am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

was ich will

am morgen, beim aufwachen halte ich mir beide hände vors gesicht, als wollte ich nun wirklich nichts mehr. sehen, hören, leben. nicht einmal im traum, denn so habe ich wohl auch geschlafen. gesichtslos, hinter meinen händen versteckt.

dabei ist heute eine art freier tag, an dem ich arbeiten kann, wie ich will. oder eben auch nicht, wenn ich nicht will. so ähnlich mache ich das dann auch, ein bisschen was übersetzen, dann in den baumart und die schuhe vom schuster holen, anschließend wieder was arbeiten und dabei auf den paketboten warten, dessen digital angekündigtse ankunftszeit sich nach und nach um über zwei stunden nach hinten verschiebt.

ich wundere mich ein wenig, ärgere mich aber nicht. ich weiß durchaus, was diese menschen schaffen. am ende stellt sich heraus, das es ein ganz neuer bote ist, der noch dazu mit sechs zum teil riesigen und schweren kisten ins haus kommt. ich höre, wie er versucht, alles im erdgeschoss abzuladen, doch da wimmelt man ihn ab. ich gehe hinunter, weil ich mein paket haben will. damit habe ich die heutige paketsammstelle des hauses gewonnen.

dabei verstehe ich den paketmann kaum und er mich nicht. wir finden auch keine gemeinsame sprache. er bietet spanisch und französisch an, beides ist bei mir kaum vorhanden. englisch dagegen kann er nicht. ich frage mich, von wo er wohl kommt, aber das kann ich ihn nicht fragen. ohnehin arbeitet er angestrengt, kommuniziert mit blicken und gesten, legt vor allem immer wieder die hände zusammen. zum dank, dass ich ihm seine last abnehme und in meine wohnung staple. dabei sollte ich ihm geld dafür zahlen. mein flur ist am ende so voll, dass ich kaum noch durchkomme.

anschließend setze ich mich für eine kleine runde auf die maschine. im grunde muss ich sie nur umparken, auf die andere straßenseite stellen, weil in der neuen kita, dem café, der kneipe oder wasweißichwas gegenüber wohl gerade endspurt herrscht. es wird gearbeitet bis in die nacht, ständig kommen lieferungen: bretter, eimer, möbel, herde. dazu menschen, die das zeug verwenden oder einbauen, vermutlich. jetzt ist draußen für zehn tage ein großzügiges parkverbot eingerichtet, da bin ich mal gespannt. ob es so lange dauert, ein schild hinzuhängen? ob sie die fassade bemalen? oder was?

keine ahnung, aber egal. wie überhaupt alles irgendwie egal ist. was macht es schon, was ich will oder nicht will. das war ein so schlechter tag dann doch nicht heute.

strecke machen

am morgen scheint die sonne in dresden. es wird ein schöner tag, das steht fest. so hätte es gestern sein sollen, aber das war es nicht. ich würde gerne noch bleiben, etwas fehlt noch, das spüre ich. das, was ich will in dieser stadt, etwas, das mir gehören würde. doch die planung ist anders. ich wünschte, ich wäre eine bessere reisende, würde vor allem die wegstrecke nicht so ernst nehmen. so ängstlich und latent wirr, wie oft schon wurde mir das vorgeworfen. aber es hilft ja nichts.

mich heute nicht in das nachstreikbahnchaos zu stürzen, war eine gute wahl. allein die vorstellung, in überfüllten zügen stehen zu müssen, regungslos über stunden, auf einem bein womöglich. da steht dann doch mein vergleichsweise harmloses rheuma dagegen. die abwicklung der rückfahrt via autobahn verläuft reibungslos. der bus ist pünklich, fährt die strecke glatt durch und kommt pünktlich an. die bahnen in berlin fahren wieder. gut.

unterwegs lese ich ein halbes buch. kein dickes, keine zweihundert seiten, aber immerhin. nur dass ich dazu immer fahren muss, bzw. gefahren werden muss, das muss ich überdenken. dass meine lese- und denkräume nur noch auf strecke stattfinden, auch in der u-bahn, auf dem weg in die arbeit zum beispiel. zu hause findet das kaum noch statt, keinen ahnung. warum?

denkräume und schreibzeiten, denken und dann schreiben also. ins leere greifen und wissen. wie ich das vermisse!

dass ich den neuen, anzugehenden text mit nach dresden genommen habe, war ein unsinn. das hätte ich wissen müssen, dass dafür die zeit zu wenig sein würde. dazu hätte ich länger bleiben, länger planen müssen, vor monaten schon. aber was weiß man schon so weit im voraus. besonders, wenn man eine so schlechte reisende ist, wie ich es eben bin.

jetzt ist es dunkel draußen. und ich verstehe überhaupt nicht mehr, warum ich diese reise von grund auf so schräg angelegt habe. es hätte schön sein können.

freude mit schokolade

gestern war dresden sonnig und handwarm, heute leider bissig kalt. das war vor ein paar tagen ganz anders vorhergesagt. besonders dieses nacht jetzt wird bitter, aber morgen schon soll dann wieder ein bisschen frühling erscheinen. doch der bahnstreik zwingt mich zu umdisponierungen. der gebuchte zug fällt natürlich aus, und alle alternativen, via leipzig oder halle, dauern ewig. oder sie offerieren eine umstiegzeit von knapp vier minuten, das würde ich mich bei der deutschen bahn nicht einmal im regelbetrieb zu buchen trauen. deshalb geht es jetzt morgen mittag bereits flix in einen bus, den letzten der noch buchbar war. damit fällt leider der gemütlich geplante letzte dresdenhalbtag grundlegend aus. das ist schade. dafür bin ich aber vermutlich recht zuverlässig und früh wieder in berlin. auch gut.

früher bin ich öfter mal bus gefahren, als ich mir die bahn noch nicht leisten konnte. viel anders ist das nicht, auch die busse kommen mitunter deutlich später. oder man sitzt drin, steht dann im stau und wartet, wartet, wartet. auch nach dresden bin ich mit dem bus, das weckt erinnerungen. wie überhaupt dresden mir seltsam vertraut war, diesmal. unangenehm vertraut, muss ich sagen. ich kenne viele orte und wege, mehr als ich dachte. ich erinnere mich. ich gehe dort hin, aber ich will nicht bleiben, ich kehre nicht ein. es sind keine schönen erinnerungen, es sind abschiede. jetzt. alles ist endlich.

das wetter also passt zu meiner stimmung, na klar. und der streik reißt mich da raus. alles gut.

in dem feinen schokoladenladen von damals, in dem war ich dann aber doch. ich schaue und ich kaufe, wie könnte es anders sein. im anschluss an den bezahlvorgang wünscht mir die verkäuferin: viel freude damit. freude mit schokolade, sage ich. und: was für ein motto. wir verstehen uns, wir lachen.

körper und stimme

kurz vor streik gibt die deutsche bahn ihr bestes. der zug fährt pünktlich los, sammelt unterwegs fünf verspätungsminuten, holt diese zum ende aber wieder raus. ich komme also pünktlich in dresden an. das hotel ist eher eine art appartment mit küchenzeile und balkon, aber ohne empfang, ohne personal, ohne frühstück oder so, nur mails, codes und nummer. der zugang klappt reibungslos, so ähnlich wie airbnb, nur ohne diese schlüsselboxen. es ist seltsam, das haus ohne schlüssel zu verlassen. also so ein ding in der hosentasche, welcher art auch immer. nur diese ziffernfolge im mobiltelefon, weil ich zahlen nicht im kopf halten kann. schon gar nicht so viele, dreizehn sind es.

es ist ein bischen ein wunderbares gefühl, ein luxus, ein privileg, an einem anderen ort etwas zum wohnen und schlafen haben zu können. ein dach, einen ort.

ich habe gut gewählt. vom fenster aus sehe ich die spitze der frauenkirche und unten fahren keine autos, nur straßenbahnen. googlemops will mich mit der zu-fuß-suche einen umweg von eineinhalb kilometer zum kulturpalast laufen lassen. ich gehe aber die radfahrroute, kürze noch ein bisschen ab, es sind kaum fünfhundert meter. sowas bin ich gar nicht mehr gewöhnt, berlin ist da so unbedingt anders.

bodies wird wohl als das aufwendigste wie auch teuerste konzert meines leben in meine persönliche geschichte eingehen. erste buchung in das erste pandemiejahr hinein, als ersatz ein bodies-t-shirt bestellt. zweite buchung, superplatz und krachend teuer, aber in der philharmonie! und ich vergesse hinzugehen! mit der dritten buchung gehe ich in die vollen, ich buche: ein ticket für desden, zwei züge und ein appartment für zwei tage. yes!

es war toll, nur körper und stimme. (naja, fast. es waren mikros im einsatz. zum teil auch markant.) wenn das nochmal in berlin stattfindet, in der philharmonie vielleicht, dann bin ich wieder dabei. vielleicht versuche ich, mit meinen alten ticket durch den einlass zu kommen. immerhin ist das unbenutzt.

diesmal hat also alles geklappt, wenn nur nicht das mit dem streik anstünde. der ist zwar für meinen zug wieder vorbei, aber nur so gerade eben. wir werden sehen.

geworfen

seltsam kalter tag heute, ich friere immer noch. das mag an der arbeit gelegen haben, der fremdarbeit, wo es immer wieder dieses moment gibt, dieses ding, das mich behandelt wie einen sklaven. es ist nur eine maschine, die mir das befolgen von regeln abverlangt. die regeln liegen aber nicht auf dem tisch, ich kann sie nicht anfassen, angreifen, begreifen. ein ideengeflecht, dessen sinn und zweck ich verstehen kann, nicht aber die funktion. die mechanik beruht auf gedanken, vielleicht, die ich nicht fassen kann. das ist selten, ja, aber es ist eine maschine. rechnerbasiert.

da ist nichts, ich bin verloren, verzweifelt.

wäre diese maschine ein mensch, ich würde sie anschreien wollen, schlagen vielleicht, zumindest imaginär. weil sie mir tut, was sie tut. doch es ist nur ein monster, ein nichts, das mir die freiheit zu handeln raubt, mir den spielraum nimmt, jede imagination. es sperrt mich ein, schließt mich weg, wie das kind, das ich war. damals.

und ich warte, ich ahne. dass ich es bin, meine eigene ichmaschine, die sich sperrt. die erinnerung an das gefangensein, die angst darum herum. die gewissheit, dass es nichts zu tun gibt. für mich, rein gar nichts, um dem zu entkommen.

doch es ist spät, zu spät. ich bin alt, und da war diese pandemie. das ist ein trost. mein versagen ist nicht wichtig, es ist alltag. ich weiß das, ich wundere mich nur. dass andere das nicht in mir sehen. ich nur weiß, ich bin anders. ich tauge nicht. für die meisten menschen ist corona längst vorbei. krank wird man schließlich immer mal, und man ist ja nun vielfach geimpft, also egal. mich aber hat die pandemie am schopf gepackt, aus der welt gerissen und durch die luft. anschließend wie weggeworfen, irgendwo abgeschmissen, liegenlassen.

wo ich bin lebt ein krieg in mir, so war es immer. es gibt keine illusionen mehr, keine hoffnung. nur die zeit, die vergeht. so bin ich geboren, gemeint vielleicht.

wer schreibt meine gedanken mit

beim zahnarzt gewesen, am donnerstag schon. nach drei anläufen hat es endlich geklappt. und jetzt: alles halb so schlimm. naja, immner noch schlimm genug, ein weiterer zahn muss absehbar weg, das wären dann zwei, die irgendwie ersetzt werden müssen. das ist nicht schön, das wird sich ziehen, aber ich dachte wer weiß was. komunikation ist alles. und alles geht in die falsche richtung, wenn eben das mit der kommunikation nur einmal nicht funktioniert.

ich baue ein bisschen an den neuen bücherregalen weiter. nicht viel, jedem tag nur ein bisschen. die zweiten zwei teile, bestehend aus insgesamt vier teilen, sind wesentlich leichter zu bewältigen, weil ich da nicht alles fertig haben muss, bis zum aufbau, um das vorherige abbauen zu können. da kann ich schritt für schritt vorgehen, alles immer nur teilweise von der wand abschrauben. soweit nötig eben, das gefällt mir. eines der unterteile könnte nächste woche schon fertig sein, mal sehen. ich freue mich, es geht voran.

gegen mittag setze ich mich auf die neue maschine und fahre eine kleine runde durch die stadt. nicht viel mehr und so richtig lange. dazu ist es dann doch noch zu kalt, und das soll man ja auch nicht, in der einfahrzeit ist das heikel. das habe ich gelesen, da musste ich mich erst schlaumachen. ich habe noch nie ein motorrad eingefahren. außerdem muss ich mich an die neuen bewegungen, die automatismen, das schalten, das blinken, das bremsen, alle das, gewöhnen.

die schaltwippe habe ich gestern schon angepasst. wer hätte das gedacht, dass ich mal im winter vor einem neuen motorrad knien würde, um den schalthebel abzuschrauben und zu justieren. zufrieden bin ich noch nicht so richtig. es ist wie immer, eigentlich: meine füße sind zu klein. die norm passt mir nicht, aber ich finde einen weg. das muss ich immer, und irgendwie geht es schon. warum denn auch nicht.

heizgriffe einbauen zu lassen, war eine gute idee. die kann man brauchen, im winter auch tagsüber, nicht nur in der einen oder anderen sommernacht, und im frühling und herbst sowieso.

es ist überraschen und schön, etwas so neues zu fahren. eine maschine, die wirklich funktioniert. all die viele zeit, die ich mit alten, langsam verrottenden motorrädern verbracht habe, die alle ihr macken und kaputtheiten hatten. das war so anstrengende, das fällt mir jetzt erst auf. die neue springt an, innerhalb von zwei sekunden. ich fasse es nicht. die neue tuckert ohne murren durch die kurven, selbst wenn ich sie im falschen gang angehe. ich bin begeistert.

ich hoffen wir sind beide bald schon eingefahren, die neue maschine und ich auch. damit alles gedankenlos leicht ist, und ich meinen gedanken nachhängen kann, ohne sie mitschreiben zu können.

oder zu müssen gar.

gut ist!

gutes timing dieser tage. gestern bei recht angenehmen temperaturen, etwas sonnenschein sogar, die neue maschine abgeholt und unten an die straße gestellt. gut gesichert natürlich mit einer 3,8-kilo-kette mit textilüberzug. nicht so eine, die man durch vorderrad steckt und dann auf den boden legt, damit die berliner hunde draufpissen. nein, mit meiner kann ich eine schlaufe um ein paar aluspeichen machen, hinten am besten, und das ganze mit einem kleinen bügelschloss am gepäckträger zum beispiel festmachen.

ist das gut?

heute also steht die kiste da unten vor meinem fenster, genau da, wo früher die kawa immer stand, und wird nassgeregnet. armes ding. und ich stehe hier oben, schaue hinunter und freue mich.

und wie!

ein bisschen was gibt es schon noch zu tun. der zweite sitz kommt wohl doch besser weg, den brauche ich sowieso nicht. ohne den sitz kann der koffer, der jetzt weit nach hinten herausragt, ausreichend weiter vor platziert werden. für das gleichgewicht und die optik in gleichem maße. zum glück sind die beiden sitze getrennt, das ist ja nicht immer so. an der schaltwippe muss auch noch ein wenig gedreht werden, den leerlauf finde ich mit der ferse noch nicht. und den fuß unter den vorderen schaltteil zu kriegen, ist ein bisschen kniffelig. vielleicht kann ich das alleine, das wäre wichtig. möglicherweise müssen auch die handhebel ein klein wenig höher, aber das wird sich zeigen. und das kann ich sicher nicht einfach so mal selber machen. ein griff zum aufbocken wäre ebenfalls gut, aber das wärs dann wohl.

heute also regen und wind, aber generell sind die wetteraussichten gut. grundsätzlich zweiradtauglich, am sontag vielleicht sogar ausfluggeeignet. mit anderen worten: es ist frühling, so gut wie zumindest. kaum zu glauben.

und ich habe die neue maschine exakt rechtzeitig hergeholt, nahezu auf den punkt genau. das ist noch weniger zu glauben.

aber ich freue mich.

leben oder lassen

der tag beginnt mit geklopfe auf steinen, draußen wird noch ein weiteres verkehrsschild gepflanzt. jetzt ist hier wirklich alles zone 30, das ist fein. alle hinweise auf die fahrradstraße sind noch verdecke, nur die parkschilder gelten schon. anschließend sausen wieder bagger und laster herum, sammeln die letzten absperrgitter ein, räumen steine und sandhaufen weg, machen quasi grundsätzlich klar schiff hier auf meiner kreuzung. zurück bleibt der müll. da hat sich ganz schön was angesammelt in den ecken und nischen, wo monatelang keine straßenreinigung hinkam. und das bleibt jetzt alles, erstmal, ein paar wochen würde ich denken, das ist ja neukölln hier. dann kommt hier vielleicht wer, schiebt das grob zusammen und saugt ich es sich ein.

womöglich werde ich morgen noch einmal mit einem satten rüttlergeräusch geweckt. ich weiß nicht, wie ich gerade darauf komme. aber wette ich mit mir, halte gleichzeitg stramm dagegen. auf die art werde ich natürlich gewinnen, das alte spiel. vorsichtshalber stecke ich mir stöpsel in die ohren für die nacht.

später auf der arbeit, fremdarbeit, aber am heimischen schreibtisch geblieben. da wächst ein wenig was, richtig mit deadline und so. dann schnell zum baumarkt, das bestellte holz holen. anschließend wieder an den schreibtisch, diesmal freiberuflich, aber nicht schreiben. das ist und bleibt kurz, alles wird nur geld.

du meine zeit.

schön ist das nicht, das zerrt an den nerven, aber was soll ich tun. es liegt nicht mehr in meiner hand, so kommt es mir vor. darin ist auch keine freude mehr, keine zuversicht. aber das glück zumindest, dass es ist. und dass es bleibt, unter allen umständen. bis zuletzt.

morgen habe ich frei, im sinne von: es gibt keine termine, nur die listen. die kann ich leben oder lassen, das ist gut. das lerne ich gerade.

um nichts mehr kämpfen. auf nichts mehr hoffen, dennoch leben.

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