am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

sinéad

es kommt nicht oft vor, dass ich durchatmen muss, mehr als einmal, wenn ein mensch stirbt, den ich nicht kenne. nur die stimme, die lieder, durch die zeit, und die kraft.

ich bin kein fan von Sinéad O’Connor, ich war nie auf einem konzert. ich wäre nicht einmal auf die idee gekommen. ich kenne jede menge ihrer songs und platten, die letzten vielleicht nicht mehr so. das könnte ein fehler sein, doch ich tauge wenig zum fantum. ich strebe nach begegnung, nicht nach bewunderung.

was mich immer erschreckt hat, war die art, wie ihr leben öffentlich vereinnahmt wurde. wie nicht diese stimme, deren klarheit und kraft sie getragen haben mag, durch alle qual und peinlichkeit hindurch, gepriesen wurde. immer und immer wieder, wie es ihr zugestanden hätte. wie nicht die klarheit und wut ihrer themen und aktionen hochgehalten wurden, sondern ihr hadern, suchen und scheitern. warum?

um ihre stimme zu drücken? zu hindern? zu negieren? oder was!?

es muss zugegeben werden: sie hatte recht, ob sie es sang, sagte oder schrie. jahrzehnte später torkelt z. b. die katholische kirche, rettungslos ins aus. (wo sie hingehört.) weil keiner ihrer heiligen vertreter auch nur einen hauch klarheit finden kann, keine geste, kein wort. nichts. es gibt keine antwort.

auf kristallklar gelebte gewalt.

viele menschen leben damit als sei es ein haustier, ein böser dauergast, über jahre und jahrzehnte. sie sind überall, die menschen, die wissen, was gewalt ist, und dass es niemals vergeht. das wissen darüber. die meisten haben das glück, damit nicht in einer großen öffentlichkeit stehen zu müssen. ich habe das noch größere glück, keinen substanzen verfallen zu können. warum auch immer. das hat mir meine klarheit erhalten, den boden und den blick.

niemand weiß, wie genau sie nun gestorben ist. man kann es sich denken, auch ich denke mir etwas. aus. mache es passend für mich. das mag stimmen, vermutlich aber nicht. wie auch? doch es kommt nicht darauf an, sterben ist nichts besonderes. das tun wir alle gleich.

ich will dieses leben preisen, die klarheit dieser stimme, die wucht und die wut. die angst dahinter, die kein wunder ist und keine schwäche. auch keine verwirrung, nur unausweichlich da. himmel, ich preise diese unfassbare standhaftigkeit, all die jahre; dass sie nicht mit 27* schon gegangen ist.

stattdessen am leben geblieben und präsent. und wie!

* wer weiß schon, wie sich janis joplin, kurt cobain oder amy winehouse bis 56 durchgeschlagen hätten. das frühe versinken ist keine große kunst.

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