am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

hadern in meinwien

es ist ein eigenartiges wien dieses mal. vielleicht weil doch recht viel hier inzwischen meinwien heißen sollte. ich bin mitten in der gegend gelandet, die mir weithin die liebste ist. mehr aus versehen zwar, weil die eigentlich gebuchte unterkunft nicht mehr verfügbar ist. aber dafür richtig fett mittendrin im siebten (neubau), wo es de facto so richtig schicki und micki posh ist. die wohnung kostet entsprechend einen beinah vierstelligen betrag für etwas über eine woche. das hätte ich nicht gebucht, wenn ich nicht ordentlich spesen machen müsste in diesem steuerjahr. und wenn es nicht eine art notfall gewesen wäre, eilig etwas neues für den exakten zeitraum finden zu müssen. zuticket, erste klasse für mehr arbeitsruhe war ja schon gebucht.

ich hadere mit dieser unterkunft, die direkt gegenüber des literaturhauses wien liegt, welch ein zufall. in der ersten nach habe ich übel geträumt. die räume wurden immer größer und größer, auch immer mehr, am ende war es wie in einer kirche. so groß und so hoch. dann wollte man mir all das schenken, und ich habe abgelehnt. glaube ich. jedenfalls bin ich davon aufgewacht.

es war schwer, die wohnung so hinzukriegen, dass ich darin sein und arbeiten kann. kein wunder, denn sie ist tatsächlich bewohnt. da ist der spielraum kleiner. es ist eine männerwohnung, obwohl mich ein paar begrüßt hat. vermutlich zieht er für die zeit zu ihr.

es gibt bücher, gar nicht so schlecht, über architektur und literatur, di enicht ohne ist. es handelt sich offensichtlich um eine überaus schicke gemeindewohnung, die einen neidisch werden lassen kann. (die miete hier würde ich wirklich gern wissen.) von treppenhaus geht es unmittelbar in die küche, so mit großen fenstern direkt zu den stiegen. dann ein großer rau und ein kleinerer, kein balkon. scheint hier eh nicht so üblich, das ist schade. keine wanne, die dusche ist in der küche. geht so, aber geht. vieles ist selbergebaut, das hat mich überrascht und amüsiert. überall sind bretter und latten, schrauben und werkzeug deponiert. ganz so wie bei mir. ich baue natürlich schöner und stabiler, aber egal. ich bin wirklich amüsiert.

außerdem ist es ein bisschen zu schmuddelig hier. vermutlich nicht anders als bei mir zu hause. wenn ich da nach einer steckdose suche, die ich selten nur anrühre, ist es vermutlich ähnlich versifft. aber es ist eben mein siff. hier fliegen zwei oder drei motten herum, von denen ich hoffe, dass sie nicht auf meinen strickjacke und meine pullover aus sind. sondern sich zügig in eine der vielen geöffneten packungen nudeln, reis, haferflocken usw. zurückziehen. in einem der handtücher hängt eine vielzahl von kleinen kletten, zum glück habe ich immer ein eigenen kleinem mit. für alle fälle. von den haaren an der handseife und ein paar mehr sachen sage ich jetzt mal nix.

es gibt ein akkordeon. ich frage mich, ob ich das mal probieren soll. näher komme ich wohl nie wieder an eines heran.

gegenüber sind viele fenster, aber kaum eines ist je erleuchtet. die menschen dort sind wohl alle nicht lange wach, oder sie leben nach hinten. die höfe hier sind auch nicht zu verachten. der hiesige ist nahezu prächtig, aber auch ein bisschen langweilig. frisch gemacht, sagte der wohnungsinhaber, als er mir den müllraum zeigte.

das wetter ist enorm, meinwien hat ja immer bestes wetter. natürlich sind die temparaturen eher niedrig, aber die sonne scheint sauber, satt und fett. ich bin überwältigt. was will dieses wien von mir, dass es sich so derart anbiedert, jetzt schon seit jahren.

solange es hell ist arbeite ich nicht, ich laufe durch die straßen. heute die neubaugasse hinunter bis in den achten (josefstadt), der umgekehrte weg, den ich im sommer in der nacht von theater aus nach hause gelaufen bin. in einer seltsamen art von glück, ohne jeden grund. nur die sanftheit der nacht, die menschenstille, die ich hier immer wieder finde, und eine tiefe zufriedenheit im sein. eine stunde in schönheit, eine der wenigen im leben, die ich nie vergessen können werde. zum glück.

vom achten weiter in den neunten (alsergrund), logisch, dort dann festgestellt, dass ich versehentlich schon großzügig zu einem drittel um den ersten (innere stadt) herumgelaufen war, ich nicht einmal einer stunde. das schwer antrainierte berliner distanzgefühl, über zwei jahre hat das gedauert, lässt sich so einfach offensichtlich nicht abschalten. so ganz die kurve habe ich dann auch nicht gekriegt, bin irgendwie zurückgeirrt und dann in die nächste u-bahn, die zufällig genau die richtige war.

manchmal ist hier alles ganz leicht. meinwien halt.

was alles nichts daran ändert, dass ich mich langsam aber sicher verabschieden muss von dem gedanken, der absicht womöglich, hier leben zu wollen. das wird wohl nichts mehr in diesem leben, vor allem nicht vor dem hintergrund meiner absehbaren mittelosigkeit im alter. ich werde in meiner berliner wohnung sitzen bis zum ende, wiewohl ich auch die miete letztendlich vermutlich nicht bezahlen können werde. aber das kommt mir vor wie eine harmlose last, so eine zwanzig, dreißig, am ende womöglich bis zu vierzig jahre alten miete. wer weiß?

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