am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

gevatter

alte freunde zu besuch. wir sitzen zusammen beim inder und reden nach dem essen über krankheiten. wie alte leute, denke ich. ich erfahre, daß sich eine nichtanwesende freundin, die ich seit jahren nicht gesehen habe, gerade intensiv mit ihrem darmkrebs befassen muß. die anderen in der runde ziehen nach, legen neben diversen zahngeschichten und allgemeinen verschleißerscheinungen auch unterleibstotaloperationen, diverse unfälle und ms auf den tisch. ich kann nicht recht mithalten, zwei- oder dreimal migräne im monat ist zwar unangenehm, aber durchaus nicht weiter gefährlich. die knie knirschen ein wenig, der rücken schmerzt, eigentlich immer, und die augen werden auch nicht mehr besser, von brille zu brille. im gegenteil. aber damit kann ich hundert werden. ich war auch noch nie in einem krankenhaus, nachdem ich kurz nach meiner geburt aus einem solchen entlassen wurde. ich bin irgendwie ziemlich gesund, sage ich und klopfe auf holz. sei froh, sagt die einzige der runde, die jünger ist als ich.
ein wenig schwebt der tod in der runde, und wir lachen mit ihm. aber ich weiß nicht recht. es ist doch nicht so, daß er näher käme mit den jahren. er ist doch immer gleich weit, gleich nah, und haucht uns ins genick. dazu sage ich besser nichts, das wäre unangebracht. ausgerechnet ich, die ich der rotgeränderten fratze der vernichtung stets ins gesicht gesehen habe. (pathos!) dem leben den rücken zugewandt. könnte mich auch einfach mal umdrehen, oder? ändert sich ja doch nichts.
ich seh es kommen, denke ich, als ich dann später nach hause fahre, das ende wird schrecklich sein. möglicherweise werde ich so wie meine oma. die eines abends mit 86 ihre tochter zu sich in die wohnung rief, sich ins bett legte, die hände faltete und alsdann starb. aus keinem besonderen grund. einfach nur so. weil es eben gut war.

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