die bücher allein

der letzte messetag besänftigt mich. die hallen ist nicht so voll, wie erwartet, wie sonst immer. gestern war es sicher ähnlich, aber der tag ohne hat mir gelassenheit geschenkt. der betrieb bedeutet mir nicht viel, nur die bücher, die allein. ich betrachte also den betrieb und bin zufrieden. was immer ich damit zu tun haben werde, irgendwann oder auch nicht. es wird mir nicht schlimm sein. ich bin nur eine, die schreibt. ich bin der anfang, nicht mehr. aber auch nicht weniger.

ich schaue und höre zu, hier und da, wo ich gerade vorbeikomme. alles ist gut, ist reich, so ein tag ist heute. das ist nicht oft. ich treffe menschen, die mit mir reden, und auch ich habe etwas zu sagen. es ist zwanglos, das ist es. das ist gut. so gut, dass ich auch mit fremden rede. weil ich es will.

ich bin noch in leipzig. vor ein paar wochen, als mit klar wurde, dass es sich um ein langes wochenende handelt, habe ich meine unterkunft um einen tag verlängert. ohne lange zu überlegen, und das schenkt mir nun noch ein bisschen zufreidenheit und ruhe. abstand von all den tagen in berlin, die immerzu sind wie allesamt alltage sind. arbeitstage, orgatage, termine über termine, noch mehr arbeitstage. und listen, all die listen auf papier. (anders mache ich es nicht.) das erst wieder morgen. oder übermorgen, wenn ich es genau nehme. und das tue ich, ja. immer!

gestern nacht war eine schlechte nacht, da lag ich lange wach. ich könnte dem kaffee die schuld geben, kurz nach neun am abend. das war vielleicht keine gute idee, aber ich hatte lust darauf. und es ist ja auch nicht der kaffee, das ist es nie. es ist immer das hirn, das die nächte durchmacht. das sie erleuchten will mit seinen ideen und gespinsten. na gut.

eine schreibzeit ist es also nicht geworden, dieser besuch in leipzig. aber eine schreibdenknacht, in der dieses hirn, mein hirn, was ist das nur, einen neuen sprachrhythmus geprobt hat, eine andere stimmung, die perspektive generell. ein paar worte auch und wendungen, aber nichts konkretes.

noch lange nicht.

eine illusion aber, dass ich irgendwann aufhören würde damit. dem sagen, dem schreiben. und all das sehen und wissen, was ich bin.

die bücher in leipzig, mal wieder

aus dem galopp des alltags, so viel arbeit derzeit, auch wenn das klingt, wie es immer klingt bei mir. ein kleines bisschen ist es wirklich noch einmal mehr geworden. dabei schreibe ich derzeit gar nicht, ich warte nur. und ich baue.

und jetzt bin ich in leipzig auf der messe, wie aus dem galopp fallengelassen in dieser stadt, die mir nicht wenig gefällt. das stelle ich jedesmal fest. zum glück habe ich richtig entschieden, als ich die einraumwohnung auf der karli gemietet habe. und nicht die in der nähe des messegeländes. was soll ich da, denke ich jetzt gerade. abends, wenn die hallen dicht und alle möglichen menschen, die ich nicht kenne oder manchmal doch kenne, auf lesungen oder partys befinden. ich dagegen nicht, was sollte ich auch dort.

ich treffe also niemanden, ganz anders als im letzten jahr, als die messe keine messe war. nur so ein improvisiertes häufchen, text und mensch, das alle irgendwie geliebt haben. ich auch. jetzt ist es anders, das war klar. ich laufe durch die straßen und finde es schön, mal wieder hier zu sein. ich sitze in der kleinen, aber doch irgendwie geräumigen wohnung, an dem zum glück großzügigen tisch und weiß nicht. was das ist, was das soll, das schreiben.

durch die recht leeren hallen spaziere ich ebenso. wie ein gast. ich suche nach nichts mehr, das habe ich früher vielleicht, gesucht und versucht. auch wenn ich nichts gefunden habe, das alles ist jetzt nichts mehr. vor allem ist es nicht mehr an mir, gerade jetzt.

ich lasse es sein.

ich schlafe. das bett hier ist recht hart, ein dünner, plattgedrückter futon mit einer auch nicht besonders dicken matratze darauf. das ist gut, ich schlafe und träume. ich dusche, koche kaffee und setze mich dann in die straßenbahn. die fährt direkt vor der tür los, bis in die messe hinein. quasi. das ist mir noch nie aufgefallen, dass es so einfach ist.

ob ich samstag und sonntag auch noch tun werde? wenn die hallen so voll sein werden, dass ich es schon damals, vor der pandemie, kaum ertragen konnte. wenn die glashalle schwirren wird vor lärm, menschen und ihre stimmen. ich weiß noch nicht.

kurz vor der abreise, mitten im galopp also, habe ich die textfragmente des neuen textes von vor über einem jahr gesucht, gefunden und gedruckt. eingepackt und mitgenommen, ohne zu wissen.

vielleicht wird es eine schreibzeit, ab samstag oder so.

keine klagen/86

langsam zählt mir die (deutsche) corona-warn-app die bachmannpreistage runter, einen nach dem anderen. ich beklage das nicht, ich betrachte es nur. das war abzusehen, wie nach der re:publica auch. beim tango-festival nächste woche wird es dasselbe sein, spätestens dann werde wohl auch ich mal in der infektionsauspielung berücksichtig werden. hoffentlich, denn ich muss ja vorher noch irgendwie nach berlin zurückkommen.

irgendwo habe ich gelesen und auch sagen hören, dass die diesjährigen teilnehmer*innen des bewerbs die preisgelder gerecht unter sich aufteilen wollen. das ist eine schöne idee, um zu einer art gerechtigkeit zu finden, wo es per se keine gerechtigkeit gibt. ich bin gespannt ob und wie sich das umsetzen wird und bin diesbezüglich tatsächlich skeptisch. gerechtigkeit ist eine illusion und lässt sich auch mit geld nicht einkaufen. aber wer weiß, vielleicht wird es doch ein klein wenig besser. alles.

keine klagen/85

und dann klang gestern alles so, als würde es doch noch ein nächstes jahr geben. von wegen auslaufmodell, auch ich habe mich von allen verabschiedet, indem ich allen „bis nächstes jahr“ gesagt habe. und gemeint habe. sogar so gemeint habe, das ich werde arbeiten müssen. und wollen. weiterschreiben.

erst hier, mit ein wenig zeit für die richtige welt, die nachrichten und so weiter, die mich ein paar tage lang nur tangiert haben, kam es mir wieder. wie absurd das alles ist, wie wenig konkret und alles andere als sicher. doch eben das ist es wohl, sowieso immer. nichts ist sicher, aber noch gibt es möglichkeiten für einen nächste schritt. wie im tango.

überhaupt, tango. nächste woche ist das festival, und ich bin mal wieder voll engagiert. keine gute idee, nach der re:publica und den tddl ist wien nur eine kleine pause, in der menschen nur vereinzelt vorkommen. absolute übermenschung, die mich ja meist desolat und irgendwie bekloppt rüberkommen lässt. dazu kommt der reisestress, und das festival bringt mich darum, den nachreisekater solide auszukurieren.

ach, dass man sich das nicht aussuchen kann. übers jahr verteilt wär es ja okay gewesen.

keine klagen/84

zuerst einmal: keine klagen bezüglich der gewinner*innen. ich hätte zwar eine frau mehr* auf dem zettel gehabt, aber es gibt nie genug preise in kunst und literatur. weil eigentlich so viel irgendwie auch gut ist, auch wenn es schwache stellen hat. auch das hat seine berechtigung und seinen preis.

darüber hinaus rede ich wenig und schreibe hier überhaupt gar nichts über die texte, ich bin keine kritiker*in. früher habe ich das mal versucht, aber nur für die klagenfurttexte. ich dachte, das soll so, doch es geht einfach nicht, ich kann nicht. so etwas ist quasi das einzige, was ich komplett aus dem netz entfernt habe. ich kann nur über das handwerk reden, mitunter, ich kann erkennen und zu vermitteln versuchen, was zuviel ist oder fehlt, was möglich sein sollte. doch auch das tue ich recht selten, mangels gelegenheit.

nach der preisverkündigung bejubelt sich die jury selbst. man hätte gut zusammengefunden oder so, keine ahnung. man kenne sich ja nun schon so gut, hätte zueinandergefunden und funktioniere miteinander. so in der art, das war gegen ende, da war ich schon auf dem sprung zum zug nach wien. außerdem wollte ich das nicht so recht glauben, was ich da hörte. nun gut, das war teil der fernseh-show, und ich sah das spiel von der seite her im garten. so etwas verzerrt, selbst der ton war dort zu schrill. aber auch inhaltlich ging es am kern oder am wurm, wie ich gestern meinte, vorbei.

den wurm kann ich aber immer noch nicht benennen. es könnte etwas mit willkür zu tun haben, das war alles so willkürlich. und die faktische betrachtung oder kritik zwischen den vorwürfen und kleinkriegen kaum auszumachen.

mit der außenbühne hingegen habe ich einen kleinen frieden geschlossen. die letzten zwei lesungen am stamstag habe ich dort verfolgt. das war ein wenig umständlich, weil kaum noch plätze frei waren und mir regelmäßig ein großer kameraarm die 12,5kg-kamera (stand handschriftlich hinten drauf) genau vors gesicht fuhr. eines steht fest, da draußen ist jetzt die party, das wollen die leute sehen und hören. dafür sind sie da. und drinnen, die jury, ist ausgeschlossen, abgekapselt. irgeneine*r von ihnen hat das sogar angedeutet, in der live-show, wenn ich mich recht erinnere.

so soll das sein, deko hin oder her. der text ist die musik und das anschließende reden darüber nur so etwas wie magermilchersatz in pulverform.

* ohnehin hätte es eine frau mehr sein sollen, wenigstens.

keine klagen/83

regen und wind in der nacht, das ist gut. die tage sind voll, nicht immer finde ich den punkt. ruhe lebt ohnehin nur im text, das sollte ich mir merken. alles andere ist auch da, auch das ist gut. aber ich bin das nicht. vielleicht ist dieses klagenfurt ein auslaufmodell, für mich. so schön es hier ist, auch diesmal. diesmal vielleicht sogar ein bisschen mehr, wegen der zwei jahre pause. und wegen ein paar menschen, die lange nicht hier waren. das weckt erinnerungen, die nicht die meinen sind. verrückt.

aber es ist auch vieles anders. die texte am lendhafen werden jetzt einzeln zugeteilt, und als ich einem hinterherlaufe, weil mir trotz ausgestreckter hand keiner ausgehändigt wird, werde ich zum thema textgerechtigkeit belehrt. (am lendhafen ist es dennoch toll!) im studio wurden jury und autor*in getrennt. die jury sitzt allein innen, mit ein bisschen publikum, drei kameraleuten und je einer fixen kamera mitten ins gesicht. die autor*innenbühne außen ist eine gemeinheit, besser noch: eine unverschämtheit. zum einen die räumliche trennung an sich, da finde ich keine grund. außer der entzerrung der publikumsdichte vielleicht, dann würde sich das mit der zeit wieder verwachsen. hoffentlich. die gestaltung dagegen, die deko. und ich meine wirklich deko, wie ich es früher mal gelernt habe, warenpräsention im weitesten sinne. (nicht das aufhübschen von wohnraum mit tüddelkram.)

diese außenbühne! mit grünzeugtöpfen, einem alten teppich, wie man ihn in proberäumen unter das schlagzeug legt. dazu kisten und tüten mit büchern, irgendwelchen, nicht zwingend literatur, auch lexikonbände liegen da, koch- und malbücher. nein, letzteres dann doch nicht, aber schon zeug, das irgendwie nicht passt. dekobücher. kleine stapel davon, bei den stufen zu beispiel. ich musste nachsehen gehen, ob sie nicht aus pappe sind, hohl hinten, wie damals in der lehre. und die bühnenfront, im grunde schwarz, ist mit einer art fundholz oder totholz oder wie das heißt, dünne stöckchen eben, garniert. an der stelle wirkt es nur noch lächerlich.

dann ist da noch was mit der jury, das ist vielleicht das schlimmste. da ist ein wurm drin, ich weiß noch nicht. vielleicht morgen. und vielleicht greift das zurück auf den ausgangspunkt, das auslaufmodell.

keine klagen/82

ich bin eine schlechte reisende, das ist in mich eingeschrieben, so fest, dass es mitunter schon auf romanfiguren übergesprungen ist. tatsächlich bin aber in erster linie ich die schlechte reisende, und das ist nicht besser geworden nach den inzwischen mehr als zwei jahren, in denen ich die meiste zeit in meiner wohnung verbracht habe. kaum dass ich zur arbeit gereist wäre, in eine andere ecke berlins. weiter nicht.

unlust war abzusehen, denn so ist es im grunde immer. kurz bevor es losgeht, mag ich nicht mehr. da will ich zu hause bleiben, all den aufwand nicht betreiben, bei der hitze auch noch. diesmal war es mehr als das, nicht nur unlust. reiseekel, könnte man sagen. selbstekel, literaturekel sogar. als der zug nach münchen, die erste reiseetappe, zu einem umweg ansetze, der mich über zwei stunden kosten sollte, wollte ich gleich wieder umkehren. weil es mir falsch erschien, alles. sinnlos alles reisen, rein physisch, aber auch das im hirn, weg mit dem unsinn, der literatur vor allem. wozu das noch.

es war die gewohnheit, nicht mehr, die mich hinderte. ein glück also, dass ich schon so viele male in klagenfurt war. dass ich schon wusste, wie es hier geht. dass ich zumindest hoffen konnte, die stadt und die literatur irgendwie wiederzuerkennen. und wiederzufinden, das auch noch. vielleicht.

es ist nicht leicht, das gebe ich zu. die gewinne und verluste, die ich seither mit der literatur zu verbuchen hatte. zuletzt die verluste, die mich wieder auf die dunkle seite setzen, dahin zurück. das muss weniger verarbeitet werden, als vielmehr verkraftet. und dabei mag ich nicht betrachtet werden, nicht einmal ich selbst will das sehen. (was, zugegeben, schwer umzusetzen ist.)

also fazit: hier kann ich nicht sein, im grunde. hier darf ich nicht, hier muss ich weg.

trotzdem bin jetzt ich. hier, einstweilen.

alles nichts

es gibt durchaus tage, da verfluche ich das schreiben. da weiß ich nicht mehr, wie ich jemals auf die idee kommen konnte, das tun zu wollen. aber es ist jetzt schon so lange her, über vierzig jahre, dass ich mich dahinein verbissen habe. ich kann nichts anderes mehr tun, es ist mein leben.

auch wenn es mein leben frisst, andererseits.

ich wünschte, ich wäre stärker. noch viel stärker. stark genug, um es zu ertragen, wie womöglich alles ins nichts laufen wird. letztendlich.

keine klagen/81

schon wieder vorbei, und ich hatte nichts dazu zu sagen. es ist eben anders, wenn man vor ort ist. die eigene, kleine welt verschwindet und alles ist nur noch wort und wirkung, literatur. hier aber gab es dinge zu tun, vor allem die tomatenpflanzen vor einem spontanen vertrocknen retten. und schmerzbewältigung, die mich aufgrund eines plötzlich auftauchenden zusätzlichen drogenbedarfs durchaus massiver art ganz nebenbei auch noch recht ermattet hat.

das scheint jetzt wieder gut, und für twitter hat meine aufmerksamkeit ja durchaus gereicht. da konnte ich dann ganz nebenbei auch noch ein bisschen meine folgestrategie und damit hoffentlich meine timeline verbessern.

meine hauptsächliche aufmerksamkeit lag jedoch auf den texte, den meisten zimindest, auch einiges an diskussion konnte ich verfolgen. letzteres lässt mich etwas irritiert zurück. die jury war einerseits eigenartig brav, zum teil sogar bieder. andererseits stand da auf einmal eine massive oberflächlichkeit, durchaus gewollt vermutlich, der üblichen mal mehr und mal weniger nachvollziehbaren analyse gegenüber. diese kombination hätte eigentlich zwangsläufig zum streit führen müssen. dem war aber nicht so, stattdessen wurden nur eindeutige meinungsallianzen mit vehemenz bestritten.

die texte, ich weiß nicht. nichts hat mich entsetzt oder verärgert. oder auch nur gelangweilt. hier und da war ich enttäuscht, das passiert, wenn man erwartungen hat. so ist das ja immer, nicht nur in klagenfurt. das ist kein kriterium. ein paar highlights kamen erst ganz zuletzt, am samstag. ich werde ein bisschen nachlesen dieser tage, wenn ich die zeit finde. ich denke aber, ich weiß, so in etwa, wer morgen jubeln darf.

viel mehr habe ich nicht zu berichten. nur eines noch: für nächstes jahr bin ich bereits vor ort verabredet. yeah!

keine klagen/80

aufgewacht mit einer heftigen klagenfurtsehnsucht. ganz plötzlich und völlig unerwartet. als hätte ich genau das nicht kommen sehen können, denn natürlich steht der termin fix im kalender, so wie jedes jahr.

das werde ich vermissen in diesem jahr, so wie im vergangenen. die anwesenheit vor ort, der sommer sowieso. die inzwischen so vertrauten wege, mit dem rad zum see, den kanal entlang. oder zu fuß durch die stadt, das touristische gedränge mitunter. auch das. und mein absolutes lieblingscafé natürlich.

vor allem aber die aufregung, die mich durch die tage trägt, durch die nächte dort. diese absolute einzigartigkeit, der literatur wegen. nicht so sehr weil irgendwie auch dieses prozedere stattfindet, die peinlichkeit des bewerbs. wirklich, das überhaupt gar nicht. kunst gehört nicht auf die rennstrecke, niemals. aber all das andere, das unfassbare. darauf hätte ich mal wieder große lust.

das lesen, das schreiben. das schaffen der welt, immer wieder. was soll ich machen, das ist es eben für mich. immer schon gewesen.

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