das weißt du doch gar nicht, sagt mir die freundin, die ich nachts vom krankenhaus aus anrufe. stotternd und wirr, auf der suche nach einer ausrede, um mich doch noch irgendwie so schnell wie möglich aus dem staub machen zu können. keine brille mit, nur kontaktlinsen in den augen. kein buch, keine zahnbürste, keine kraft. was weiß ich? doch alles das hilft nichts.
mein vater, sonst ist niemand da. kaum eine stunde noch bis zu seinem tod. nur mein kleiner bruder, ebenso ratlos wie ich. es geht nicht anders, ich muß bleiben. doch das ist ein zufall.
wie mein vater gelebt hat, das erzähle ich noch am telefon, was für ein elend. und jetzt soll es vorbei sein, ohne jemals besser geworden zu sein.
das weißt du doch gar nicht, sagt die freundin. das ist der satz, das ist der moment. von da an geht es. und es brauchte nur noch wenig bis zu seinem sterben.
und damit lebe ich jetzt, seit 20 jahren. mit diesem satz. mit der gewissheit, über menschen im grunde nichts zu wissen. nicht einmal über mich. das sage ich mir, immer und immer wieder. daß vielleicht alles ganz anders ist, als ich es mir ausdenke.
schlecht ist das nicht.
ebenfalls weiß ich natürlich nicht, ob die große freude, die ich ganz zuletzt im gesicht meines vaters gesehen habe, wirklich eine große freude war. oder nicht etwa doch nur der letzte feuersturm im hirn.
ich weiß es einfach nicht.
(zwischen zwei und drei stunden noch, ab jetzt. wenn ich mich recht erinnere.)