am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

umbauwesen

die baustelle vorm fenster hält sich tapfer. die im bau befindliche fahrradstraße, an der ich wohne. ich bin froh, dass es stetig vorrangeht, andererseits ist es seit wochen immer laut hier. mitunter extrem laut, auch am samstag neuerdings. dann nicht ganz so früh wie an den wochentagen, also nicht um kurz nach sieben. mehr so um neun vielleicht, aber doch mit allem nötigen werkzeug, kreissägen und so. noch zwei monate, heißt es. dann sind wollen sie fertig sein. im nächsten jahr also wird es vielleicht wieder stiller hier. aber wer weiß.

ich bleibe auch tapfer, und ich freue mich über die veränderung vor der tür. viel platz für fahrräder, das ist doch gut. nur ein wenig anstrengend gerade.

überhaupt alles ist anstrengend, es gibt ja solche tage. auch der tangounterricht gegen mittag, zu dem ich mich nur mühsam aufraffen und druchringen konnte. da ging es nicht darum, keine lust zu haben. vielmehr zweifelte ich an meiner kraft. im grunde war damit klar, dass das nicht mein tag ist heute und überhaupt, im allgemeinen nicht so recht meine zeit. doch eigentlich ist das dumm, es gibt keinen grund. auch das ist mir klar.

der tango hat es dann bewiesen, der tango kann das, kann quasi alles. wenn man ihn lässt. wobei es natürlich auch steht und fällt mit der qualität der gewählten lehre. ich, bzw. wir haben es gut getroffen derzeit. mehr als gut.

zurück zu hause lag der steuerbescheid im kasten, auch gut. ich meine, wirklich gut. zwar habe ich mich bei der anfallenden nachzahlung verschätzt, weil ich nie weiß, wieviel an vorsteuer ich abziehen darf. aber sonst stimmt alles so in etwa. ich komme also klar, kein problem.

auch wenn ich etwas getan habe, was mich einiges an geld kosten wird in den kommenden drei monaten. also, es ist noch nicht ganz durch, aber in der kommenden woche wird es wohl vertragsreif. hoffentlich. mehr sag ich erstmal nicht.

tango adé?

darüber nachgedacht habe ich immer wieder mal, meistens hatte es finanzielle gründe. tango muss nicht teuer sein, aber der unterricht kostet nun mal. und er kostet zu recht. nur ein einziges mal habe ich deswegen wirklich pausieren müssen, mit einer deutlichen betonung auf pausieren. etwas anderes kam mir gar nicht in den sinn. damals.

jetzt ist es anders. bereits im zweiten halbjahr 2018 wandelte sich mein tango von kontinuiertlich zu durchlässig bis löchrig. ich weiß nicht warum, zeitenge vielleicht. das schreiben und der rest der welt. aber auch eine gewisse unlust. in diesem jahr kam dann die physische unfähigkeit hinzu. alles, was sich mir jemals zuvor schmerzhaft in den weg gestellt hat, war nichts dagegen. ohne aufrechten kopf, ohne beweglichkeit im nacken, ohne stabile schultern, ohne starke arme gibt es keinen tango. keine möglichkeit, definitiv. das habe ich erfahren, von woche zu woche über monate hinweg.

inzwischen geht es besser, so ziemlich alles. ganz okay zumindest. beinah schon könnte ich wieder menschlich sein, und werde es womöglich wirklich. es ist durchaus absehbar.

geblieben ist die unlust, die angst.

tango ist tief verbunden mit menschen, mit begegnung, mit berührung sogar, das ist unumgänglich. daran ist nicht zu rütteln, oder nur wenig, sehr wenig. genau das ist es auch, was die meisten menschen schätzen. im tanz generell, aber mehr noch, viel mehr im tango. die nähe, die umarmung, das wagnis, der moment.

mir war das immer das schwerste, ich bin ein tangofeigling.

nur um der musik willen. wegen der möglichkeit zur interpretation derselben, jetzt und hier und immer, wegen der schönheit auch. nur deshalb würde ich bleiben wollen. das mit den menschen, lernen vielleicht. obwohl die hoffnung, so wenig sie immer schon war, beinah völlig geschwunden ist. mittlerweile.

also eher kein tango. nicht mehr, auf lange sicht.

tango, visualisiert

so sieht es aus, wenn ich einen kugelschreiber in die hand bekomme, um damit einen tangoklassiker zu visualisieren. tanzen auf dem papier, sozusagen.

tangovisualisierung

kommentieren muß ich das wohl nicht, das ist irgendwie komisch. ich weiß. womöglich habe ich das nicht richtig verstanden. oder aber ich bin eine ziemlich schräge tangotänzerin, mag sein. eigentlich sollte es nämlich ganz anders aussehen.

das lied ist übrigens dasselbe. tja.

tangoangst

tangototalausfall. grippewelle oder so, absage aller vertrauten mittänzerinnen im laufe des tages. gerade eben die letzte. kurz vor knapp, fast hätte es geklappt. das passende hemd habe ich schon an, die schuhe schon in die tasche gepackt. aber alleine gehe ich nicht, kann ich nicht, nie wieder. das eine mal, daß mir das passiert ist, war derart schrecklich. ich erinnere mich genau. das brauche ich nicht, nicht jetzt. nein.

soviel angst halte ich nicht aus. es ist wie es ist, keine liebe.

neo tango

gestern meinen beinah heimlichen, sehr stillen abschied vom tango genommen. nach streng neoliberalen finanzmaßstäben mußte einfach mal eingesehen sein, daß tango sich für mich nicht rechnet. das hat er noch nie, aber jetzt ist es eben soweit. also die letzte stunde gezahlt und gegangen. nicht gewunken, nicht zurückgeschaut. auch nicht geweint. mich nur gewundert, wie das ist.

gehen. (das ist tango, übrigens. mein tango.)

kurz davor hatte ich mich noch mit einer der neuen kolleginnen locker über die berliner milonga-locations ausgetauscht, als wäre nichts. auch über das tangofestival in der komischhen oper im kommenden märz. vielleicht ist es ja gar kein abschied, denke ich. vielleicht hoffe ich auch, doch ich traue dem nicht. es fühlt sich anders. es wird unerreichbar, alles, immer mehr. und emotional betrachtet werde ich offensichtlich nach und nach zu einem mechanischen wunder.

ich gehe. weiter.

struggling

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tango final

doch noch ein bißchen musik, ein letzter rest, für mich allein. sehr laut und direkt ins ohr, ganz vorsichtig also. niemand soll es wissen, mich gar sehen dabei. und nicht bewegen, es ist spät, und die böden, die decken sind aus holz.

tango ist trübe, tango ist stolz. und weich und tragisch und lebendig. leidenschaft, so wurde mir gesagt. doch ich bin feige. zu feige zu tanzen.

das war das. ich bin erledigt.

ich gebe auf.

zum ersten mal tango in der strandbar mitte, leider ziemlich verregnet. ein recht kleiner, recht grober holzboden, umgeben von ein paar tischen, ein paar treppen und einem weg am wasser. viele zuschauer überall und ein paar könnerpaare auf der tanzfläche. dazwischen irgendwo ich, darunter eher, keine besondere könnerin, traue ich mich trotzdem, ein wenig zumindest. den rest der zeit schaue auch ich.

ein tänzer ist da, der seine tänzerin anschaut, wie ein stierkämpfer seinen stier. ich weiß ja nicht.

auf dem rückweg, voll verregnet, denke ich mehrfach: was, wenn ich jetzt einen platten habe? auf dieser strecke? bei diesem regen? da möchte ich nicht gern laufen und schieben. dann habe ich plötzlich einen hinterradplatten, zum glück erst kurz vor neukölln. und zum glück nur am fahrrad, da hab ich dann morgen wieder was zum reparieren. da freue ich mich doch.

und es regnet immer noch.

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