am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

keine klagen (52)

zurück im immer noch lindenverrotzten berlin. es ist vergleichsweise kühl hier, es dauerregnet ein wenig. nicht viel also, aber nachhaltig. das widerspricht sich, ich weiß. dieser sattschwere, perverspenetrante  lindenduft zeitgleich mit so viel luftfeuchte. aber das geht. ich spüre sie sofort, die verdammten linden. mit jedem atemzug. bin ich hier zuhause?

nach nachlese ist mir nicht, das haben hans hütt und andrea diener ganz hervorragend gemacht. ich war ja auch nur privat vor ort, als gast, als badegast sozusagen. das fast vollständige fehlen von texten im überdimensioniertem ich-format ist mir allerdings auch aufgefallen. angenehm aufgefallen, gestern abend auf dem rückflug, irgendwo über prag. vorher nicht. so angenehm war das, so richtig, daß ich es wohl vor ort gar nicht erst bemerken mußte.

aber jetzt: an die arbeit.

keine klagen (51)

vorbei. alles ordungsgemäß über die bühne gegangen. peinlich wie immer. am ende stehe ich da und weiß nicht wohin.

ich wandere ein wenig zwischen den versprengten grüppchen umher, docke nirgends mehr an. ich weiß nicht, ob ich nicht will oder nicht kann. noch nie bin ich so oft für ein teil des betriebs gehalten worden. gefragt zu werden, ob dieser oder jener autor „meiner“ wäre, das war seltsam. obwohl ich es schon des öfteren gehörte habe, nur eben nicht gegen mich gerichtet.

nein, ich bin mein eigener autor.

immer ist da diese traurigkeit, wenn ich gehen muß. am ende, wenn sie sich alle verlaufen, wenn sie einfach verschwinden. grußlos mitunter, ohne absicht, ohne arg. es passiert einfach.

diesmal erst verstehe ich meine schlagabgrundartige gedrücktheit. sie sehen sich wieder, die meschnen, die meisten zumindest. sie bleiben am thema, das vor allem. sie bringen ihre bücher auf den weg oder heraus. was auch immer sie machen. für sie ist die literatur, die auseinandersetzung und verarbeitung von text, mit allem, was dazu gehört, nicht vorbei. sie leben damit.

ich gehe allein, ohne kollegen und ohne gegenüber. ich bin für mich, seit sich die wirklich exquisite schreibgruppe damals so plötzlich aufgelöst hat. esatzlos atomisiert. also bleibe ich allein. ich verliere tatsächlich, jedesmal, nicht nur einen preis. ich bin verloren, immer. und ich weiß wirklich nicht, ob ich mir das noch antun sollte.

das schreiben, meine ich. glaube ich. oder das herkommen? (wenn, dann die abreise besser am sonntag vormittag buchen.)

keine klagen (50)

sonntag. tag der abrechnung. ich tippe auf ferdinand oder den kärntner ami. selten war das so klar, alles andere würde mich verwirren, wäre eine überraschung.

meine favoriten sind natürlich andere: barbi markovic und ihre familienfressende wohnung, die komischen himbeeren von eckhart nickel und allen voran maxi obexer, deren zusammenstellung aus einem roman allerdings gestern derart armselig aus dem stegreif zerfetzt wurde. da geht sicher nichts. außerdem und immer noch olivia wenzel aus dem literaturkurs, also völlig außer konkurenz.

aber was heißt das schon. kunst und literatur gehören nicht in den wettbewerb.

keine klagen (49)

das mit den flüchtlingen, daß das thema sein würde. ja. und es ist gut so, auch wenn es kaum zu fassen ist. ich zumindest würde mich das nicht trauen, das ist außerhalb meiner reichweite. aber es gibt ja andere, nur autorinnen in diesem fall, aber ich mag mich auch täuschen. aber die drei konnten es gut oder noch besser. vielleicht waren es auch vier?

die jury dagegen hat das spiel größtenteils verloren, ist weder dem putzmann noch der südtirolerin gerecht geworden. nicht einmal annähernd, besonders letzterer. und das lag nicht an den texten, auch nicht an dem, was darin entdeckt oder erkannt wurde. ganz egal, ob diese erkenntnisse nun zutreffen oder nicht. das kommt von, das ist literatur. damit kann man leben.

es lag an der welt oder dem bild davon, das diesen texten vorgehalten wurde. der vergleichspunkt, die spiegelachse, die mal so und mal anders ausfiel, gerade wie es beliebt. einem fall wurden abhängigkeiten und angst zwar irgendwie wahrgenommen, aber dennoch nicht verstanden. in einem anderen ist so etwas wie ein coming out in berlin nicht der rede wert, kein grund ein opferding draus zu machen. (was im übrigen der text selbst klar und deutlich ausbuchstabiert, mehr geht nicht.) und deshalb ist es irgendwie, ja was eigentlich?

ich höre auf an dieser stelle, das lohnt nicht. ich bin auch keine kritikerin. ich bin ein gast, und ich will genießen. ja, ich will mich ärgern, wenn nötig. doch vor allem will ich mich unterhalten. oh, dieses böse wort: unterhalten!

aber ich will verschont sein von menschen, die die welt nicht verstehen. die nicht verstehen, daß es viele welten gibt, die sie noch nie betreten haben. und die sie nicht betreten werden, selbst wenn sie dazu eingeladen sind. also auch dann nicht, wenn sie ausformuliert und in schriftlicher ausfertigung vor ihnen liegen. danke.

keine klagen (48)

das war wirklich schön gestern nacht. alles sein lassen, nur herumsitzen wie angenagelt. am richtigen ort, mit den richtigen menschen. kein programm, keine peer group, kein verlangen danach. nur text im kopf. so ist es gut. mehr brauche ich nicht.

ich bin kein betrieb.

(das ist jetzt hermetisch, ich weiß. aber gar nicht so schwer.)

keine klagen (47)

nach den lesungen ist draußen wieder regen, wenn auch nicht so stark wie gestern. alles naß, also kein so rechtes seewetter. auch diesbezüglich ist es ein schlechtes jahr bislang. die texte dagegen wurden heute besser. oder sie lagen mir näher. oder ich habe mich einfach nur eingehört. kann alles sein.

ich bin auch friedlicher oder versöhnlicher oder wie sagt man. mit allen, nicht nur mit den texten, den lesenden. auch mit den jurorInnen, die sich gleichwohl verzetteln, verreden und irren. ist alles nur literatur, hätte ich fast geschrieben. ist aber alles tv, fällt mir in dem moment ein. tv und show und wettbewerb. also was?!

die arbeit, das handwerk, das wunder des schreibens, des lesens lebt dann doch noch ganz woanders. es kommt recht nah, aber es bleibt nicht, wohnt nicht in klagenfurt. nicht einmal hier. es wohnt eigentlich nie. auch nicht so neu, diese erkenntnis. daß das schreiben getan sein will, um nah zu sein.

und weil es mit dem baden nichts wird, nehme ich mir die zeit, den kopf aus der blase zu stecken und nach hamburg zu sehen. looks like hell!

keine klagen (46)

nach dem hagelgewitter gestern nachmittag war es dann aber doch ganz schon draußen am see. ein wenig naß der rasen, nicht ganz so viele menschen wie üblich. überhaupt: es ist ein schlechter jahrgang irgendwie. womit ich nicht (nur) die texte meine. viele inzwischen bekannte gesichter des literaturproduktionsbetreibs sind einfach nicht da. nix mit betriebsausflug und so.

ich bin dennoch zufrieden mit den spannenden begegnungen und gesprächen am rand. den sehr entspannt wirkenden heutigen erstlesenden getroffen. dingen über die mir völlig fremde österreichische literaturlandschaf gelauscht. (als wüßte ich auch nur einen hauch mehr über die deutsche.) und zu später stunde die grundlegende kaffeesituation in leipzig, die doch nicht sooo schlecht sein soll, erörtert.

außerdem wurde ich einer jurorin vorgestellt, ein flüchtiges geschehen. und von einer anderen im vorbeigehen gegrüßt, was wohl ein versehen oder eine verlegenheit war. ist halt doch ein betriebsausflug, da will man ja nichts falsch machen. oder ich habe mir nach sieben jahren anwesenheit eine art nichtssagende präsenz erarbeitet. ein gesicht, das man kennt, von dem man aber nichts weiß. das gefällt mir.

keine klagen (45)

in meiner #tddl-blase gerät mir wie von allein alles rund um das G20-spektakel aus dem blick. das ist mir nicht recht so, und dennoch ist es irgendwie gut. rein subjektiv, versteht sich.

also ob nun eigenlöblerisch oder oberflächlich, wie man über die eröffnungsrede von franzobel gestern lesen konnte. besser ist es schon, man erinnert sich: wie viele autorinnen und autoren weltweit für ihre arbeit in gefängnissen sitzen. nicht weit, in der türkei zum beispiel. (#freedeniz und alle anderen.)

keine klagen (44)

am nachmittag wird es mir am lendhafen zu warm, dann kann ich nicht mehr denken. deshalb weiß ich nicht so recht, wie die letzten beiden texte bei mir angekommen sind. eher nicht so, aber das ist eine vermutung. die ersten drei waren mir auch nix, obwohl es natürlich unterschiede gab. morgen nachmittag wechsle ich also ins studio, hoffentlich klappt das. und das platzreservierungsgehabe mithilfe von programmheftchen wurde irgendwie eingedämmt. sonst nehme ich einfach ein handtuch mit. mal sehen, wie das kommt.

am lendhafen ist heute eine gelbe tasche aus dem jahr 2013 herumgelaufen. oder war gelb 2014? ich weiß nicht mehr, aber meine ist jedenfalls weg. dachte ich. zwei jahre hat sie mich in den höchst ungeliebten nebenjob begleitet und ist dabei ziemlich heruntergekommen. so richtig kaputt war sie aber noch nicht, also habe ich sie an meinem letzten arbeitstag dort nicht in, sondern auf den müllcontainer im hof gelegt. irgendwer wird sie sich nehmen, dachte ich. oder der müllmensch ärgert sich über meine schlampigkeit, weil er selbst hand anlegen muß.

vor ein paar monaten hab ich sie dann kurz wiedergesehen, auf einem nahegelegenen u-bahnhof. ich bin ganz und gar sicher, daß sie es war, denn sie befand sich nun im besitz eines offensichtlich in der gegend lebenden wohnungslosen. und der besagte hof ist ein diesbezüglich durchaus bekannter aufenthaltsort.

da hat doch die literatur, der bewerb, die organisation mal was richtig handfestes bewirkt. ich wünsche dieser gelben tasche aus dem fernen klagenfurt noch ein gutes und langes leben in berlin oder sonstwo. möge sie all ihren besitzern und besitzerinnen immer gute dienste leisten. so wie einst mir.

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