am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

freitag nacht

die erste berliner sommernacht in diesem jahr, möchte ich meinen. fahrräder scheppern durch die straße. lautes lachen in verschiedenen sprachen. kopfsteinpflaster, das vergeht. ein cabrio lässt den motor aufheulen, zwanzig meter vollgas direkt vor meinem balkon. wie sinnvoll. ein juicer wechselt den akku, lässt den scooter aber genau so dämlich dastehen. quer zum fußweg, den arsch in der radspur. hunden heulen. e-autos pfeifen ihre hochtöne in die kurve, die reifen machen mehr lärm. menschen lassen sich vor dem schon geschlossenen späti gegenüber nieder, dafür stehen die bänke nacht für nacht. flaschen klacken aneinander, leiser gesang. hinter allem die martinshörner, gelegentlich, das ist hier immer. die nächste polizeiwache ist gleich um die ecke. ich lass das mal so.

aber schön kühl draußen. noch.

richtungswechsel

zurück aus der kleinen großen stadt*, in der man bei der nutzung der öffentlichen verkehrsmittel locker von einem trittbrett aufs nächste wechselt. wie ein cowboy, das gewicht von einem steigbügel auf den anderen verlagert, um die richtung zu ändern

nun also in meiner großen drecksstadt**, wo ich bei der bvg-routenplanung zehn minuten brauche, um zu verstehen, ob die s1 ausfällt. oder doch nicht? und warum?***

* wien ** berlin *** nur eine andere taktung, das steht aber nirgends

innerhäuslich/5

gegen neun schrecke ich hoch, weil ich denke, dass ich arbeiten muss. oder überlegen, ob ich noch zu krank bin, um womöglich eine entsprechende verlängerung anleiern zu müssen. mein herz rast, ich wundere mich, dass der wecker nicht funktioniert hat. bis mir klar wird, dass heute sonntag ist. gut so.

der selbsttest ist vorwiegend negativ, also nur sehr schwach positiv, aber eben doch auch noch ein bisschen positiv. insgeheim hatte ich gehofft, heute zum freitesten gehen zu können, gleich nach dem kaffee. damit ich morgen mal ein paar sachen einkaufen gehen kann und überhaupt, mal raus hier. oder ja, arbeiten natürlich. wobei mir jetzt gerade gar nicht so ist. kopfweh und schwindel, leichter druck auf den ohren, wie eine glocke. dazu dieser keuchende husten, wie ein alter, müder hund. aber nur gelegentlich und gänzlich unergiebig, vermutlich wegen trockener kehle oder so. immerhin: der geschmacksinn scheint langsam zurückzukommen, der geruchsinn folgt hoffentlich bald.

alles okay, im grunde. so ist es gut.

ich stelle fest, dass ich seit über einer woche zurück in berlin bin und bislang noch gar nichts von berlin wahrgenommen habe. die fahrt von gesundbrunnen hierher zurück, das übliche gedränge. ein kurzer weg ins direkte umfeld, zum essen und tanzen, vermutlich schon hochinfektiös. ja, der test war da noch eindeutig negativ, und ich scheine dennoch niemanden infiziert zu haben. dann die kurze fahrt zum testzentrum und zurück. berlin war das nicht, nur das, was eben ist, da draußen. ich fühle endzeitstimmung, aber vielleicht ist das nur in mir.

berlin ist außerhalb, und ich frage mich, wie lange das schon so ist. ich erinnere mich, wie berlin in mir war, damas, als ich noch gar nicht hergezogen war. wie sehr mich berlin hergezogen hat. das ist vorbei, aber so ist das eben mit der liebe. sie vergeht.

alles vergeht. die liebe, wie das virus, wie auch ich. wie alle, damit kann ich leben.

neuköllnalltag

die heizung ist aus und die balkontür steht offen, den ganzen tag schon. von draußen dringen gentrifikationsgeräusche herein, rollkofferrollen und gehämmer. penetrant ist die dielenschleiferei von gegenüber, die vor drei stunden eingesetzt hat. eigentlich vor drei tagen schon, aber die sind wohl immer noch nicht fertig. und es ist ja nicht so, daß ich das nicht auch gemacht hätte, gleich als erstes, als ich vor acht jahren herkam.

babylon

gestern abend kurz vor elf vom südstern aus die weserstraße nach hause geradelt. da war es voll wie nie, überall. zwar wegen den 48 stunden, aber dennoch. bemerkenswert. menschen und musik, zum teil auch in den nebenstraßen. fahrräder überall, an jedem baum an jedem straßenschild angebunden. bierflaschen und bordsteinsitzgelegenheiten. licht in den fenstern und alle paar meter eine neue sprache.

das gewirr endet, genau eine straßenecke vor meiner straßenecke. noch bin ich jenseits der gentrifizierung, so gerade eben.

ein wenig blöd komme ich mir vor, weil ich durchfahre, nach hause will. aber ich bin müde, lausche nur hier und da, im vorbeifahren. ob ich zu den alteingesessenen neuköllnern gehöre? weil ich schon seit fast sieben jahren hier bin? oder wegen meines alters vielleicht. keine ahnung, aber jung und kreativ bin ich ganz sicher nicht. noch ist wohl offen, wo ich hingehören werden. im zweifel hocke ich sowieso immer zwischen allen stühlen.

später, nachts gegen zwei, setzt etwas entfernt, aber dennoch gut hörbar, das gegröle ein. besoffenes männergebrüll, in berliner sommernächten nicht unüblich. und hier in neukölln besonders verbreitet. aber das gab es hier immer schon, soweit ich weiß.

gewitter

ich mag das ja, wenn der baum vorm haus sich in wind und regen so stubbelt wie krause petersilie in meiner hand, wenn ich sie nach dem abwaschen ausschüttle.

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