der tag beginnt mit einer plötzlich verschwundenen internetverbindung. meine vermieterin stellt hier einen guthabenanschluss zur verfügung, das wusste ich nicht. ich könnte gar nicht sagen, wie lange ich schon über das verfüge, was früher standleitung heißt. dementsprechend verhalte ich mich. das guthaben habe ich also mit konsequenter dauernutzung, mit lesen und bloggen, mit selbstverständlichem streamen von musik und filmen, dazu auch noch nach der arbeit sehen, in wenig mehr als einem tag abgesaugt. das war mir ein wenig peinlich. es wurde aber schnell gefixed, und ich habe zuzahlung angeboten.
gegen mittag habe ich mich dann ausgeloggt, mein rohmanuskript eingepackt, die kamera und noch ein bisschen mehr kram. dann bin wieder los, weg von hier. wo mich offensichtlich nicht viel hält. das haus an sich ist super. an fast jeder tür kleben sticker mit politischen infos zu den bewohner*innen, viel zu frauenrechten, klimawandel und klimarettung, radfahrsachen. aber draußen ist es öde. (oder ich gebe mir nicht die muße, es genauer zu testen?)
ich fahre in den 15. (bezirk; das ist übrigens nicht kiez, sondern stadtteil. natürlich! kieze heißen hier gräzl. hab ich heute gelernt.) eine seltsame, ebenfalls wenig touristische gegend. ich mache das nur, weil dort die adresse meines opas ist. ich will da nicht hin, aber wie der zufall es will, laufe ich genau darauf zu. gegenüber ist jetzt etwas, das heißt wild im west, eine sich entwickelnde brache. da ist kultur, aktuell gab es einen flohmarkt. da war mir nicht nach, schade. auf musik hätte ich lust gehabt.
ich laufe also, schaue mich um. das ist auch eine wohngegend, die sicher nicht die beste ist. ein-euro-läden, dönergeruch und das vertraute anne der kinder, die nach ihrer mutter rufen. ich finde ein motorradgeschäft, das genau die maschinen im fenster stehen hat, die ich gerade in die nähere auswahl nehme. natürlich ist es zu, aber ich sehe genug, um eine marke gleich wieder auszumustern. zu breit, zu wuchtig.
ich laufe und laufe, am ende werden es fast 20.000 schritte sein. ich esse einen salat, der nicht der renner ist, danach lande ich in dem café, von dem ich weiß, dass ich mich niederlassen kann. das ich kenne, das ich mag. da, endlich, hole ich tatsächlich das papier heraus und sortiere mich. so ist das mit dem schreiben. manchmal muss man laufen, sehr viel laufen.
zurück gehe ich durch die innere stadt, auf der suche nach einer u-bahn. ich weiß jetzt auch, warum ich das derzeit gern tue. gezielt interessiert mich im moment da wenig, aber in dem aktuellen text geht es um eine auf den ersten blick touristische reise. um einen wienbesuch von ganz weit außen, auch wenn sich dahinter viel mehr rührt. ich brauche also diesen blick auf die kulisse.
und langsam verstehe ich auch, was diese (innere?) stadt so einmalig macht. diese größe, diese wucht, die de facto längst nicht mehr wuchtig und ganz sicher nicht groß ist. das alles ist lange vorbei, nur dass es eben noch da ist. die show und die kulisse. dem entgegen steht eine weitreichende nichtigkeit, die sich wien in der welt in der zwischenzeit erworben hat. diese stadt hat alles hinter sich, muss sich nichts mehr beweisen. nur noch die alltagsgeschäfte erledigen, wie alle, wie überall.
kein wunder, dass sich alle welt herkommt und sich damit fotografieren lassen will. das hat jedenfalls deutlich mehr sinn als etwa neuschwanstein zu besuchen. das ist pappmasché dagegen, das ist lüge. wien ist keine lüge.
aber wien ist vorbei.