gerade ist einfach nicht die zeit zu schreiben. ich muss arbeiten, einerseits im büro, auch wenn das immer noch hier bei mir zu hause abläuft. andererseits sitze ich mitten in einem mächtigen übersetzerding. langweilig und langwierig, gerade deshalb gefährlich. da gibt es nichts nebenbei, keine träumereien. nur ein bisschen bauen und ordnen vielleicht. das hilft auch fürs gemüt.
schreiben wäre besser. ich weiß, dass es nicht außer reichweite ist. ich muss nur aufsehen, dann sehe ich. aber ich soll eben nicht, ich mache nit einmal notizen. das könnte ein fehler sein, aber es würde mich hinaustragen. hinein in den text. das geht nicht, das muss ich vermeiden, noch vier bis sechs wochen vielleicht.
dann wieder, wenn ich nur denke, nicht aber sehe. dann denke ich, dass alles nur banal ist, was ich da geschrieben habe, über zwei, drei, sieben jahre. dass es keine tiefe hat, keine welt, nur eine einfache geschichte. so wie alles. das ist doch nichts.
am ende des schreibens ist immer entzug, im körper, im geist und im sein, mit allen dazugehörigen erscheinungen. das eigene leben stellt sich als ruine dar und genau so ist es: gebrochen, entkernt, ruiniert.
nein, es geht nicht anders. ich gibt keinen anderen weg. es muss so sein, für mich, ich muss von der eigenen substanz erzählen, sie ausschöpfen bis aufs letzte. ohne jedoch sie oder auch nur mich letztendlich dabei zu verraten. das ist nicht nötig. am ende bleibt sowieso nichts, dann ist es auserzählt. das ich.
an dem punkt ist unklar, immer wieder, wie hoch der preis sein wird. was sie mich kosten wird, die verstörung in der welt, die dann zutage tritt. wenn das schreiben zuende geht. keine ahnung, wie ich das begleichen soll. oder will. ich persönlich, denn ich allein habe das verbrochen.
und es hilft auch nicht, dass die welt derzeit ohnehin kaum wiederzuerkennen ist. doch das gilt für alle, da will ich nicht maulen.
trotz allem muss ich natürlich wieder ran an den text, wann auch immer. besser bald, dass ich ihn nicht doch noch verliere.
es gibt erste kleinere oder auch größere rückmeldungen aus der testleserschaft, die allgemein angetan zu sein scheint. das ist jetzt sehr vorsichtig und zurückhaltend ausgedrückt, man kennt mich hier. ich neige nicht dazu, mich über die maßen zu bejubeln. vielmehr so gar nicht, eigentlich. aber das ding ist gelungen, das steht nunmehr fest. im grunde wusste ich das natürlich schon. aber jetzt komme ich überhaupt gar nicht mehr darum herum, diese tatsache fest ins auge zu fassen.
auch die besprechung mit der agentur ist gelungen, wiewohl die umstände grauenhaft waren. der tag an sich entwickelte sich stetig zu dem wohl übelsten, den ich in jahrzehnten erlebt habe. dass soetwas wie ein gespräch am telefon überhaupt irgendwie zustande gekommen ist, wundert mich noch heute. oder es bin einfach ich, die ich geworden bin. alt. die ich dementsprechend unterscheiden kann, zwischen traumatisch belasteten, redundanten innenwelten und dem, was ich in wahrheit lebe. doch ja, da gibt es unterschiede.
schade allerdings, dass mein zustand dann doch erheblich die freude gemindert hat, mal mit jemandem kompetent über meine arbeit, meine wirkliche arbeit sprechen zu können. das war so wenig, so selten in meinem langen schreiberleben. mit klaren, konstruktiven ansätzen konfrontiert zu sein, sich auf der grundlage auszutauschen, nachzufragen, abzuwägen. verstehen lernen, in der vielschichtigkeit nach tragfähigkeit suchen. blastbarkeit im sinne von struktur, um dem gehalt der geschichte nicht im weg zu stehen. beste hinweise, die mich jetzt beschäftigen, durch den alltag, das alleinsein derzeit. knackpunkte im text, die nicht nur bedenkenswert sind. sie sind überarbeitungswürdig auch, genau das steht nun an. früher als ich dachte, aber gut. auch das kann ich. es bewegt sich bereits, in eine richtung, die ich zwar noch nicht klar erkenne. aber das wird.
und überhaupt: eigentlich geht es doch um wahr- und wahrhaftigkeiten. immer.
erste besprechung mit der agentur am letzten donnerstag. immerhin angesetzt war der termin, und ich habe mich extrem darauf gefreut. ein bisschen auch, weil ich persönlich hinfahren sollte. und woltle und durfte. vor ort im garten und abstand einen menschen in echt treffen, um etwas wirklich wichtiges zu bereden. beinah das erste mal in acht wochen, also so ein echter mensch, fast zum anfassen nah. eine stimme, die aus einem körper kommt, ein dreidimensionales gesicht. immerhin.
war dann aber nichts, weil das motorrad nach ein paar kilometern nicht mehr mitspielen mochte. irgendein dämlack hatte wohl irgendwann darauf platz genommen und an allen knöpfen und hebeln herumgespielt. das war klar, das merkt man sofort. ich stelle die kiste nie mit eingelegtem gang ab. ich lasse den seitenständer nicht ausgeklappt, wenn ich sie auf den hauptständer gehievt habe. eben jener dämlack hat offensichtlich den schalthebel derart malträtiert, dass er mir unterwegs von der welle gerutscht ist.
ich bin gut mit holz und säge, ein wenig auch mit leder, seil und pinsel. aber letzteres schon nur noch unter protest. maschinen reparieren kann ich nur schlecht. selbst mit dieser simplen mechanik war ich überfordert, obwohl mir im nachhinein klar wurde, dass ich hätte wissen können, wie. ohnehin hätte das zu lange gedauert. so konnte ich nur notdürftig flicken und vorsichtig im zweiten gang in die werkstatt meines vertrauens tuckern.
und die schöne besprechung, der termin vor ort in der sonne, mit einem echten, richtigen menschen. hat sich verflüchtigt. stattdessen sind die notizen jetzt per post zu mir unterwegs, in zwei fetten briefen, die zweite hälfte ist schon da. der rest passiert dann am telefon. ich weiß nicht. das ist schade, ich bin über die maßen traurig. aber das bin nur ich, die ich hier sitze. allein.
ich habe den einen fetten brief geöffnet und kurz hineingesehen. gestern schon, wenn auch kaum gelesen, auch nicht die bemerkungen. nur gewundert habe ich mich. wie seltsam eine handschrift, kopiert nur, nach acht wochen menschenleere auf mich wirkt.
sinnlich fast. ich fasse es nicht. wie ein kleines geschenk.
immer noch alles ganz ruhig und weit weg, so weit, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte. noch vor ein paar wochen. aber es ist ja so, dass alles von vor ein paar wochen jetzt lange vergangen scheint. nicht nur dieser text.
das schöne ist, dass er dennoch bleibt. das weiß ich. das wusste ich vorher, aber jetzt ist es sicher. er steht allein da, und die geschichte läuft. er ist also ausgewachsen. irendwie. er kann gehen.
seltsam, dass das der erste arbeitstitel: gehen. jetzt ist es gegangen.
hier und da erreichen mich erste kleine rückmeldungen über den anfang der lektüre. mich selbst beschämt es ein wenig, aber um des textes willen ertrage ich die scham.
es liest sich, leicht sogar, von anfang an. wer anders dagegen, dass es im zweiten kapitel schwer wird mit den vielen namen usw. gut so, das will ich wissen. das muss er aushalten, der text. dann wieder überwältigt die schönheit, was wiederum mich ein wenig überwältigt. aber genau so etwas wollte ich, leicht sein und reich und dicht. es ist großartig, dass es zu funktionieren scheint.
im nächsten projekt kommt noch tiefe dazu, dachte ich gestern. ein gewagter ansatz.
damit hätte ich nicht wirklich gerechnet, dass ich tatsächlich keinen einzigen blick mehr in das manuskript tun würde. nachdem ich mir am karfreitag das zumindest einstweilige ende der schreiberei erklärt hatte. aber es ist so. dabei weiß ich genau, wieviel da noch im argen liegt, doch darum geht es derzeit nicht.
jetzt ist erstmal fertig. tatsächlich.
als nächstes wird an unterschiedlichen orten und aus unterschiedlichen positionen testgelesen. kann sein, dass mich das ein wenig ängstigt.
nachtrag: ja, ich bin tatsächlich fertig, die eckdaten stehen eins weiter unten.
das letzte kapitel hatte es noch einmal in sich, aber so richtig. auch die zweite hälfte, wenn auch nicht ganz so schlimm wie die erste. und, wenn ich ehrlich bin, bin ich nahezu unfähig, das ergebnis einzuordnen. es ist jetzt mal so, wie es ist. es ist alles drin, aber der emotionale faktor, die plausibilität. keine ahnung, die aktuelle welt funkt mir doch schwer dazwischen. immer wieder, da kann ich nichts machen. dagegen komme ich nicht an.
was soll’s, ich bin fertig. ich melde mich dann, vielleicht gleich morgen. um zu berichten, ob ich diese tatsache schon begriffen habe.