am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

Berlin! Berlin!

Berlin vereint die Nachteile einer amerikanischen Großstadt mit denen einer deutschen Provinzstadt.

Kurt Tucholksy, 1919

(dieses zitat wurde soeben aus einem fast 1000seitigen buch abgetippt. copy & paste in urform, sozusagen. digital findet sich mehr über und von tucholsky im sudelblog.)

es scheppert, zischt und kracht draußen. seit stunden. ich mag silvester nicht. schon gar nicht in berlin.

wir müssen leider draußen bleiben

ich gebe es zu, auch so eine alte wie ich treibt es manchmal nachts hinaus auf die straße, auf der suche nach dem einen oder anderen vergnügen. so auch am letzten dienstag, als die geliebte mir von dem himmelreich vorschwärmte, in dem wir bereits vor einem halben jahr einkehrten. (unsere erste gemeinsame einkehr überhaupt. ;-) gelandet sind wir diesmal aber woanders, das gleich vorneweg. besagtes himmelreich wartete zwar mit wohltemperierter musik auf, erwies sich aber als ziemlich voll. leider nicht nur voll menschen, sondern vor allem auch voll rauch. und mein migränehirn mag sich auf derart verdichtete atmosphären in letzter zeit nicht mehr so recht einzulassen.
nun ist ja so, daß sich langsam aber sicher auch die berliner nachtwelt auf den drohenden nichtraucherschutz einstellt. habe ich zumindest den eindruck, denn tatsächlich stellte ich beim verlassen der lokalität fest, daß in dem davor angebrachten knallroten kleinen eingangszelt ein handgemaltes schild mit der aufschrift „nichtraucherinsel“ prangte. geraucht wurde dort allerdings trotzdem. außerdem gab es auch da keinen platz mehr. und irgendwie kam mir ein gleich ein vielleicht gar nicht so unpassender vergleich in den sinn:

wuff.jpg

die geliebte meinte übrigens später, das schild – also das mit der „nichtraucherinsel“ – sei möglicherweise von gästen angebracht gewesen und das zelt sicher nur als alternative zum gemeinen berliner heizpilz gedacht. nun ja… macht doch argumentativ kaum einen unterschied. ;-)

kiezhopping

in letzter zeit zieht es mich ja immer wieder zur geliebten rüber, über die spree und die gleise, nach drüben. und da will ich nun niemandem etwas vormachen, das ist ein kontrastprogramm. die entfernung beträgt etwa zwanzig minuten mit dem rad, egal ob motor- oder muskelbetrieben. doch der unterschied ist groß, zwischen hier und dort, zwischen neukölln und friedrichshain. auch wenn derzeit viel geschrieben wird, über dieses neukölln, das ja schwer im kommen sein soll. wo immer das auch sein mag, keine ahnung. ich habs noch nicht gefunden. (aber ich bin ja auch nicht so die ausgeherin. ich muß wohl noch warten, auf die passendes cafés und veranstaltungen.) in der aktuellen zitty allerdings wird neukölln gerade wieder mal als kommender in-kiez über alles angepriesen, schneidet sogar richtig gut gegen den endsieger charlottenburg ab.
doch ehrlich gesagt, kann ich mir das kaum vorstellen. daß in fünf bis zehn jahren im sommer die weserstraße entlang die menschenmassen durch die nacht flanieren, von kneipe zu café zur kunstperformance mit onlinebeteiligung. oder daß die menschen auf der karl-marx-straße sich nicht mehr so hektisch durch die massen schlagen müssen. zwischen ramschläden, handyschuppen und dönerbuden. durch all die anderen menschen, die es auch alle irgendwie eilig haben. sorry, aber das seh ich einfach nicht. nicht so zumindest.
neukölln wird sich entwickeln, ja. positiv vermutlich, auch das, allen gettorufen zum trotz. neukölln hat sich schon verändert, ganz sicher, in den ziemlich genau drei jahren, die ich nun hier bin. aber ein friedrichshain wird es wohl kaum. auch kein kreuzberg, schon gar kein charlottenburg. neukölln ist riesig, wenn man es mal auf den bezirk bezieht, hat ein solides hinterland, konservativ und zum teil recht spießig. der norden ist nur die wunde, die jetzt zu jucken beginnt. und was daraus wird, aus dieser kombination – das wird sich erst noch zeigen.
wie also geht es der neuköllnerin in friedrichshain? sie schlendert mit der geliebten über den flohmarkt, sicher jeden zweiten sonntag. sie sitzt in einem kino, das intimes heißt, aber gar keine solchen filme zeigt. (wie man im ersten moment glaubt.) sie findet einen friseur, der bis abends um zehn aufhat und überraschendes mit ihren haaren anstellen darf. ein paar straßen weiter erklärt ein webkünstler, daß er eine rose machen kann. und daß diese rose dann schön ist. auf einem bildschirm natürlich. daneben jubelt eine schulklasse dem nächsten drink entgegen. respektlos, aber wirklich.
heute ist die neuköllnerin zufällig in der sonntagsstraße gelandet. eine einzige baustelle derzeit, muß ich sagen. (vielleicht, weil sie zum ostkreuz führt? ;-) aber irgendwie trotzdem nett. viele läden, ein paar kellerkünstlerschuppen, eines reiht sich an das andere. das kennt man ja. doch die stimmung ist ganz anders als in der hoffnungslos überstrapazierten simon-dach-gegend. richtig weit und entspannt, heute zumindest. trotz gräben und zäunen. erdarbeiten. also so, oder irgendwie so ähnlich, das ginge ganz sicher auch in neukölln, irgendwann. vielleicht, denke ich, ein bißchen. so stelle ich mir das zumindest gerne vor. so hätte ich es am liebsten. mit so einem kleinen schauraum für kunst und text, wie wir, die geliebte und ich, ihn eben zwischen den kneipen und cafés, zäunen und gerüsten gefunden haben.

trendy

neues verhaltensmuster in berlin: nur noch döner ≥ 2€ futtern. (könnte eine ganz neue verkaufsstrategie werden. oder ein preiserhöhungsargument, ähnlich wie bei der butter neulich. oder wie war das?)

über nacht war die weserstraße auf einmal mittig mit einem breiten weißen strich versehen. als hätte ihn ein großes auto während der fahrt hinter sich gezogen. später ist er dann wieder weggewaschen worden, von einem der dafür zuständigen reinigungsautos. eine städtische kunstaktion?

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