am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

#609060

ein paar wochen, knapp einen monat war mein twitter aus. auch jetzt halte ich mich noch zurück und versuche nicht, den lieben langen tag mitzulesen und mitzuquatschen. was mir auch ganz gut gelingt. (facebook ist viel schlimmer. da mußte ich heute erstmal alle benachrichtigungen ausstellen, damit es mich einigermaßen in ruhe läßt. und facebook ist erst seit dienstag überhaupt wieder an. überhaupt: abschalten scheint diesbezüglich ein zauberwort zu sein, den ich viel häufiger folge leisten sollte.)

viel verpaßt habe ich sicher nicht in den sozialnetzfreien tagen, das wichtigste kam auch so rüber. wozu gibt es schließlich blogs. dieses #609060-ding zum beispiel war kaum zu übersehen. ich habe die kontroversen, die pros und kontras gelesen. und mich nun dennoch entschlossen, meinen kleinen oberbekleidungsbeitrag zu leisten. vielleicht nicht jeden tag, aber auf jeden fall immer mit gesicht. mit dem smartphone in meinen einzigen, gänzlich unzulänglichen spiegel hineingeknipst, was nur unscharfe bilder erlaubt, wie ich schnell feststellen mußte, und der meine schuhe nie zu zeigen in er lage ist. auch mir nicht, ganz ohne knipserei. dazu muß ich auf einen stuhl steigen, wenn mir danach ist.

auch hatte und habe bedenken bezüglich der normalität. daß ich in den letzten drei monaten etwa zehn kilo verloren habe, freut mich immer noch ganz außerordentlich. alles an mir mag ich so lieber, meine hände, mein gesicht. auch die von oberbekleidung zumeist bedeckten teile meines körpers haben die prozedur gut überstanden. das heißt, eigentlich war es keine prozedur. es war auch nicht wirklich meine absicht, mich derart zu verändern. obwohl ich mich bewußt entschieden habe. aber ich habe keinen diätplan eingehalten, nicht einmal einen gehabt. überhaupt habe ich in meinem ganzen leben noch keine diät auch nur in erwägung gezogen. da kam wohl vieles zusammen, was nicht alles hier hingeschrieben werden soll. das resultat jedoch ist etwas, über das ich einfach nur sagen kann, daß es mir in wohltuender weise entspricht.

ich bin also kein grundlegend diätgeschädigtes wesen, ich war wohl auch nie wirklich übergewichtig, im gegenteil. schon immer bin ich die gewesen, die die aufgrund ihrer magerheit gehänselt und beschimpft wurde. hungerhaken, klavierspielen auf den rippen, all diese sachen, die man angehängt bekommt von denen, die vielleicht neidisch sind oder was auch immer. auch das ist ein teil des ewig sich vergleichenden spiels, das (vorwiegend unter frauen?) so gerne kultiviert wird. meine mutter hat damals schon damit angefangen, lange bevor ich solch ein vorgehen überhaupt auch nur ansatzweise nachvollziehen konnte. dabei ist es ein unding, sich mit über 25 jahre jüngeren menschen zu vergleichen. heute spreche ich da aus erfahrung, meine haut allein spricht bände, obwohl gerade die überaus bindegewebsbegünstigt ist. (hab ich von meiner mutter.)

doch als vor zirka vier jahren meine damalige geliebte mir diese oberdämliche sache mit den ziegen und den kühen darlegte, während ich, mit nacktem arsch auf ihrer waage stehend, fassungslos eine 75 zu artikulieren versuchte, kam ich mir schon ziemlich komisch vor. einerseits war mir in dem moment klar, warum ich mich seit langem schon körperlich derart beschissen, beinah am ende meiner kräfte fühlte. andererseits wußte ich überhaupt nicht, wie es so weit hatte kommen können. essen, natürlich. unsinn essen, das vor allem. aber wann hatte ich damit begonnen? und warum? außerdem wurde diese information angereichert mit der bemerkung, daß ich, süße, nun wohl für den rest meines lebens so bleiben würde. (oder anders gesagt: du fette, alte kuh.)

die 75 waren schnell wieder vergessen, spätestens als die geliebte keine geliebte mehr war. aktuell hat sich die sache umgedreht, derzeit lese ich meistens eine 57, wenn ich mal auf die waage steige. vor allem aber spüre ich mir nach, mir und den veränderungen in mir. diesem gesicht, das ich in die welt halte. oder den dingen, die ich berühre, die sich so anders anfühlen mit händen, die mir (wieder mehr) entsprechen.

genug davon. oder ein andermal mehr, vielleicht. weitere bedenken, vermutlich sogar noch größere, habe ich bezüglich meiner garderobe. also die frage nach dem besitz, die das wortschnittchen neulich so trefflich formuliert hat. das meiste von meinem zeug ist mir derzeit zu groß, zwei von acht hosen gehen gar nicht mehr, die verliere ich im gehen. zwei sind ganz okay, aber uralt. der rest geht so, mit gürtel zumindest. mehr habe ich nicht. doch, das motorradzeug, auch das rutscht mir derzeit vom arsch. abgesehen von alltagbekleidung besitze ich auch keinerlei weitere garderobe. bei festliche anlässen muß ich improvisieren, was meisten ganz gut funktioniert. selbst im theater geht ja heute fast alles. und zu banketts mit garderobenzwang irgenwelcher art werde ich sowieso nicht eingeladen. vor allem aber neige ich dazu, meine oberbekleidung selten zu variieren. zum teil besitze ich sogar baugleiche, farbidentische hemden oder t-shirts in dreifacher ausführung, daher wird man tage und wochen an mir dieselbe oberbekleidung sehen. (unterwäsche und socken usw. zählen natürlich nicht dazu.)

manches ist auch schon ein bißchen kaputt, und ich trage es dennoch. meistens weil ich es liebe, aber immer habe ich angst, daß man meine relative armut sieht. was vermutlich unsinn ist, gerade bei den unscharfen bildern, die von mir zu erwarten sind. doch ich erinnere mich noch genau, vor jahren, zu beginn meines ersten studiums in wuppertal, besaß ich ein einziges paar winterschuhe. der linke davon war undicht. über ein jahr bin ich im regen mit einem immerzu kalten und nassen fuß herumgelaufen, dann erst konnte ich mir neue sohlen leisten – damals 40 mark, wenn ich mich recht erinnere, für die kanadischen roots, ein geschenk meines vaters.

überhaupt, man verrät so viel durch seine entscheidungen über die eigene äußere erscheinung. man muß sich was dazu anhören mitunter, meinungen, die auf die person zielen womöglich. und sich den unausgesprochenenen rest denken, immer.  für mich hat das schon angefangen, gleich am ersten tag. im grunde sogar schon davor. irgendwo zwischen saucool und überholungsbedürftig werde ich verortet. gar nicht so schlecht, eigentlich.

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