am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

schreibzeit (5)

gestern nacht hat es tatsächlich ein wenig geregnet. erst blitzen und donnern aus der entfernung, dann auf einmal dieses wunderbare regengeräusch. erst so 45 bis 50 sekunden lang. wenig später noch einmal und diesmal länger, sicher drei oder vier minuten. vielleicht sogar fünf. nicht viel, wirklich nicht. aber es hat gereicht, danach wurde es merklich besser. ich weiß das, ich konnte nicht schlafen bis gegen vier. und jetzt ist es fast ein bißchen kühl, oh wunder. dazu kirchenglocken, es ist sonntag.

wenn schlafen ein problem ist. das hatte ich lange nicht, nur als kind und dann ein paar jahrzehnte danach. zur entwöhnung oder so. weil ich mich daran gewöhnt hatte, daß die nacht meine einzige zeit ist. zeit für mich, zeit allein. auch wenn ich da nichts tun konnte, ich war kind, ich mußte im bett liegen. doch ich durfte denken, ganz für mich, ungestört.

die nacht nach dem lcb war besser, wiewohl deutlich heißer. da war ich ganz bei mir, ermutigt vielleicht von den vielen verschiedenen menschen, alle irgendwie präsent. ich träumte sogar irgendetwas, obwohl ich nicht zu schlafen glaubte. etwas, das mich sehr zufrieden machte. mit meinem körper vor allem, der alt wird und anfängt, leise zu ächzen. zumindest bei so einem wetter. jemand hat ihn gemocht, in diesem traum, deshalb hab ich ihn auch gemocht. in diesem traum. ich war zufrieden.

heute morgen habe ich gekämpft. im traum immer wieder die gleiche schlacht geschlagen, immer ohne ausgang, ohne entkommen. und man muß doch vor den kriegen flüchten, dann sind sie hohl und leer am ende. auch die inneren.

beim kaffeekochen wurde mir klar: schreibzeit beinhaltet schreibarbeit. banal im grunde, ich weiß. doch schreibarbeit ist ein spiel mit knochen, ist magie. das fleisch der geschichte, die zu erzählen ist, schneide ich aus meiner eigenen substanz. das verrät mich, immer, auch mir selbst. viel mehr als so ein blogbeitrag, der doch auch schon einiges aussagt. doch im grunde ist das nichts. denn ich spreche hier nicht über das, was mir gestern nacht auf einem kleinen, hundemüden spaziergang begegnet ist. kein mensch, kein tier, kein ding. eher ein gedanke. etwas, das loszulassen ist. oder zu schlucken und zu verdauen. damit das ein ende hat.

was bleibt ist der wunsch nach einem schreibgegenüber. kein kurs, keine schreibspiele und kreativübungen. keine strategiespiele und mindmaps. das alles ist prima, mehr oder weniger. ich habe viel gelernt in solchen umgebungen, auf die eine oder andere art. was ich meine, ist etwas anders. eine wahre begegnung, die all das menschliche, das persönliche, das peinliche auch, das durch die schreibarbeit angestoßen wird, fraglos mit umschließt. in die arme nimmt, wie beim tango, fest und flexibel. die es betrachtet und achtet, alles, wie es ist. nicht aber bearbeitet, anzweifelt oder gar wertet. oder bewundert am ende, das ist die schlimmste aller verklärungen. das ist verachtung.

die verzweiflung an sich ist doch schon groß genug. es geht um das ganze, mit jedem wort, es geht ums leben. nicht nur beim schreiben.

seit ich kind bin schaue ich nachts in die welt, blicke in diese leere, die mich umgibt und suche. und hoffe auf begegnung jenseits der verachtung. vielleicht bin ich blind und unfähig, sie zu erkennen. unfähig auch, mich zu erkennen zu geben, das mag sein. ich verleugne mich nur allzu gern, ich weiß. doch das ist der nackte kern, auf den ich gestern nacht unvermittelt gestoßen bin. gewollt habe ich das nicht, aber das ist es eben, was passiert. wenn man schreibt.

mein nackter kern.

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