am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

hilfe und verachtung

ein tag nach einer fast gänzlich durchwachten, durchweinten nacht. das kann ja nichts werden, so müde bin ich, so durchweicht. kaum dass ich die sehen könnte, meine alltägliche welt, so voll sind die augen, das hirn. voll vergangenheit.

als ich hilfe brauche, technischer natur, und danach frage, frage ich den falschen. ich frage den, der kaum nicht immer seine hilfe bietet, ohne diese mit verachtung zu verbinden. in worten und gesten, das ist schwer zu ertragen, besonders an solchen tagen. irgendwann ist es genug, ich gebe auf. ich bin nicht seine mutter und auch nicht sein lehrer. das muss er selber regeln. ich fange an zu schweigen, so geht alles seinen gang. zu meiner überraschung ist es letztendlich an ihm, dass es sich doch noch löst. auf einem sehr eigenartigen weg, umständlich getippte kommunikation auf eine entfernung von vielleicht 80 zentimetern. aber immerhin.

tieftraurig, bin ich und bleibe ich, den ganzen tag. auf dem weg nach hause in der überfüllten u-bahn, auf dem umweg nach hause, um an einem briefkasten vorbeizukommen, für mehr klimaneutralität wähle in berlin. und später, allein von heißem wasserumgeben. tag für tag, ohne geht es nicht. ich würde verrückt.

so sehe ich meinen vater irgendwann, wie er an dem esstisch sitzt, der längst nicht mehr seiner ist. mein vater ist ausgezogen, wie ich auch, schon lange. doch noch einmal sitzen wir alle dort, vater mutter, tochter, sohn. es ist kurz vor weihnachten, es ist ein zufall. dass auch ich da bin, aber mein vater kommt dann immer. jedes jahr, die steuern machen.

meine mutter hat ihm eine fertigpizza hingestellt, aber er isst nicht. es geht nicht mehr, sagt er, und legt sich eine hand in die seite. es geht nichts mehr durch, sagt er, er kann es spüren. der darm ist zu. oben rechts, da sitzt es. mein bruder scheint verschwunden, in diesem augenblick. obwohl er steht, wo er steht und bleibt. ich sage auch nichts, ich will nicht. ich sitze und starre, ich verstehe. und verstehe nicht.

geh zum arzt, sagt meine mutter, ohne hinzusehen. das hat er nie, der vater, das weiß sie. es ist, als würde sie ihn wegdrücken, mit weit vorgestreckten händen. den mann, gegen und in die wand hinein, für immer.

ich weiß nicht, wie ich entkommen bin.

eben erst, dreißig jahre später, erkenne ich und spüre ich, durch das zart gesponnene elend des heutigen tages hindurch, den abgrund des entsetzens darin. damals.

und den feinen mut dieses mannes, geschöpft aus verzweiflung, der gut sieben monate später tot war. gestorben in meiner gegenwart.

2 Gedanken zu „hilfe und verachtung“

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