am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

na so was! die ‚guten‘ schießen sich gegenseitig ab oder drehen sonstwie durch. soviel zum thema präzision. krieg ist nicht nur wahnsinn, krieg macht wahnsinnig. das vor allem. und über jahre, wenn nicht generationen.

am morgen zur demo. ein bißchen zu spät, ein bißchen zu mißmutig, ein bißchen zu angestrengt. die sonne, der frühling, diese luft. das alles scheint einfach nicht zu passen. mir zumindest. von der veranstaltung krieg ich dementsprechend nicht viel mit. übellaunig.

dann wieder vorm fernseher. ich ertrage es nicht, dieses gerede, von wegen, die irakische bevölkerung wäre ja gar nicht gemeint, man würde sie ja auch nicht beschießen, das wäre doch offensichtlich, weil ja sogar die straßenbeleuchtung noch gehen würde. blödsinn! als wäre bombenpfeifen ind er luft, detonationslärm ganz in der nähe, druckwellen wie erdbeben und angst, angst, angst keine bedrohung. aber was soll man erwarten von einem, der sich tatsächlich zu sagen traut, daß er mit diesem krieg in tiefem frieden sei? was?

später zur wasserlesungsvorbereitung und stundenlang kein wort vom krieg. nur stellproben, lichtdiskussionen und brainstorming. mit anschließendem pizzaessen, inklusive künstlerexistensfragen, ausnahmsweise sogar konstruktiv. das hat gut getan! verdammt!

leise und leicht wünsche ich mir diese tage, nicht schrecklich und schockierend. werbestrategie oder poetische propaganda? eine alliteration als eigentümlichstes element des kriegshandwerks. seit wann gibt es überschriften, slogans für die (das?) schlachten?

beginn des luftkriegs zur primetime, so also geht es ins wochenende. was für ein timing! applaus! ich könnte kotzen! die grünen videospielbilder, die hilflosen endlosschleifen und paraphrasierenden wiederholungen der reporter dagegen langweilen mich bereits. doch mit dem schweigen ist es ähnlich, die kiste muß laufen, irgendwie. ich weiß nicht warum. es hilft nicht, es ändert nichts. peinlich, im grunde. ja doch.

viel konzentration bleibt mir nicht.

ich sollte den wassertext ein letztes mal durchsehen, jetzt sofort. morgen abend ist nun endgültig abgabe, und tagsüber gehe ich wohl demonstrieren. na, was solls, das ist wichtiger. die vorbereitungen für den lyrik-workshop stehen auch an. am dienstag noch einen radiotermin. kleines interview vermutlich, sozusagen als letzte werbung. bis dahin sollte ich in etwa wissen, wie ich das ding aufziehen werde. die frau, mit der ich gesprochen habe, hat mich gefragt, ob das nicht auch eine möglichkeit wäre, über den krieg zu reflektieren. natürlich! da hat sie recht. das ist eine großartige möglichkeit, über das  elende gestotter hinauszukommen. vielleicht. das, was ich derzeit hier stottere. das, was in den medien gestottert wird.   oder gelogen, womöglich, ahnungslos. ich werde also den krieg berücksichtigen in meinen vorbereitungen, ich werde es müssen. keine frage. in beispielen vielleicht, in aufgaben, in gedanken zumindest. es kommt aber immer auch darauf an, was die leute mitbringen, die sich schließlich anmelden. an gedanken. an aufgaben. an beispielen. an erfahrungen und erinnerungen vielleicht.

radiohören im büro, stündlich, die nachrichten, die aus worten wie ‚vermutlich‘, ‚offensichtlich‘, ‚möglicherweise‘ bestehen. was soll ich sagen?

ich schweige, weil ich nichts weiß, versuche es mit zynismus. sind wir nicht alle ein bißchen… KRIEG!!!

auf dem weg vom büro zum bäcker der weiß-grüne wagen vor der jüdischen kultusgemeinde im erdgeschoß. die jalousien vorsichtshalber alle komplett geschlossen. da schweige ich dann wieder.

was bleibt ist ein intensives entsetzen, wie selten zuvor. ich weiß, daß es kriege gibt, immer wieder, überall. wer, wenn nicht ich… KRIEG!!! ich weiß auch, daß die usa in dem geschäft immer wieder gerne mitmischt, ganz vorne. das ist doch nichts neues.

was ist anders?

gewalt ist immer, ist alltag. ich weiß doch, ich weiß.

also was ist anders?

die skupellosigkeit der rhetorik? die offensichtlichkeit der machenschaften, der macht? die nacktheit der lüge? das soll der demokratie dienen, eine solche dumme spielerei, so durchsichtig wie armselig?

nein. was ist es also?

ich? mein verständnis, mein vergessen. kein krieg mehr in mir. ist es das?

wie dem auch sei. am sonntag mag alles vorbei sein. oder auch nicht. wer weiß? der ölpreis vielleicht oder der dollarkurs.

aber das alles wird folgen haben, weltgeschichtlich, weitreichend, dieser unsinn.

gegen jegliches gesetz. skupellos.

nein, das gedicht von eich ist nicht mein kommentar zum beginnenden golfkrieg, es ist nur der nachtrag zu gestern. mir fällt zu all dem nichts ein derzeit. oder vielleicht zuviel.  aber bei mo wird es wohl in nächster zeit einiges wichtige zu lesen geben. (link)

             Günter Eich / Inventur

             Dies ist meine Mütze,
             dies ist mein Mantel,
             hier mein Rasierzeug
             im Beutel aus Leinen.

             Konservenbüchse:
             mein Teller, mein Becher,
             ich hab in das Weißblech
             den Namen geritzt.

             Geritzt hier mit diesem
             kostbaren Nagel,
             den vor begehrlichen
             Augen ich berge.

             Im Brotbeutel sind
             ein Paar wollene Socken
             und einiges, was ich
             niemand verrate,

             so dient es als Kissen
             nachts meinem Kopf.
             Die Pappe hier liegt
             zwischen mir und der Erde.

             Die Bleistiftmine
             lieb ich am meisten:
             Tags schreibt sie mir Verse,
             die nachts ich erdacht.

             Dies ist mein Notizbuch,
             dies meine Zeltbahn,
             dies ist mein Handtuch,
             dies ist mein Zwirn.

gerade von der lesung zurück, noch im café congo gesessen, mit den anderen, für eine weile, und die schmerzen vergessen, den krieg, auch in mir. gutes timing übrigens, gestern migräne exakt zwischen büroschluß und bushrede, dann war ziemlich schnell der kopf wieder frei. nur die rückenschmerzen, wie gehabt, exakt auf der körperhälfte, atmen, was ist das, wie geht das. ich weiß nicht.

seltsam übrigens aus einem roman zu lesen, der mit der rückkehr aus der kriegsgefangenschaft beginnt, der frieden versucht, schritt für schritt, in die biederen 50er. wo doch derzeit, sozusagen stündlich, das gegenteil geschieht, irgendwo anders. geschehen wird, ohne frage. wirklich lesenswert übrigens. ein ruhiger roman, mit viel trefflichen beschreibungen, die weit nach innen deuten. erinnert mich ein kleines bißchen an ‚inventur‘, das berühmte kriegsgefangenschaftgedicht. (himmel, von wem fällt mir gerade nicht ein, bin zu müde, reiche ich morgen nach.) natürlich nicht sooo knapp, ist ja schließlich prosa, aber dennoch…

gerade wieder erschienen: Karl Otto Mühl: Siebenschläfer (link)

in den medien wird schon spekuliert, höre ich gerade, von tagen oder wochen allerhöchstens, bis es vollbracht sein wird. was auch immer. gut ist es nicht.

ich sehe berichte über intelligente waffensysteme, die sich ihr ziel selbst suchen können. wie beruhigend. wie präzise, wie sauber. wer aber sucht die ziele aus? das scheint mir das weitaus größere problem.

ich halte es da mit sir peter, der kürzlich sinngemäß gesagt hat: krieg ist der terror der reichen!

vielleicht war heute ein kopfschmerztag, und ich habe es gar nicht gemerkt. vielleicht ist es aber auch erst morgen soweit, das wäre schon weniger erfreulich. ganz verboten ist dienstag, da ist die lesung für karl otto mühl. oder donnerstag, da hab ich wieder kurs. wie dem auch sei, schon solche gedanken sind irgendwie unschön…

(ich seh gerade, daß die vom else lasker-schüler haus mich doch gar nicht mehr mit in die werbung genommen haben. dabei wollten sie unbedingt noch eine ‚jüngere‘ frau dabei haben.)

heute morgen von krieg geträumt, luftangriffe, und wir mußten in die keller, die bunker. aber es war nicht dunkel, da waren fenster, oberlichter rundherum. und die tür blieb offen, nienand schloß sie, obwohl sicher alle darüber nachdachten. ich auch. aber es war alles ganz ruhig, eine ganze zeit lang, sodaß ich schon glaubte, es wäre gar nicht wahr, gar kein krieg da draußen. dann kamen sie doch, gerade als ich ein paar schritte wieder draußen war. die angst in der luft und die beine schwer, daß es kein fortkommen gab. zurück. rennen. schnell. in das loch. trotzdem blieb es hell da unten, ruhig und weit. es zerbrachen nur ein paar scheiben, gegenüber, die augenblicklich wieder erneuert wurden. dann liefen wir durch ein fremdes land, versteckten uns, wenn die hubschrauber kreisten. einer landete direkt vor meinem gesicht, und zehn frauen stiegen aus, die nach der wahrheit suchen wollten. mehr nicht.

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