am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

wieder bin ich auf einer veranstaltung. es ist voll, aber nicht eng. die menschen begegnen sich nicht, alles ist safe. wieder bin ich fremd. ich suche nach meinem leben, das ich irgendwo dort gelassen zu haben glaube. ich steige treppen, hinauf und hinunter. dahin, wo das gemäuer eng wird, mir nah rückt. doch ich finde nichts, ich muss weiter oder anderswo suchen. also gehe ich. unten durch den großen saal, mitten durch die abschlussveranstaltung, ohne jede rücksicht. da ist keine musik, kein gesang, da iat alles still. dennoch findet eine art tanz statt. viele menschen, die gut choreographiert, streng geometrisch angeordnet, einander nicht anschauen. auch mich sehen sie nicht. draußen dann, endlich draußen, weckt mich das licht.

ich reise. ich fahre in einem bus oder zug mit einem jungen mann. es ist wichtig, ich weiß nicht warum. ich zweifle nicht, aber es ist voller menschen. überall. auch in dem zimmer, das wir gebucht haben, sind fünf betten. drei davon schon belegt. ich will das nicht. ich werde wach.

ich reise. ich fahre weg, irgendwo hin. ich komme an. ich lande in einem bett, in inniger umarmung mit einer alten bekannten. mit der ich aber nie in inniger umarmung in einem bett. überhaupt: innige umarmung! ich wache auf. geschockt.

erst geht der bildschirm aus, dann das licht und alles andere in der wohnung auch. nichts geht mehr, ich gerate in panik. alles ist dunkel, aber das kriege ich in den griff, ziemlich schnell sogar. ich wache auf und schlüpfe in eine andere welt.

ich lande in wien und wundere mich: es ist voll, viele menschen, und niemand trägt eine maske. das freut mich auch, angst habe ich nicht. leben ist sterben, denke ich. ich bin einverstanden.

ich suche anschluss, züge, busse, irgendetwas, das mich weiterbringt. das aber scheint es nicht zu geben. ich finde nur den flug zurück, nichts führt mich hinein in die stadt, in die welt. ich weiß nicht mehr, was dort sein könnte, in diesem zurück. doch ich gehe den weg, wie alle, unschlüssig. jemand ist dicht hinter mir. alles gut, sagt es, alles richtig. ich glaube das, es scheint richtig, doch zweifle auch.

neben dem flieger steht mein motorrad, ich weiß nicht, wie es da hingekommen sein könnte. und ob ich es dort lassen sollte, einfach so. immer noch unschlüssig wache ich auf.

niemand

ich will reden mit anderen schreibenden, immer schon. doch die gelegenheit ergibt sich selten, schon gar nicht mit denen, die schon groß sind. die bleiben unereichbar, auch wenn sie in sichtweite gekommen sind mit der zeit. dazu bin ich zu schüchtern.

doch dann rufe ich sie an, alle, lade sie ein in meinen salon. und sie kommen, alle, auch die wichtigsten. und sie reden, auch mit mir. ich erinnere mich nicht, worüber. nur dass ich irgendwann dastehe, aufrecht, die arme erhoben, rufe ich: und niemand weiß, wer ich bin.

so, wie ich da stehe. das ist keine schmach. es ist ein jubel, ein triumph, ein glück. so werde ich wach, heute morgen war das.

nachtn.

von einem bahnhof zum nächsten, dazwischen straßenstaub und dreck, überall sind baustellen. ich weiß nicht, ob ich nicht immer im kreis, ich weiß es wirklich nicht. ich sehe mich nicht um.

dann sitze ich am bahnsteig und nähe die haut an meinem arm. es ist eine lange naht, aber es ist eine naht. keine wunde. was? und warum?

ich höre auf damit, bevor ich aufwache.

genese

es braucht in etwa vier tage ausschlafen, also zwei mal über zehn stunden und anschließend zwei mal deutlich an die acht plus nickerchen am nachmittag: dann träume ich wieder.

heute morgen bekam ich mein vor langer zeit bestelltes adoptivkind zugeschickt, per post. es war das zweite und ganz anders als das erste, das mir aktuell auf der hüfte hing und mir dabei seine zehkrallen ins fleisch rammte. immerhin hielt es sich selbstständig, ich musste mich nicht kümmern. das neue war winzig klein und rot, sah wie aus gummi. ich konnte mich an die bestellung kaum noch erinnern.

ich war überfordert, badete das rote ding erst einmal in einem kochtopf, weil ich mich grob erinnerte, dass man kinder baden muss. dabei dachte ich daran, es einfach zurückzuschicken oder sonstwie loszuwerden. da ich aber zu keinem schluss kam, steckte ich es erstmal in die seitentasche meines kaputzenpullis. so ging ich meiner arbeit nach und vergass das neue kind, bis ich später auf den karton stieß, in dem es gekommen war. darin befand sich noch das ganze zubehör, zahnbürsten und rollschuhe, alleskleber und astronautennahrung. da erst fiel mir ein, dass man kinder auch füttern muss, eine flasche gab es aber nicht in dem karton.

ich holte das kleine kind aus meiner jackentasche. es sah tot aus, das wunderte mich nicht. ich hauchte es an, da öffnete es die augen, dunkel, beinah schwarz, erst das eine, dann das andere, so groß wie stecknadelköpfe. ich sah, dass es sah. beim nächsten hauch lachte es mich an, mit blauen lippen, was seltsam aussah in dem ganzen rot. weiter war nichts.

in dem moment fiel mir ein, endlich, dass man kinder nicht einfach so bestellen kann. und dass sie nie so klein geliefert werden. (es sei denn, man ist ein känguru und wünscht ein ebensolches.) das muss ein traum sein, dachte ich. so war es dann auch, und so blieb es.

ich halte einen kleinen, roten gummifetus in meiner hand, der mich anlacht. was mich unendlich erschreckt, mehr noch als die vorherige unfähigkeit, mit seiner plötzlichen gegenwart umzugehen. von den heimlichen überlegungen, ihn wieder loszuwerden, ganz zu schweigen.

dann erst werde ich wach.

das frühstücksbuffet befindet sich in den schubladen, zur sicherheit vielleicht. vielleicht bin ich aber auch einfach nur zu spät. ich war beschäftigt, wir haben draußen herumgelungert. das war spannend, trotz hunger.

kein problem, sagt die transfrau, ich zeig’s dir. sie winkelt ein bein an, damit ich alles sehe. ich dürfte auch anfassen, will aber nicht.

wie blöd, denke ich später. nach dem aufwachen.

die wanne steht frei, aber falsch herum im raum. ich muss zum fenster sehen. hinaus, nicht gegen die wand, an die tür. gleich neben dem bad ist noch ein zimmer, platz für einen werkraum. ich bin überrascht.

am tag darauf stehe ich vor einem keller, der mein keller ist. oder war, früher einmal. dort wird gearbeitet, gebaut. ich will nur kurz schauen, ob mit meinem zeug alles gut ist. wo ich schon einmal hier bin, in wuppertal vielleicht. ich weiß auch nicht. ich will schauen, aber dann vergesse ich es. denn mein keller ist gar kein keller, kein loch. es gib keine wand mehr, die ihn nach hinten begrenzt. alles ist offen, alles ist auch eine etage höher. ebenerdig. da ist ein großer raum, eine halle, voll mit holz. ein lager vielleicht, mein lager.

ich wache auf, weil mir warm ist. ich muss das sommerbett heraussuchen. draußen ist noch sonne, so früh am morgen.

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