vom straßenrand aus vor mir kreuzend auf die linke und dann unmittelbar darauf gleich wieder vor mir auf die rechte spur fahren mußte, um dort dann unvermittelt anzuhalten? keine ahnung, was der sich gedacht haben könnte. aber meckern konnte er, weil ich dann erstmal hinter ihm zum stehen kam, da der nachfolgenden verkehr nicht sonderlich gewillt war, mir ein einfädeln zu ermöglichen. besonders unberechenbar allerdings sind die, die telefonieren, ob nun mit oder ohne telefon am ohr. die in ihren businessschlachtschiffen wild gestikulierend ihrem business nachgehen, dabei einhändig durch den verkehr schlingern, nicht besonders rasant, dafür aber mit dreistester blindheit. wirklich gefährlich.

da bleibt mir wohl nichts, nur diese drei: vorsicht, übersicht und nachsicht.

bonding (15)

ich muß dranbleiben, darf mich nicht wieder völlig verzetteln. und darüber den text nicht nur verlieren, sondern womöglich vergessen. also teste ich strategien aus, setze mir zeiten und orte fürs schreiben. heute in einem hamburger café, warum auch immer.

fertig geworden bin ich nicht mit dem anstehenden vierten kapitel. aber besser ist jetzt doch so einiges. überhaupt wird alles immer besser.

in hamburg

wann immer ich in hamburg bin, ist es kalt, naß und dementsprechend häßlich. hamburg an sich ist von allen mir bekannten städten die für mich unsinnigste. so war es von anfang an, und das ist jahre her. die menschen hier stecken so selbstsicher in ihren zerknitterten regenjacken. groß sind sie, haben riesige hände und füße und mäuler. durch und durch erwachsen scheinen sie mir, wenn sie ihr allumfassendes moijn in die welt rufen. das macht mir angst, und nur deshalb muß ich wohl so maßlos übertreiben und vereinfachen.

berlin ist da von grund auf anders. die menschen zappeln herum, mal so und mal anders, als stünden sie beständig unter schwachstrom. mehr aber auch nicht. wenn es regnet stehen sie in schlappen auf der straße und wundern sich. oder sie sitzen mit schirm in der hand aufrecht auf dem rad. erwachsen ist niemand, auch die erwachsenen nicht. alle suchen und suchen nach dem, was sich mal finden oder erfinden lassen könnten. oder sie behaupten es zumindest. auch das ein klischee und daher unzutreffend.

doch was will ich hier, ausgerechnet, warum bin ich hamburg? war ich nicht ohnehin viel zu viel unterwegs in letzter zeit? der termin ist morgen erst, und es gibt nicht wirklich einen grund, gestern schon anzureisen, um heute den ganzen tag hier zu verbringen. vorbereiten können hätte ich mich auch zu hause, obwohl ich es vermutlich nicht getan hätte. noch weniger als ich hier dazu in der lage war, die fremde schwer hamburgs lag darüber. die gewissheit, daß diese stadt mich nicht einlassen wird. niemals.

und als schreibzeit? nun ja, auch das war angedacht und kann letztendlich nicht als gänzlich mißglückt bezeichnet werden. die unterkunft habe ich in vollem wissen um ihre schreibuntauglichkeit gebucht. die aus dem letzten jahr stand mir nicht mehr zur verfügung, deshalb sitze ich nun in einer art zelle, in der im grunde nur ein bett und ein fernseher platz hat. und netz natürlich. schreibarbeit unter erschwerten bedingungen, so gesehen war ich recht erfolgreich.

schreiben im öffentlichen raum. korrigiert habe ich oft außer haus, mit bleistift und papier im café. das geht. aber mit laptop? arbeit am offenen herzen der romandatei. in hamburg?

ging auch. was mich überrascht hat. wobei es ja nur überarbeitungen waren, aber egal. es war schreiben, eintauchen in das material. in die menschen, was sie tun und was sie reden. es ging gut. sehr gut sogar. vielleicht sollte ich mir in berlin genau so einen platz in einem café suchen, mit steckdose am besten, und immer wieder mal besuchen. ja?

man muß nur anfangen, sag ich ja immer, danach wird es leichter. alles. (nun ja, wenn die pausen nicht zu abgründig werden.) nach dem aufwachen, dem losgehen. das schreiben und das träumen, da muß man nur dranbleiben. doch an den anfang gewöhne ich ich nie. an die halb offenen augen, die dämmerung, die bodenlosigkeit. an das weiße blatt und den leeren eingabebereich.

deshalb graust es mir wohl auch jedes jahr im frühling, wenn ich das motorrad wieder in betrieb nehmen will. man weiß ja nie. anfänge dauern, mitunter.

oder ist das die angst vor der traumlosigkeit, die mir selbst noch nie passiert ist. die ich aber gesehen und gefühlt habe in menschen. zu nah mitunter.

interessant

am tag vor dem kleinen, recht spontanen treffen mit meiner familiengeneration (alle ende der 50er bis weit in die 60er jahrgänge) kommt dann dieser scobel im tv. wie soll ich sagen? paßt. (besonders am anfang.)

(psychische) gewalt ist gewalt.

bonding (14)

durch die straßen gelaufen, aber nirgendwo eingekehrt. zuviel sonne auf einmal, zuviel licht und blau. und zuviel unruhe in mir, zuviel chaos. kein gedanke an eine titelfindung oder ähnliche kleinteiligkeiten. also radeln, am wasser entlang, und dann eben laufen. ich mag die kleine stadt, die so bieder ist, so sauber, ganz anders als berlin. doch das ist es nicht, warum ich am liebsten bleiben würde. es ist das licht. und das dunkel in der nacht. und die stille, die daraus erwächst.

am abend dann aber noch einmal durch das letzte kapitel, es hilft ja nichts. besser jetzt, klarer und tragender für alles weitere. aber immer noch nicht gut.

morgen geht es zurück nach berlin. wie es da dann weitergeht, kann ich noch nicht sagen. nur, daß es irgendwie weitergehen sollte, diesmal. alles andere wäre fatal. aber schon in den kommenden tagen bleibt kaum zeit. vielleicht sollte ich mich disziplinär selbstverpflichten. jeden tag wenigstens einmal die datei öffenen und reinlesen, notizen machen. das sowieso, eigentlich immer. jede woche wenigstens einen tag reservieren, um weiter am text zu arbeiten, und wenn es nur ein satz ist. oder drei worte. besser wäre natürlich mehr und kontinuierlich voran.

damit wäre das zeitproblem gelöst, vielleicht. das problem der kontinuität. ein anderes aber bleibt. eines, das ich gern vernachlässige, vergesse, weil ich es nicht wahrhaben mag. weil es kaum lösbar ist. die tatsache nämlich, daß es kein gegenüber gibt, keinen mitlesenden, keine kritikerin auf dem weg, keineN lektorIn.

das ist das eigentliche manko, das es so unendlich schwer macht. das ist das, was damals anders war. als ich das erste buch schrieb. und da weiß ich nicht weiter, ganz ehrlich. in einen volkshochschulkurs, wie vor dreißig jahren, passe ich natürlich nicht mehr. das liegt lange hinter mir. alles andere aber, was es da noch so geben mag, hat mich nie gefunden. da war ich wohl schon zu alt und in kein hochschulgeflecht eingebunden. und sowieso viel zu menschenscheu, für alles.

so ist das jetzt.

auf die hiesige amsel um kurz nach sechs ist nicht wirklich verlass. im leichten regen hat sie ihren einsatz ausgesetzt, und ich habe verschlafen. wobei sich die erledigungen dieses ganz normalen arbeitstages, der heute ja nun wieder ist, schnell abgehakt waren. die finalen übersetzungskorrekturen rauschicken und eine rechnung, mehr erstmal nicht. erledigt.

der weitere plan: erstmal raus hier, draußen ist frühling, endlich. außerdem erinnere ich mich, zum schreiben gehört bewegung. das löst das denken, bringt es ebenfalls in bewegung. das ist wichtig. besonders wenn seitenweise text unzufriedenstellend daliegen und auf eben jene bewegung warten und hoffen. ein spiel mit den energien.

und dann muß ich ja auch noch über einen titel nachdenken, nicht zum ersten mal. bislang ist nichts brauchbares aufgetaucht, das passt mir gar nicht. das ist unangenehm. nicht einmal einen akzeptablen arbeitstitel, der die lage einigermaßen beruhigen könnte, habe ich bislang. das, was passen würde, kommt alles auf englisch daher. und sorry, das geht gar nicht.

als die frauen ein kreis bilden stehe ich dicht dahiner, als einzige in zweiter reihe. ich zweifle nicht an meiner position, es scheint mir angemessen. dann schafft mir eine eine lücke und zieht mich hinzu. anschließend recken wir gemeinsam die fäuste. alle.

bonding (13)

das soll erfüllt, und das nicht nur irgendwie. bis auf die letzten fünf seiten fühlt sich alles recht solide bis gelungen an. danach sah es nicht aus in den ersten tagen. das wichtigste: ich erkenne mich wieder im schreiben, ich bin mir vertraut. im moment weiß ich nicht mehr, was all die zweifel immer sollen. da ist nichts, was nicht mehr funktioniert. so wie früher oder eben anders. aber es geht, mit aller leichtigkeit und schwere. eigentlich ist es sogar besser.

die fünf seiten sind auch kein problem. ich bin ja morgen noch hier. oder ich nehme sie mit nach berlin, da muß es ja schließlich auch irgendwie weitergehen. das wäre sogar gut, einen fixen anknüpfpunkt zu haben. möglich natürlich, daß der alltag in berlin das eigentliche problem ist.

wie also geht es weiter, zurück zu hause? wo ich keine tage zur verfügung habe, einen auf den anderen, an denen ich stunden vor dem bildschirm sitzen kann. ende offen, und wenn es zwei, drei oder vier uhr nachts wird. aber auch anfang offen, schlendern, glotzen und hadern. auch das gehört dazu. schreiben braucht so viel zeit. so viel disziplin.

wie also weiter, nächste woche?

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