gestern nacht noch eine seit einiger zeit schon auf video gebannte doku angesehen. Bomben auf das Ruhrgebiet. Die alliierten Luftangriffe von 1943. (wdr-doku) nicht lang, 45 minuten. schon älter, von 1985. schwarz weiß bilder aus kriegszeiten, farbig die aktuellen interviews. leute, in irgendwie vertrauen wohnungeinrichtungen, die noch dazu vertraut sprechen, so wie damals, als ich kind war. bevor ich meinen ‚ruhrpottdialekt‘, der ja nicht als solcher gilt, irgendwo verloren habe. in der literatur vielleicht, im schreiben ganz bestimmt. auch im alltag findet nur noch ein ziemliches hochdeutsch statt. subjektiv betrachtet.
fakten I: von märz 43 bis märz 45 272 angriffe auf essen, längst ein schutthaufen. (mein opa erzählt mir, daß auf dem weg von außerhalb, wo er wohnt, bis in die innenstadt absolut nichts mehr steht. nur die (synagoge essen) noch, und die steht bis heute. zum glück.) also jeden 3. bis 4. tag, rein rechnerisch. de facto vermutlich wochen- und monatelange ruhe, dann wieder salven der vernichtung, angriffsfolgen, nacht für nacht. dazu die bombadierung der talsperren, möhne und eder. wasser statt feuer, in der nächsten umgebung eine katastrophe. das wasser kommt aber in essen kaum an. und die staumauern stehen bereits nach ein paar monaten wieder. das stichwort KRUPP, stahlindustrie. waffenproduktion, die trotz allem erst 45 zum stillstand kommt. KRUPP, auch ein kindheitswort für mich. verbunden mit haushaltsgeräten, mixer und fön, 60er jahre, hellbleu und zartrosa. aber irgendwie auch mit haß.
fakten II: zwischen märz 43 und märz 45 war meine mutter zwischen 5 1/2 und 7 1/2. und in gewisser weise hat sie es vermutlich nicht überlebt. zwanzig jahre danach sehe ich, in derselben stadt zuhause, von all dem rein gar nichts mehr. keinen schutt, keine zerstörung. nur die wiederaufbauten, frisch gestrichen. und bald danach die häßlichen 60er jahre siedlungen und hochhäuser, in denen ich aufgewachsenen bin. essen ist eine häßliche, gesichtslose stadt. das sehe ich. und ich wundere mich darüber, wenn die leute darüber reden, daß es inzwischen jeden tag fleisch gibt.
fragen I: wie also stelle ich mir diese wucht vor, diese macht, die jahrelange beständigkeit der vernichtung? immer und immer wieder. wo ich heute in der zeitungen lese, daß schon ein einziger solcher schlag kaum zu bewältigen ist. von traumatisierung und vom verlust des grundvertrauens ist da (tagesspiegel) die rede. von experten aus new york, mit terrorerfahrung. was also ist kriegserfahrung?
fragen II: was also soll ich noch sagen? oder wie? und warum ist das (der krieg erreicht das mädchen), vor über zehn jahren geschrieben, meine allererste, ungelenke geschichte gewesen?