was für ein irrsinn. ein jahr ist vergangen, und alles stellt sich dar, als wäre dem nicht so. keine zeit ist vergangen, das jahr 2021 in seiner eigenartigen indifferenz hat sich selbst gefressen. ich sitze allein zu hause, ganz wie 2020, und warte auf den winter. warte darauf, dass der winter vergeht. warte darauf, dass sich etwas bewegt, sich etwas ändert. stattdessen wiederholt sich alles, dass es nahezu grotesk ist.
eben habe ich ein ticket bestellt, anne clark in der passionskirche in kreuzberg im august 2022. das habe ich 2019 schon einmal gemacht, für november 2020. in der zwischenzeit wurde die welt in ein virus gehüllt, und anne clark hatte krebs. ich war unsicher, wusste nicht, ob ich das tun sollte, so einen zweiten anlauf nehmen. im grunde glaube ich mir das nicht, aber getan habe ich es doch.
manchmal lache ich, heimlich in mich hinein, mitunter auch laut, ist ja niemand hier. wenn ich auf twitter herumlese oder mich durch mein fratzenbuch treiben lasse. all diese fetzen von menschen, die ich zum größten teil gar nicht (mehr) kenne. ich lese, wie sie versuchen damit klarzukommen, dass auf nichts mehr verlass ist. weil sich immerzu die regeln ändern, im letzten moment. und es ist kein gott, der das tut, keine übergeordnete macht. es ist nur ein virus, ein einfaches vervielfältigungsprogramm ohne weitere absicht und sinn.
ich spüre das auch, und es reißt mich, immer wieder aufs neue, manchmal mehrfach am tag, tiefer sogar als manch anderer sich das vorzustellen vermag. das haltlose im leben, das ist das schwerste. und doch ist es das normalste, denn nichts ist jemals sicher. bis zuletzt.
lachen muss ich, weil mir manchmal bewusst wird, wie viele menschen jetzt leben und erleben, was ich als kind erfahren habe. keine sicherheit, niemals, keine verlässlichen regeln. jahrelanges gefangensein in der vorstellung anderer, ohne jeden ausblick in ein danach. ohne berechnen zu können auch, wie lange es so bleiben wird. diese permanente schieflage, das ist so anstrengend, kraftraubend. und die frage, ob ich es überhaupt überleben kann.
mein lachen ist erkenntnis und verstehen, keine belustigung, es hilft bei der bewältigung. und bei dem versuch, die welt ohne eine fixierung von schuld zu betrachten.
vermutlich ist bodenlosigkeit schlicht und einfach eine alltägliche wahrheit.