nachts, endlich, setze ich mich an den antrag, fülle den wisch vom sozi aus. das ist nicht schwer, wesentlich einfacher als der ksk-antrag beispielsweise. doch mir flattert der magen und flackert der blick. soll mir niemand jemals sagen, wie das ist, locker, leicht und flockig vom staat zu leben. schmarotzer!
wieviel dunkelheit und angst noch in mir hockt. (selbst)verachtung und verzweiflung. es ist fast wie damals, nur daß es nicht anhält. vielleicht weil ich es schon kenne. oder weil ich älter bin, weiß, daß die dinge in bewegung bleiben. trotzdem. (in welchem idiotischen moment habe ich mich eigentlich als schriftstellerin erkannt? verdammt!)
ich erinnere mich, vor fast genau zwanzig jahren. drei jahre, glaube ich, habe ich vom sozi gelebt, in der zeit u.a. mein abi gemacht. 350DM, später dann knapp über 400DM. inklusive miete, versteht sich. man verhungert nicht, essen läßt sich einschränken. nudeln mit salz und reis mit butter, immer schön im wechsel. das geht problemlos. aber man verreckt, langsam, verrottet vor sich hin. alles ist kaputt zum schluß, läßt sich nicht ersetzen. die dinge verfallen, die möbel, die kleidung, alles. keine bücher, keine musik, keine kneipe, kein gar nichts. so ist das. wenn es damals nicht noch vater und oma gegeben hätte. wer weiß?
dennoch war ich glücklich, überhaupt leben zu dürfen. nicht einmal sonderkosten habe ich geltend gemacht, z. t. weil ich einfach nichts davon wußte. einen ganzen winter lang habe ich gefroren, weil ich keine ahnung von heizkostenbeihilfe hatte. letztendlich war ich nur dankbar. leben zu können und zur schule zu gehen zu dürfen. das war ein sonderrecht, ich weiß nicht warum. ich brauchte mich nicht arbeitslos zu melden, ein ganzes jahr lang war ich frei. was will man mehr?
jetzt geht es nun also wieder so los, genau an derselben stelle. daß sich immer alles wiederholen muß. nur diesmal ohne vater und oma, in der fremden stadt, wo ich noch kaum jemanden kenne.