die umstrukturierung meines tv-empfangsystems hat mich mit überraschend mit ganz neuen programmen zum nächtlichen herumzappen ausgestattet. dabei auch etwas, das sich sat.1 gold nennt, und offensichtlich ein ableger von sat.1 ist. jedenfalls gibt es dort längst verbrauchte talkshows in wiederholungsschleife und alte serien, zum teil sehr alte serien. so landete ich kürzlich nachts mitten in einer bonanzafolge, auf der ponderosa meiner frühen kindheit also.
little joe hatte schwierigkeiten mit seinem lieblingsgewehr, das ihm abhanden gekommen war. genaugenommen war er auf einen felsen geklettert und hatte es docht noch höher hinauf geworfen, warum auch immer. anschließend traute sich dort nicht mehr weiter hoch, soweit das dilemma. es war sehr lustig, das wiederzusehen, diese plumpe schauspielerei, die starren dialoge und die irre musik. unglaublich, beschämend schlecht, was mich damals in seinen bann gezogen, mich fasziniert und tief beschäftigt haben muß.
tatsächlich hat es meine welt geformt, zu einer zeit als ich von welt noch nichts wußte. in einer szene, in der little joe mit seinem bruder hoss nicht ritten, wie man in einer westernserie meinen könnte, sondern mit einem pferdewagen durch die prärie fuhren, kam mir weit entfernt, kaum fassbar im grunde, die erinnerung an spielszenen, die ich daraufhin entwickelt haben muß. mit spielzeugautos anstelle von kutschen, die auf den mustern des heimischen teppichs umherfahren. mit sand im sandkasten, mit grasbüscheln auf der wiese, mit steinen und stöcken und stimmen, in denen die eigenen szenen sich belebten. an die erinnere ich mich nicht. es ist die erinnerung an eine erinnerung, ein hauch nur, das ist alles.
das ist genug. die erinnerung an sein, an kindsein. die erinnerung an existenz und leben, grundlegend, wie es sich bewegt, diese unglaubliche sensation, nicht nur der körper, nicht im körper im grunde. wie sich alles bewegt, allein durch wahrnehmung und denken, durch herumspinnen und träumen. dieses innere ausweiten, ausloten, vertiefen, dessen menschen fähig sind, selbst kinder schon. gerade die kinder.
heute wird mir besonders gerne, mit großer freude mitunter, vorgeworfen, ich hätte nichts aus meinem leben gemacht, aus meiner kraft, meinem potential, aus dem, was mir geschenkt ist. ich bin nicht und war nie besonders erfolgreich, das stimmt. vermutlich, vielleicht. auf den ersten blick. ich selbst werfe mir das vor, viel zu oft womöglich, ein recht dazu habe ich nicht, ich weiß, daß ich beschenkt bin. mit der gabe, mich zu erinnern, tiefer und weiter als die meisten. ich bin ein elefant.
und ich möchte nicht tauschen mit denen, die erfolgreich sind im vergessen. niemals.
Danke für die nette Erinnerung an „Bonanza“, war auch Teil meiner Kindheit!
„heute wird mir besonders gerne, mit großer freude mitunter, vorgeworfen, ich hätte nichts aus meinem leben gemacht, aus meiner kraft, meinem potential, aus dem, was mir geschenkt ist. ich bin nicht und war nie besonders erfolgreich, das stimmt. vermutlich, vielleicht. auf den ersten blick. ich selbst werfe mir das vor, viel zu oft womöglich…“
Ich glaub, ich spinne! Woran wird denn hier der „Erfolg“ gemessen? Vermutlich an festem Einkommen und sicherem Job – oder?
Viele, die dies als „oberste Werte“ im Leben ansehen, leiden dann lebenslänglich an ungeliebten Arbeiten, an Langeweile und/oder Stress. Du hast dagegen nicht nur „die Gabe des Erinnerns“, sondern hast dich als „Schreibende“ gefunden und lebst in und mit deinen Texten/Geschichten/Romanen. Und wie viele Literatur-Schaffende früher und heute hatten denn zu ihren Lebzeiten „Erfolg“ im o.g. Sinn? Doch eine verschwindend kleine Minderheit… es hat sie aber nicht vom Schreiben abgehalten! Gut so.
Was ich schon gar nicht verstehe ist die „große Freude“ jener, die dir diesen Vorwurf machen! Die würde ich einfach aus meinem Leben verabschieden – wir leben ia in Berlin, der Hochburg der „alternativen Lebensformen“, auch heute noch!
Lieben Gruß!
Wäre ja auch noch schöner! Einfach so die Erinnerungsschätze beiseite legen.
Muss wirklich nicht sein.
Zu unserem Glück.