am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

don’t you call us!

stundenweise gefangen im großraumbüro sitze ich zwischen zwanzig bis dreißig anderen agenten. jeder für sich redet, lacht, quatscht, brüllt mitunter. ein grandioser lärmpegel, auch wenn man es im ersten moment nicht merkt. jeder auf seinem kleinen unförmig zugeschnittenen arbeitsplatz, mit bildschirm, tastatur und maus. manchmal ein mauspad. immer ein telefon, versteht sich, manchmal auch ein headset. dazu ein bürostuhl, der sich nicht tief genug stellen läßt, für mich zumindest nicht. eine schreibtischplatte, die zu klein ist. für mich zumindest. und hinter mir ist keine wand, niemals. manchmal ist da die nächste arbeitsplatzreihe, ein ständiges geblubber also, ein ganz anderes thema womöglich. oder aber da ist die ‘chefetage’, der erhöhte wachturmsitzplatz, strategisch gut plaziert, in der ecke des spitz zulaufenden raumes. alles im blick. glasfassade noch dazu. dort in der nähe zu sitzen zu kommen, erste reihe also, ist besonders übel. doch ich kann mir meinen platz nicht aussuchen. also kann man mich hören, mich belauschen, wort für wort. ich weiß, man beobachtet mich, meine bewegungen sogar. wie ich den rücken zu dehnen versuche, mich zwischendurch recke und strecke. die da oben, die auf den rängen, wer immer das sein mag. vorgestellt haben sie sich mir nicht. aber sie sehen es, wie mir das ein und dasselbe blatt zum zweiten mal auf den boden fällt. wie ich falsche tasten drücke, wie ich mich im system verlaufe, immer wieder mal. wie ich nachfragen muß. aber ich bin schließlich neu, das bleibt nicht aus. ich finde mich eben noch nicht zurecht. nicht immer und überall zumindest. das geht eben noch nicht, was soll ich machen? ich bin ich, mehr kann ich nicht tun. und man sieht es, vermutlich, die ganze zeit.
zum denken bleibt keine zeit, aber es läßt sich auch nicht vermeiden. wie könnte ich das denken vermeiden, den versuch zu verstehen, verzweifelt vielleicht, selbst wenn ich es wollte? ich sehe, ich spüre, ich weiß. im callcenter gibt es keine menschen, fürchte ich. obwohl ich solche gesehen zu haben glaube. vielleicht ist das also ein trugschluß, eine anmaßung. aber ich bin kein mensch mehr, dort. ich werde zu einem humanen eingabemodul, versuche es zumindest. und so soll es sein. doch ich werde wahnsinnig, in jedem augenblick, auch wenn ich es bislang noch niemandem verrate. ich schweige, ich starre, bis ich nicht mehr sehe. ich weiß es genau. ich habe die lücke zu füllen, die zwischen für mich sinnfreier information und der vor mir aufgebauten planvoll durchstrukturierter software klafft. ich bin die schnittstelle, die letzte nicht zu eliminierende menschliche schwachstelle. nicht hard-, nicht soft, sondern wetware. sterblich, aus wasser gemacht.
und ich könnte heulen, das ist wahr. eingezwängt in einen zeittakt, der von außen bestimmt wird. die stunden, die minuten, die quote. und die sekunden, die rückwärts gezählt werden, bis der nächste anruf eintrifft. auf mich trifft.
so und nicht anders zählt sich der erfolg. ich aber werde daran scheitern.

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