am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

bonding (93)

kapitel zweiundzwanzig ist durch, fürs erste zumindest. bis nächste woche in der gruppe lasse ich erstmal alles liegen, danach wird es ein paar feinheiten zu korrigieren geben. da habe ich keine zweifel. einstweilen stimme mich auf das letzte kapitel ein, das ja ganz anders sein wird. es bedient nicht denselben erzählstrang, greift eine völlig andere stimmung, eine andere geschichte auf. und die will noch gefunden werden.

nicht wirklich natürlich. ich weiß durchaus, wo ich hinwill. oder hinmuss, das spielt auch mit. immer. doch ich weiß genau den letzten moment, ein ende, das sich gleich wieder öffnet. was aber gefunden werden muss sind aufbau, struktur und ablauf. das letzte stück weg, bis zum letzten punkt.

das ist beängstigend, ja. ich weiß das, ich spüre das. mit jedem atemzug wird es schlimmer. andererseits funktioniert alles wie sonst auch, auch jetzt.

am ende geht alles schritt für schritt und wort für wort. ich begleite die story, gehe an ihrer seite. und wähle, was es noch zu sagen gilt.

mehr nicht.

früher frühling

draußen die sonne. sieht aus wie frühling. das ist früh, diesmal. fast so wie im westen, damals. ich schaue hoch, der blick wird weit. mir wird warm, obwohl es recht kalt ist. so ist das im frühling.

so ist es mir am liebsten.

schreibzeit (41)

das zweite von drei wochenenden daheimschreibzeit, eingebettet in alltag. mit brotbüroarbeit also, mit wäschewaschen und müll hinuntertragen, mit tangotanzen und übersetzertätigkeiten, zweitbrotberuflich. mit schmerzen auch und physiotherapie, die ebenfalls schmerzhaft ist. das alles, und was immer sonszt noch dazugehört.

mit überforderung, ständiger überforderung als einzger konstante.

ich gehe es langsam an. ich sollte das nicht, meine ressourcen neigen sich ihrem ende zu, eindeutig. ich sollte losmachen, zügig, dass ich schnell zu ende kommen. denke ich, aber das ist natürlich blödsinn. wenn die tankanzeige in den roten bereich fällt, ist es auch nicht besonders hilfreich, schneller zu fahren. eher im gegenteil, würde ich sagen. so etwas macht man, wenn man jung ist.

ich gehe es langsam an, das ist gut. fünf bis sechs stunden schlaf, wie in den letzten zwei, drei jahren, reichen nicht mehr. im moment zumindest, wo es kaum zwischenraum, leere, zeit zum atmen gibt. manchmal sitze ich da und höre musik. dann laufe ich herum, im regen, in der kälte. und höre musik. oder ich sitze im café, lausche den verschiedenen sprachen, die es hier gibt. überall ist neukölln.

dann gehe ich nach hause und fange an. zu arbeiten, zu schreiben. ich gehe es langsam an. das ist gut, denn ich bin in einer der finalen überarbeitungsphasen, vielleicht der letzten, bevor ich dann ins letzte, ins wirklich allerletzte kapitel entschlüpfen kann. so hoffe ich, doch sehr.

es ist gut, es funktioniert. aktuell braucht es nicht viel zeit, die ich am schreibtisch verbringe. oder auch nur am rechner. das kommt wieder im nächsten kapitel, morgen oder übermorgen. vielleicht. jetzt braucht es bewegung und licht, es braucht gefühl. keine storyideen also, dafür sollte ich dann doch lieber am rechner kleben. erstmal alles rausfetzen, dann mal sehen. doch jetzt braucht es konstruktion, mehr noch form und stil. konkrete umsetzung, brüche und aufbrüche. ausdruck.

ich gehe langsam, endlich. das ist es.

bonding (92)

das erste von drei aufeinanderfolgenden erweiterten schreibzeitwochenenden zu hause geht zuende. ich höre jetzt auf zu arbeiten, besser ist besser. obwohl ich noch stunden weiterschreiben sollte, soviel liegt noch in diesem vorletzten kapitel. verborgen. vergraben. aber da ich morgen ohnehin nicht weiterachen kann, ab morgen ist geld verdienen im brotbürojob angsagt.

ich fasse nicht, wie ich in letzter zeit immerzu derart danebenliege. ich sollte es lassen, das seitenplanen und seitenzählen. zügig zu erledigende fünfzehn waren geplant für das aktuelle, vorletzte kapitel. lächerlich, im nachhinein betrachtet. nicht nur, weil ich inzwischen einunddreißig geschrieben habe und noch nicht fertg bin. auch und vor allem, weil ich es vorher hätte wissen müssen. die masse des materials, die intensität, dass es um ein ende geht, einen abschluss. das alles hätte mir hinweis sein müssen, worum es wirklich geht.

andererseits ist es ein glück zu sehen, dass ich mich immer vom material beherrschen lasse. oder lenken zumindest. wie auch sonst? was bin schon ich? ich zwinge den stoff nicht in meine armselige vorformulierung. ich weiß um die wichtigkeit der improvisation, gerade auch beim schreiben. woher sonst käme der klang, der atem, das leben.

am donnerstag also geht es weiter. erst ein paar noch grobe passagen ausweiten, dann noch einmal von vorne bis hinten durch die gestern und heute neu geschrieben seiten. am freitag. danach dann sofort ins nächste, ins letzte kapitel

dafür bleiben drei wochenenden, erweiterte schreibzeit zu hause. dann ein kurzer ausflug nach leipzig, zur messe. schreibzeitunterbrechung, das muss möglich sein. das ist vielleicht sogar wichtig, in dem fall. danach noch einmal zwei fette wochenenden, bevor die osterfreizeit beginnt.

jetzt habe ich schon wieder durchgerechnet und zeit gezählt. was für ein unsinn. immerhin verrate ich nicht, auf welche ziffer sich meine seitenzahlvoraussage für das letzte kapitel beläuft. sie mir selbst zu verheimlichen, war mir jedoch nicht möglich. leider.

schreibzeit (40)

es geht ans eingemachte. die kommenden drei wochenenden, jeweils erweitert auf drei oder vier tage, habe ich mich terminfrei gemacht. und damit schreibzeittauglich für das letzte kapitel. nein, falsch, das erste, das jetzige wochende ist noch für das vorletzte kapitel.

es schreckt mich, das hier so aufzuschreiben. denn es ist so, es wird so werden. und dann bin ich allein.

ich spüre jetzt schon, wie es langsam wieder in mir aufsteigt. das eigene, das ich. wie sich die persönliche geschichte in mir behaupten will. all das, worauf es nicht ankommt beim schreiben. dinge, die so lange zur ruhe gesetzt waren. melden sich zu wort, drängen sich mir auf. ähnlich, aber anders. wer weiß, was damit passiert.

vielleicht wird es interessant. oder wichtig, für was auch immer. für ein neues buch oder für mich selbst. vielleicht beides. oder es wird verrückt, unerträglich und sinnlos. egal.

erst noch vier bis fünf wochen schreiben. fertigschreiben. dann.

ich weiß nicht

ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. wie es ist, an einem buch zu schreiben, das in so vielerlei hinsicht queer ist, dabei andererseits auch von grund auf normal. und zeitgleich über hanau zu lesen. lesen zu müssen, immer wieder.

ich weiß nicht, was los ist in dieser welt. was ich dazu sagen soll. und dann schreibe ich einfach weiter, als wäre nichts gewesen. mein ganz normales buch, damit es bald fertig ist. und wer weiß.

ich weiß nicht, ob es in zwei jahren oder so, wenn es vermutlich erscheinen wird, nicht nur noch queer sein wird. weil sowas eben nicht normal ist.

schluss jetzt, nichts

alles wird anders, immerzu. zu der schreiberschöpfung gesellt sich neuerdings eine gewisse aufgeregtheit. zunächst im text, da nähert sich der vergangenheitsstrang dem gegenwartsstrang bis auf ein paar monate. und auf einmal verwechsle ich permanent die zeitformen. ich starre bruchteilsekunden auf das wort „klang“, ohne zu verstehen. ohne zu wissen, ob es eine gültige verbform darstellt. von der bedeutung ganz zu schweigen. so lange starre ich, dass ich sie nicht nur spüre, die leere und hilflosigkeit in meinem hirn. die zeit steht, und ich kann sie für einen augenlick betrachten und studieren. die zeit und die leere.

gut, das ist das, das ist normal. irgendwie. zumindest der schreiballtag, die schreiberfahrung, die schreiberschöpfung. gleichzeitig nähert sich der text insgesamt dem jetzt. meinem jetzt, meiner wirklichkeit. wenn ich in ein paar wochen fertig sein werde, dann wird er relativ zügig gelesen und gewertet werden. von meiner privaten testleserschaft, sorgfältig zusammengestellt, wie auch in der agentur. und dann: was weiß ich!? jedenfalls wird er nicht jahrelang irgendwo einen papierstapel bilden, wie der erste roman. damals. auch an dem punkt starre ich in die leere und die zeit. und verstehe nichts.

überhaupt, dieses nichts. dieses schreiben ist mir mehr und mehr zu meiner buddistischen praxis geworden. so gesehen waren die letzten jahre ein heart-core retreat, in dem ich mich vielfältig und nachhaltig schlecht benommen habe. unaufmerksam war ich, rücksichtslos, vor allem mir selbst gegenüber, und weitgehend verwirrt. auch das ist ziemlich normal. und gut geschrieben habe ich in diesem zustand, hoffentlich.

ich weiß nicht, wo und wie ich da am ende herauskommen werde. noch kann ich nichts davon sehen, nur die angst. weil alles immer anders ist. es gibt keine garantie.

schreibzeit (39)

irre. immer wieder irre.

wenn sich nach der starre und den zweifeln an allem das material wieder öffnet und schenkt. ein zauber fast. dinge, von denen ich keine ahnung hatte, dass ich sie schreiben würde. keine taue mehr, unhandlich und schwer. stattdessen fäden, die leuchten und schwingen. sich nirgendwo festsetzen wollen und sollen. warum denn auch?

zufrieden bin ich, glücklich fast.

aber natürlich muss so manches, was sich mir gerade aufschlüsselt, noch geschrieben werden. das eine der beiden enden ist doch noch nicht ganz zu ende gebracht. heute.

bonding (91)

einiges ist mir klargeworden mit dem heutigen schreibreichen tag.

zum einen war ich zu schnell. nicht im schreiben, obwohl vielleicht auch das. vor allem aber im denken, in meinen erwartungen an mich selbst. das aktuelle kapitel lässt sich nicht einfach so zügig runterreißen. quasi wie nebenbei. es lässt sich auch nicht ohne sorgfältige konzentration knapp halten, immerhin umfasst es etwa zwei jahre. es soll ja durchaus knapp sein, hat aber bei aller knappheit das plansoll jetzt bereist überschritten. wie schon so oft in der arbeit an diesem text. form und länge findet sich weitgehend von allein, und auch der inhalt enthält immer razum für improvisation.

zum anderen habe ich begriffen, dass ich wohl zweimal ein ende schreiben muss. schließlich habe ich zwei erzählstränge, und beide verdienen einen sauberen abschluss. am ende sogar einen zusammenschluss, von dem ich noch keinen schimmer habe.

aber das kommt erst im nächsten, im letzten kapitel. daran denke ich jetzt nicht. es geht immer nur schritt für schritt, sonst geht es nie.

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