am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

#insight

die menschenleere wird immer größer, tagelang treffe ich niemanden, nicht einmal unterwegs, beim bäcker oder im bioladen. oft rede ich auch lange nicht, nicht einmal mehr zu mir selbst. oder nur stumm, in meinem kopf, der ist kein echoraum, nein. er ist eine resonanzmaschine, die mit den worten würfelt und neues leben erschafft. aber eben nur für mich, ich kann es nicht mehr mitteilen.

schon seltsam, wie nach einem jahr nur alles verschwunden ist. die menschen vor allem. weil sie andere verabredungen treffen oder verpflichtungen eingehen, die mich nicht einschließen. café, tango, theater. oder weil sie am anderen ende der stadt wohnen, wo ich ohne öffentliche verkehrmittel gerade nicht hinkommen. manche auch einfach, weil ich sie nicht mehr will. weil sie zu abgedreht den derzeitigen öffentlichen diskursen anheimfallen, ich weiß nicht warum.

ich bemühe mich, das nicht mehr zu tun. diese fürcherlichen debatten, ich will darüber nicht reden. nachdem ich ende letzten jahres erleichtert aufgeseufzt habe, als es endlich einen und mehr impfstoff/e gab, kann ich die aktuelle entwicklung kaum noch ertragen. ganz persönlich nicht ertragen, ich weiß einfach nicht, wie lange ich das noch schaffe. auch darüber will ich nicht mehr reden.

ich will auch nicht spazieren gehen. ich bin längst nicht mehr zumutbar. dabei hätte ich soviel vor, voller freude. und voller menschen auch, freunde und andere, neue begegnungen. das wäre es für mich. jetzt.

das sei isolationsfolter, schrieb eine freundin neulich. ich weiß nicht, ob das nicht zu hoch gegriffen ist. aber die beständige körperliche abwesenheit von menschen ist tatsächlich eigenartig schmerzhaft. selbst wenn ich gar nichts mit ihnen zu tun habe, nicht mit ihnen rede oder sonstwie kommuniziere. dann sind es doch ihre körper, die schwingen und wehen. bewegungen, die ich auf der haut spüre. oder auch tief in mir, manchmal. da ist resonanz.

normalerweise. doch seit wochen, seit anfang des jahres ist nun alles noch einmal viel weniger geworden. ich brauche keine kontaktreduzierung mehr.

ich bin schon auf null.

#insight

es geht in schleifen, jede schlaufe reißt mich ein wenig tiefer. mit wucht in meine vergangenheit. ich weiß nicht, wie lange ich das noch. von mitte märz, durch den sommer, bis ende oktober habe ich einfach viel gearbeitet. nur noch gearbeitet, nur so konnte ich alles ignorieren. die last und verzweiflung, die wiederkehrende hoffnungsleere.

jetzt kann ich nicht mehr, arbeiten vor allem. ich bin leer, wie mein leben, blind für die welt. (die bildschirme.) zuletzt drehen nur die räder weiter, immer weiter. schaufeln mir klarheit ins nichts.

also macht was ihr wollt. für mich ist es zu spät.

#insight

schuldzuweisungen und besserwisserei, das ist schlimmer als impfschwäche und angst zusammen. und es häuft sich, immer mehr, besonders im sozialen verflecht. dabei ist es reine zeit- und kraftvergeudung, durchaus verständliche weltverweigerung, ja, aber unerträglich. ich reagiere, ich wende mich ab. nicht immer gern, aber zwangsläufig dann doch. wortlos, weil auch das verschwendet wäre.

so hat diese zeit ihre folgen, vielleicht für immer. ich werde weniger kompromissbereit sein, dann. wenn es wieder worte gibt, freie luft und ein leben. schärfe ist wichtig. klarheit von der art, die alles durcheinanderwirft.

jetzt

warten auf den frühling, der nichts ändern wird.

#insight

ganz egal, welche art von maßnahmen demnächst entschieden werden.

es ändert doch nichts daran, dass das einzige wesen, das sich mir seit mitte märz 2020 spontan und fraglos körperlich genähert hat, der nachbarskater war. er kam am paketboten vorbei zu mir gelaufen, direkt in meine hände. das fell und das lautlose, nur spürbare schnurren, die großen offenen augen. katzenaugen, in denen menschen nichts sehen. überhaupt menschen, ich weiß gar nicht, ob es sie noch gibt.

außer die fünf oder sieben, die ich in den letzten zehn monaten tatsächlich gesehen und auch berührt habe. kurz nur, drei sekunden vielleicht. an die erinnere ich mich.

dunkel.

brutal

erst verschlafen, vermutlich den wecksender über eine stunde überhört. dann träge an die arbeit: schreiben. mehr habe ich nicht geschafft, obwohl deutlich mehr auf dem programm stand.

zwischendurch der aus wuppertal mitgebrachten büropflanze, die im zimmereck vor sich hinwuchert und die ich schon seit jahren schon vergeblich zu töten versuche, mit einem messer kurzerhand den längst an den rand gedrängten mutterkern herausgeschnitten und auf den balkon geworfen. dazu das jüngste kind ausgerissen, mit bloßen händen, so brutal kann ich sein. mal sehen, wie sich die verbleibende kinderzahl, drei, um genau zu sein, das überleben gestaltet. entweder sie blühen auf, alle, in dem nunmehr riesigen topf. oder sie fangen ein krieg an, bemühen sich, die lästigen geschwister zügig zu verdrängen. vielleicht sterben sie auch endlich, alle. ich bin gespannt.

in alles eingeronnen ist der mittlerweile beinah tägliche kampf mit der pandemibedingten alltagsquälerei, den rein hirngesteuerten wiedergeburten meiner kindheitsfolter vor allem. schon einmal war ich auf mich gestellt, über jahre und jahrzehnte, ohne zukunft, ohne welt. ich brauche ich das nicht, im grunde, nicht noch einmal. ich kenne das schon.

ich bin gläubig, stelle ich fest. ich glaube zum beispiel, dass das leben nicht endet mit der zerstörung des körpers. vor allem aus dem leid gibt es kein entkommen, weder im leben, noch im tod. am ende ist alles dreck. das hat mein vater mir erklärt, eines nachts, da war ich siebzehn: der einfachste weg sei es, in einen müllsack zu kriechen und von innen den eingang zuzuschnüren. später müsse dann nur noch irgendwer den dreck wegräumen.

siebzehn war ich also, als mein vater mich bat, den müll zu beseitigen, der er zu sein glaubte. gewundert hat mich das nicht, auch nicht erschreckt, nur überfordert. die grundidee war mir vertraut, seit jahren. nur hatte er nicht die kraft, nicht wie ich ihn kannte. ich dagegen. siebzehn war ich und habe es getragen, für ihn. auch das.

so war sie, meine familie. mein vater hat einen weg gefunden, dreizehn jahre später, seinen körper zu zerstören auf natürlichem weg. ich durfte ihm zusehen dabei, ihn tragen. soweit ich konnte.

auch jetzt trage ich es, seit fast genau zehn monaten. allein, wie mich das immer enger werdende corona-regelwerk zwangsläufig hinterlässt.

leben will ich so nicht.

#insight

am samstag den ganzen tag so ein montagsgefühl gehabt. kein wunder natürlich, wenn der freitag ein feiertag nach einem halbtag ist. silvester und heligabend sind ja irgendwie zwischentage, wie normalerwesie nur der samstag. und rosenmontag auch, wenigstens früher. im westen.

seit einiger zeit sage ich das so: im westen. damit bin ich dermaßen berlin, dass mir das ein bisschen peinlich ist. wo ich doch eigentlich immer mehr den eindruck habe, dass ich durch bin mit dieser stadt. durch und durch, irgendwie.

2021 beginnt mit miesester stimmung. zwar hat es geschneit heute, es ist sogar ein wenig davon liegengeblieben. das könnte das gemüt aufhellen, sollte man meinen. doch die welt ist, was sie ist, seit fast einem jahr. und es wird schlimmer.

ich mag keine illusionen mehr stemmen. vor wochen schon ist mir die zeit gebrochen, tief in mir habe ich den zusammenhang verloren. alles, was vorher war, ist verbrannt. ich bin noch da, doch mir bleibt nur noch, was früher war.

mein elender grund, über den ich nun doch wieder etwas lerne. ich dachte, damit sei ich durch, so weit es nur geht. jetzt weiß ich, dass es immer weitergeht. es hat mich nie verlassen hat. und wird mich nicht verlassen, wobei ich das durchaus begrüße.

das macht mich seltsam, vielleicht. so wie früher, doch da wusste ich von nichts. diese zeit dagegen, jetzt. macht mich ganz unten, ganz tief verzweifelt klar.

#insight

gestern zum ersten mal tief innen dieses bild, das eigentlich gar kein bild ist. ich kenne es, es ist vage und dumpf. es ist nicht in mir, aber auch nicht imaginiert. es ist erinnerung vielleicht, womöglich aber trügerisch.

es ist die sehnsucht danach, gehalten zu werden. nicht immer nur zu fallen, zu verlieren. es ist verzweiflung in reinform. kein gefühl, das sich durch eine umarmung besänftigen ließe. es ist immer. gefühle dagegen sind immer nur jetzt, und dann im grunde schon vorbei. das ist es nicht, es ist ewig.

mein grund und der boden, auf dem ich lebe. dass mich niemand halten konnte, auch nicht zu anfang. dass ich es allein schaffen musste, so schnell wie möglich. dass ich es geschafft habe, irgendwie. ich oder das kind, das ich war. dass ich somit selbst die schuld trage, an allem.

das ist es, was corona macht. es kocht mich klein. reduziert mich, auf das, was ich früher war. nur ohne angst. es macht aus mir die substanz, die in dieser welt nur für wenig taugt. so muss ich sein.

alles andere war illusion.

#insight

es wird immer enger, das ist deutlich zu sehen. fast alle stehen nicht unerheblich unter spannung, auf die eine oder andere art. das alles wächst auf überforderung und verzweiflung, ich weiß. aber es ist mitunter schwer zu ertragen.

die meisten besserwissern herum, bemühen sich, ihr persönliches erleben in ein umfassendes wir zu gießen. das ist respektlos. andere suchen nach der schuld und den schuldigen, legen oben auf die besserwisserei noch eine schicht wut, verachtung und unflätigkeit. das ist unverschämt und arrogant, dass ich mich kaum halten kann. doch ich sage nichts, ich weiß ja. das ist auch nut not.

sicher gibt es noch unzählige viele andere strategien, die im grunde alle ihre berechtigung haben. weil sie helfen, vermutlich. aber diese beiden nerven am schlimmsten. mich zumindest. die verursacher sortiere ich weitgehend weg aus meinem engeren netzumfeld. zum glück gibt es solche kaum in meinem lebensnahen umfeld.

überhaupt ist es viel leichter, direkt zu kommunizieren. das eigene mag sich verlieren, dafür wird alles lebendig. wenn begegnung möglich ist. zum glück gibt es keine leugner in meinem umfeld, weder im netz noch sonst. das wär grad echt mir zuviel.

was alle gemein haben ist, dass sie jetzt rechnen und zählen. seit die impfpläne bekannt sind. alle reden nur noch in wochen oder monaten, die sich noch zu warten haben. bis alles wieder normal ist. ha!

wenn eines zerstört worden ist in diesem jahr, dann sind es wohl die illusionen. die träume und vorstellungen von der welt. an dem punkt höre ich nur gelächter, das ist alles. und das wird sich nicht rückbilden. dagegen hilft keine impfung, nur blindheit.

ps ich rechne auch, ja. vermutlich bin ich etwas früher an die reihe als die sogenannten normalen. vielleicht im mai, aber auch das dauert noch. wenn da draußen nicht langsam alles ein wenig zur ruhe kommt, dann sitze auch ich noch monate hier. allein, bei allem, was ich tue. oft tagelang. mein ganzes leben ist leergefegt, seit mitte märz 2020. angst macht mir aber vor allem die vorstellung, dass vielleicht in drei monaten oder so überall wieder die post abgehen könnte. weil dann die alten nicht mehr sterben und die jungen den mist ja locker wegstecken. wenn in dem moment alles in taumel verfällt, dann könnte es für mich zum ersten mal richtig eng werden. weil es draußen womöglich doch zu gefährlich, drinnen aber absolut nicht mehr auszuhalten sein könnte. nach über einem jahr.

was dann?

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