am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

#insight

großes rätselraten um die zukunft allerorten. ich mag das nicht mehr nachverfolgen, weder in den zeitungen oder nachrichten, wo jeder furz hochgekocht wird, auf die eine oder die andere weise. fetzen von vermutungen, die in modellen verrechnet, anschließend zu hypothesen verklöppelt werden. mal besser, mal schlechter, mal mit und mal ohne experten. am ende immer ein wenig aufschlussreicher verweis in die zukunft, das danach oder das dadurch. mitten im elend des jetzt, aus dem es keinen ausweg gibt.

ebenso wenig gefallen mir die ständigen warner und mahner, egal ob ängstlich oder begründet besorgt, die alles zügig besser zu wissen versuchen. was zu wissen derzeit nicht so einfach ist, nicht so schnell vor allem. als nebenprodukt wird dabei gerne ein unerträgliches menschenbild befeuert, von all den anderen, die es noch nicht verstanden haben, die aus angst oder uninformiertheit natürlich, aus beidem zusammen vermutlich, letztendlich nur versagen können. versagen werden, auf kosten aller. was ihnen natürlich unverzüglich klargemacht werden muss, was auch immer.

dabei ist es entweder meinem glück oder aber der guten zusammenstellung meiner sozialmedien zu verdanken, dass sämtliche verschwörungstheorien bislang vollkommen an mir vorbeigehen. (no whatsapp, das ist wichtig.) erst in der reflexion erfahre ich von den g5-masten, der who und bill gates. das meiste erfahre ich vermutlich überhaupt gar nicht, das ist gut. nur den amerikanischen pseudopräsidenten sehe ich mir mitunter persönlich an, mit gebührendem abstand, versteht sich. und mit ekel. manchmal für sekundenbruchteile bin ich amüsiert, als wäre das alles satire. dann gleich wieder entsetzt, und am ende dann immer beschämt, weil ich es doch besser weiß. dass er auf toten tanzt, und wie!

aber das hilft nicht, alles nicht. das ändert nichts, denn am ende ist sowieso immer alles anders. gewesen.

es gibt keine zukunft, jetzt noch nicht. und später dann wird die zukunft auch nur jetzt heißen. ein jetzt, das die zukunft auch nicht kennt. das ist doch alles nicht neu.

#insight

wie dumm kann man sein. ein fdp-abgeordneter fürchtet sich vor der berliner polizei, und ein schmunzender präsident greift wütend nach der krone.

man sagt ja, man solle sich menschen, die einen ängstigen, nackt vorstellen oder aber auf dem klo, ihnen damit das angstmachende nehmen. ich finde das bei weitem nicht ausreichend, nicht in diesem fall, daher mache ich das anders.

ich stelle mir diesen menschen schlafend vor, diesen könig. weil menschen anders sind, wenn sie schlafen. alle, das weiß man. und ich stelle mich hellwach dazu, dicht an seine weiche seite, an das bewusst- und selbstlose, an die ahnungslosigkeit in der schlafenden fratze. auf dass sie von mir träumen mag.

ich wünsche ich ihm von herzen einen langen, tiefen, leeren schlaf, den kleinen, falschen, kranken könig. wie im märchen, hundert jahre lang und mehr, bis dornen und gestrüpp über alles gewachsen und alles vergessen ist. beim erwachen dann, nicht durch einen kuss, es sollten stacheln sein, das ist das mindeste, auf seinem lippen blut.

da weiß auch er nicht mehr. von sich.

so soll es, wird es sein.

letztendlich.

#insight

wenn ich es genau bedenke, dann ist bislang nicht so viel anders gewesen als sonst. das buch ist fertig geworden, beinah punktgenau, nur einen tag später als seit wochen geplant. das wiederum war letztendlich ebenfalls eingeplant, denn der agenturtermin hat sich gleich um wochen verschoben. coronabedingt.

jetzt ist da ein bruch, den ich bislang aber noch nicht so recht spüre. vorsorglich war ja auch alles sauber geplant. nachdem ich in den letzten monaten neben schreiben und arbeiten so gut wie gar nicht anderes mehr gemacht habe. hin und wieder ein wenig tango vielleicht, zumindest am mittwoch. aber gebaut habe ich rein gar nichts mehr, nur die ideen dazu, die wachsen ja immer in mir. und ganz besonders parallel zum schreiben.

so war auch heute ein tag, wie er sein sollte. erstes sondieren des materials, überall in der wohnung steht angefangenes zeug rum. außerdem gibt es eine liste, auf der zwar einiges durchgestrichen ist. aber etliches ist auch noch offen, für jeden raum ein bisschen was.

der balkon steht nicht drauf, aber der muss es jetzt natürlich als erstes sein. putzen ist auch toll, wenn auch noch nicht die fenster. aber einen haufen müll loswerden tut gut, vielleicht zieht das auch noch ein wenig ballast mit sich. könnte sein, dass ich dafür wieder einen besseren blick bekomme.

mal sehen. ich mag es so gern, wenn die dinge schön werden. dann komme ich mir auch schön vor. so ist das beim schreiben, ein bisschen. aber vor allem ist es so beim bauen. endlich wieder bauen.

das alles tue ich zu hause, denn ich soll ja zu hause bleiben. und das tue ich natürlich. zu hause sein. keine ahnung, was das ist. ist es das, was sich lernen könnte in dieser zeit.

nein, ich denke nicht. was zu hause ist, das weiß ich. das wusste ich immer, es ist innen. es verlässt mich nie. jetzt geht es darum, zu hause nach außen zu tragen. nicht jetzt sofort, natürlich. aber irgendwann, danach oder später. egal.

#insight

fast drei wochen bin ich jetzt allein, so gut wie zumindest. in geschäften war ich, in einer apotheke, immer dieselbe, und beim arzt. sonst nirgends. fast alles, was an events geplant war, theaterbesuche oder konzerte zum beispiel, ist abgesagt und längst vergangen mittlerweile. der gesamte sommerurlaub im juni, klagenfurt und wien, hat sich wie von allein demontiert. das wäre grandios gewesen, ich hatte die besten unterkünfte erwischt, die größte freude, schon im vorfeld.

jetzt ist alles leer.

es ist, wie es ist, das lässt sich nicht ändern. aber allein zu sein ist hässlich, das hat mich überrascht. das hätte ich nicht gedacht, im gegenteil. ich dachte, ich wäre gewappnet, geübt sogar. aber für eine weile war es wirklich seltsam, schwer zu ertragen auch. das muss ich zugeben. obwohl ich im grunde alles gemacht habe wie immer. viel arbeit, alles durcheinander, wie jonglieren. immer auf den punkt, nur eben alles zu hause.

irgendwann gestern hat sich das geändert, das unbehagen mit mir selbst und die anstrengung der letzten tage. da war ich dann wieder bei mir. in dem moment, in dem das elendige alleinsein umschlug in die satte klarheit der einsamkeit. ein nur schwer zu tragende brillanz. dort war ich lange nicht, doch genau da bin ich zu hause. an dem ort in mir, den kein anderes mehr teilt. nicht einmal kennt, kein mensch.

so etwas trägt jedes, in sich.

ein bisschen ist das ein glück. für mich, jetzt diese erinnerung aufleben lassen zu können. die jahre in vollständiger verschlossenheit. die reichen, fetten jahre, wenn ich ehrlich bin. das sehe ich heute erst, nicht immer. aber immer öfter. die zeit, in der ich geworden bin.

nichts davon will ich missen.

auch nicht die zeit danach. die hässlichkeit der welt, mit der ich immer nur schlecht zurecht war. doch damit wird schluss sein, irgendwann.

#insight

eines verstehe ich so gar nicht. das gerede davon, dass dieses virus irgendwie demokratisch sei. besonders vielleicht in den englischsprachigen medien. dass es keinen unterscheid mache zwischen den menschen. dass es jeden treffen könne.

ob das hoffnung verheißen soll? oder zukunft? oder was? was für ein schwachsinn. wann hätten krankheit und tod jemals nach alter, schönheit oder berühmtheit gefragt. oder nach einer goldenen kreditkarte. es ist eine der einfachsten weisheiten, dass jedes sein leben als leiche beenden wird. nur das, mehr nicht.

dieses virus aber, diese hübsch gespickte kugel, die auch noch singt, wie ich heute gelesen habe. wissenschaftler haben seine struktur in klang umgewandelt, um mehr zu seinen aufbau erfahren. (oder so ähnlich.) herausgekommen ist eine harmonische melodie, zu hören war sie leider nicht. ich habe aber auch nicht danach gesucht.

dieses virus also ist ein kleines lied, das sich zu wiederholen wünscht. ein musikalisches muster, das von menschlichen notwendigkeiten – zu atmen, um zu leben – tatsächlich nicht viel versteht.

#insight

auf einmal leben alle so, wie ich als kind. das denke ich gerade. wenn sie nach draußen gehen, werden sie unsicher. denn sie kennen es nicht, dieses draußen. wissen noch nicht, wie es funktioniert. haben angst, vielleicht. denn da draußen lauert eine stille gefahr.

ob sie auch drinnen angst haben, so wie ich damals. das weiß ich nicht. ich weiß nicht einmal mehr genau, ob ich selbst früher tatsächlich so große angst hatte. oder ich mir meiner sicher war, als kind schon, auf mich geworfen. und dabei gut gelandet. sicher.

eines ist mir heute klar geworden. in der aktuellen situation derart zurückgesetzt zu sein, in mich selbst gepresst, seit drei wochen etwa. am anfang war es nicht leicht, weil ich es zu gut kenne. weil ich weiß, wie es geht und was passiert. wenn man allein ist, ganz für sich. dann war es anders. es wurde leicht, aus genau demselben grund. eben weil ich es kenne, das gibt sicherheit. menschenleere im leben und schweigen, ich gebe es zu, beruhigen mich zutiefst. und jetzt, sehr plötzlich, ist es noch leichter geworden. weil dann doch alles anders ist, ganz unerwartet neu.

ich habe meinen eigenen raum, ausreichend geld derzeit und die volle gewalt über mein leben, mein wissen, mein tun. das haben kinder nicht, die meisten menschen vielleicht. ich aber habe alles, was virginia woolfe für mich verlangt, trotz der aktuellen repressionen. in gewisser weise liegen auch diese in meiner gewalt. mein handeln ist meine macht. das wissen kinder nicht.

oder ist auch das am ende ganz anders? schon morgen vielleicht. ja.

#insight

heute war ich viel draußen, erst einkaufen, dann zur hausärztin, ein wenig eiliges rezept holen. aber ich gehe zu fuß, mehr als nur ein paar schritte. das ist gut. und checke dabei meine chipkarte fürs quartal ein, kann ja nicht schaden. alles andere ginge dann per telefon oder email, so sieht es dort aus. gähnende leere im warteraum, callcenterstimmung hinter der neu angebrachten plexischeibe.

dann komme ich nach hause und sehe, dass jemand meinen namen unten am klingelbrett einfach so erneuert hat. gut, der alte zettel war wirklich verblasst, lange schon. ein vor ein paar jahren selbst ausgedrucker wisch, weil der offiziell eingefügte schriftzug den üblichen schreibfehler aufwies. ärgerlich. zu einem erneuten austausch war ich aber noch nicht gekommen.

auch die frisch eingefügte transparentfolie lose auf milchiges plastik gelegt weist wieder denselben fehler auf. logisch! vielleicht kam deshalb das kleine paket neulich dreimal hintereinander nicht an. obwohl das kleinlich wäre, letztendlich ist es ja doch nur ein buchstabe.

ich schaue auf den engel, und weiß nicht, was ich tun soll. dann werde ich wütend, ganz plötzlich. ich bin kein engel!

ich laufe hoch in die wohnung, komme mit einem taschenmesser zurück und pople den falschen namen aus seinem gehäuse. dann laufe ich zurück in die wohnung und präpariere das überflüssige e sorgfältige heraus und klebe das ganze mit tesa zusammen. bevor ich es wieder nach unten trage, es sorgfältig zurück an seine bestimmung schiebe.

glücklich bin ich damit nicht, denn jetzt stimmt der name zwar. aber er wackelt und schwankt, ist nicht recht auf der reihe. und immer noch hat irgendwer, den ich nicht kenne, nicht auf mich achtgegeben.

nach all dem vergesse ich erstmal, mir die hände zu waschen.

später liege ich im wasser und sehe den schriftzug vor mit, korrekt buchstabiert, der name, den ich schon mein leben lang trage. er gefällt mir, er ist schön.

er ist eigen. mein eigen, soviel zeit muss sein.

#insight

wiewohl ich nach lösungen suche, nach hoffnungen, verachte mehr und mehr all die täglich publizierten statistiken und prognosen, die doch nur auf unzuverlässigem zählwerk beruhen. dazu immerhin bekennen sich alle, dass ihre berechnungen auf zu vielen hypothetische komponenten ruhen. dementsprechend widersprechen sich die stimmen, heben einander auf und gehen gemeinsam unter.

was also ist wissenschaft. und was ist glauben, noch unbewiesen. wir wissen nicht, auch das sagen viele. so ist auch nur das gewiss, und nur denen ist zu trauen.

jetzt ist jetzt, mehr nicht. morgen ist ein anderes, wir werden sehen.

#insight

im bad wohnt jetzt eine spinne. eine richtig schöne, mit kurzen, stammen beinen und mit einem feinen muster auf kopf und schultern. also keine von den winzigen, die fast durchsichtig sind. und unscheinbar. oder so eine mit langen beinen, aber ohne körper. solche waren schon oft hier bei mir im bad. jetzt ist da eine richtige, die sich zeigt. ich bin begeistert.

alles wird gut.

zeitung lesen ist müßig dieser tage. niemand weiß irgend etwas genau. sie forschen und rechnen aufgrund von modellen, dann stellen sie ihre modelle vor. jeder das seine. (so sieht es aus, das männliche ist absicht.) oder neue zahlen, die auch nicht mehr wissen eröffnen. zeitung lesen macht blöd, dieser tage besonders. ich lese darin nur noch die angst vor ostern, wo dann auch alle zu hause bleiben sollen.

die vielen menschen, die alle frei haben, die kinder wie die erwachsenen. die alle reisen wollen, in den frühling, sich besuchen. oder ans wasser, ans meer, an die luft. und menschen, die zu hause hocken, frustriert, weil sie nicht reisen dürfen, nicht fliegen. oder fliehen. die auf sich geworfen sind, vielleicht zum ersten mal. und auf die menschen, mit denen sie leben.

in der zeitung lese ich auch von bußgeldern, die am donnerstag in berlin beschlossen werden sollen. auch das fällt vermutlich in die kateorie osterangst. keine partys, keine veranstaltungen, keine zerstreuung. trotz wind und wetter, luft und lust. so ist das, so soll das.

aber auch keine besuche. strafe zahlen soll ebenso, wer sich in einer wohnung aufhält, die nicht die eigene ist.* das verbannt mich dazu, auf unbestimmte zeit ganz für mich zu bleiben, allein.** das sperrt andere mit den menschen zusammen, mit denen sie in einer wohnung leben, zufällig. männer mit ihren frauen und umgekehrt und noch anders. vor allem aber kinder mit ihren eltern, das ist fatal.

das baut einerseits auf die heile familie, im kern vier personen, die es nicht gibt. nicht einmal da, wo die menschen auf der eine familie besteht, sich wohlgesonnen sind. familie reicht nicht, reicht nie. und es demontiert andererseits jede vorsichtige idee von diversität. was sollte ich tun, hätte ich noch eine partner*in oder vielleicht mehrere. was?

das geht weit, das muss man wissen. das verlangt viel. das ist nicht recht.

* bis zu 500€!

** was ich im übrigen tue, über zehn tage länger als gefordert jetzt schon.

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