am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

… ich ist nur ein brauchbares Wort für jemanden, den es nicht wirklich gibt.

Virginia Woolfe, Ein Zimmer für sich allein

(das ist es, was ich hier tue, was ich habe. geld genug für einen eigenen raum zum schreiben. und das richtige buch zum jahreswechsel, jawohl.)

schreibzeit (34)

die kleine stadt ist gemein zu mir und hält heute alle passenden cafés geschlossen. nix mit arbeitsgemütlichkeit und menschen um mich herum. ihre gegenwart, ihre stimmen und geräusche, ohne dass ich etwas mit ihnen zu tun haben muss. und lecker kaffee und frühstück noch dazu.

na gut, so außergewöhnlich ist das nicht, schließlich ist heute ein irgendwie besonderer tag. wenn auch nicht für mich, mir ist es egal, ob nun 2019 oder 2020 ist. dieses jahr war eines der übelsten meines lebens, und es gibt keine veranlassung zu glauben, dass ein neues jahr diesbezüglich irgendetwas besser machen würde.

und am 25. januar dann beginnt das jahr der metallratte. klingt auch nicht so dolle.

aber in berin sieht es sicherlich kaum anders aus mit den cafés, davon gehe ich aus. alles zu, auch die kleinen, feinen restaurants bei mir in der gegend. mir wäre also auch dort kaum etwas geblieben als zügig zu arbeiten. so wie hier. und das soll ja auch so sein in einer schreibzeit.

allerdings war ich damit am schon nachmittag fertig, da war es noch hell. und jetzt?

im kino war ich schon. ich hätte einen anderen film gebraucht, einen zum heulen. aber der milchfilm ging auch, irgendwie stämmig. es ist ewig her, dass ich allein im kino war. früher war das mal meine einzige zuflucht.

in berlin wäre ich auf eine party eingeladen, das könnte ich sogar noch schaffen. aber was soll ich da? in berlin überhaupt, in pulverdampf und kriegsgeschrei. obwohl es auch hier fleißig knallt und scheppert, nur nicht so nah.

am besten ich fange noch schnell an, das richtige buch zu lesen, denn das soll wichtig sein zum jahreswechsel. das habe ich gerade erst erfahren: das buch, das man zum jahresende liest offenbart das schicksal des folgejahres.

vielleicht gehe ich raus um punkt zwölf. allein durch die nacht, um abschied zu nehmen. (von diesen scheiß-2019!) ein altes ritual, das ich mich jahrelang entweder nicht getraut habe, im berliner silvesterkriegsgebiet. oder aber sonstwie keine gelegenheit dazu hatte.

vielleicht auch nicht.

bonding (84)

was soll ich sagen. läuft. weil ich kein großen aufhebens darum mache. es nicht druckfertig schreiben will. nur die fehler ausmerzen und die linie verdeutlichen.

ob sich das alles stimmig in die über 300 seiten einfügt, kann ich nicht wirklich sagen. dazu fehlen mir her die mittel. zum beispiel habe ich keinen komplettausdruck dabei, zuviel papier.

aber das ist gut. gut genug zumindest. wenn ich eines gelernt habe, in der zeit, den jahren, in denen ich tief in diesem manuskrip verschwunden bin, dann das: dass so manches, das meiste eigentlich auch erstmal gut genug ein darf. alles andere kommt später und ist dann sogar leichter. da bin ich sicher

für morgen bleiben jetzt noch schlappe acht seiten, dann bin ich durch. also dieses jahr noch.

danach habe ich also entweder frei. oder ich könnte den binnenteil für kapitel zwanzig schreiben. damit wäre ich mal wirklich up to date.

hieroglyph

wieder spät aufgestanden, wenn auch früh aufgewacht. mehrmals sogar. das erste mal kurz nach sechs, das zweite mal gegen acht. um zehn dann hoch, ziemlich genau. das war gut, das hat gereicht. die brille zumindst ist gerichtet.

zufällig mit der tram bis genau zu dem englischen café gefahren, das dann aber leider geschlossen hatte. alle machen hier offensichtlich zu über weihnachten und neujahr. auch die beiden anderen, die ich immer schon mal ausprobieren wollte. im holländischen viertel, ein paar schritte weiter, gab es möglichkeiten. aber leider alle völlig überfüllt, tourismus halt. nix für mich.

dass ich dann bei starbucks gelandet bin? peinlich, das verrate ich hier lieber nicht. arbeiten kann man nämlich auch da. unter erschwerten bedingungen zwar, aber egal.

wattige schäfchen sind den ganzen tag lang über den himmel der kleinen stadt gewandert. dazwischen die sonne. im vergleich zu gestern war es sogar angenehm warm, weit über null. dass man hier durchaus auch zu fuß gehen kann, das habe ich heute begriffen. zuvor bin ich nie darauf gekommen, immer hatte ich ein rad. aber es geht durchaus, wie in wuppertal, damals. angenehm.

es hilft alles nichts, ich werde wiederkommen. müssen. egal, ob zum paddeln im sommer. oder früher, um ein neues projekt anzuwerfen. also vielleicht zeitgleich, vielleicht beides. ich muss.

gestern habe ich außerdem gesehen, dass das neue papyrus schreibprogramm, version 10 da ist. und, oh wunder, es ist endlich auch einigermaßen ansehnlich, beinah modern. die icons immer noch ein bisschen groß und ein bisschen bunt. aber das wird gehen, denke ich.

so ist wohl auch diese entscheidung getroffen, endlich. zwar für die teuerste alternative, elbst ie ugrades kosten ziemlich. aber eben auch die beste lösung, mit der ich schon immer geliebäugelt habe. es ist einfach zeit, auch dafür.

das habe ich heute bei der arbeit heute gleich massiv gemerkt. wie gern hätte ich die binnengeschichte, an der ich gerade sitze, innerhalb der fast 330 normseiten irgendwie kennlich machen können. die übersicht über so viel text in word ist einfach zu gruseig, bzw. nahezu nicht vorhanden. die übrsich tin meinem hirn ist besser, kommt aber auch so langsam an ihre grenzen.

jetzt muss ich nur noch sehen, wie ich das finanziere. wie gesagt, billig ist das nicht. aber sicher von der steuer absetzbar. also okay.

schreibzeit (33)

das kleine „Lukas Café“ hat was, auch wenn sie innen mit einem unsäglichen „Luka’s Weinhnachtsangebot“ aufwarten. ziemlich verpeilt sind sie auch. erst vergessen sie, mir besteck zum lachs zu bringen, später dann den bestellten kuchen zum cappucino. der kaffee aber: hinreißend gut. besser als in dem anderen. vielleicht steht da ein wechsel an. (obwohl ich gar nicht weiß, ob ich noch einmal herkomme.)

die zwischen der arbeit belauschten gespräche waren denen in meinem heimischen café beängstigend ähnlich. student*innen und freiberuflerisch tätige menschen auf verzweifelter wohnungsuche, altfeministinnen bei der männerverteidigung und verhaltene arbeitsgespräche über anstehende projekte für die eine oder andere neue agentur. dazwischen die eltern-, bzw. großelterngeneration. menschen, die man nicht belauschen kann. sie sind zu leise. und ein schweigsamer hund, fast so schweigsam wie ich dieser tage. der gehört wohl zum café. nett.

in der dämmerung an die arbeit. es ist viel geschafft, viel mehr als erwartet. viel mehr auch als nötig, rein rechnerisch betrachtet. aber rechnen lässt sich text ja nie.

ich bemühe mich, nicht ins detail zu gehen, nur die grobe fehler zu bereinigen. also inhaltliche korrekturen und ergänzungen. seltamerweise arbeite ich nicht chronologisch, sondern ziehe manchmal teile vor, die nicht so viel aufmerksamkeit brauchen. ein wenig habe ich angst, dass mir so doch wieder alles durcheinandergerät. aber eigentlich sollte das nicht passieren. es sind nur gut sechzig seiten.

nicht siebzig, wie ich neulich meinte. text rechnet sich schlecht, da hatte ich mich verzählt. und jetzt gerade schon wieder, weil ich eben erst zwei seiten zusätzlich geschrieben und eingefügt habe. also zweindsechzig.

wenn ich also richtig liege, bleiben so etwa zwanzig. das heißt, wenn ich nicht doch besser die zwei neuen seiten noch einmal durchsehe. morgen. dann sind es zweiundzwanzig. alles morgen, denn heute waren es ja auch fast vierundzwanzig. wenn ich mich nicht verzählt habe.

was alles sowieso nicht stimmt, denn die letzten neun seiten widerum haben es in sich. da muss viel geändert werden. bei den ersten sechs auch. oder so ähnlich.

ach, egal! ich schreib einfach weiter, morgen in der dämmerung. am vormittag werde ich runter in die stadt fahren, um meine brille richten zu lassen. das heißt, wenn ich früh genug aufwache. das ist auch nicht weiter, als wenn ich dazu bis wilmersdorf fahre, von neukölln aus. vermutlich näher. vielleicht hat ja auch das englische café auf. mal sehen.

bonding (83)

schreibzeit ist gut, fürs schreiben vor allem. für mich wohl eher weniger diesmal, aber abwarten. bin ja gerade erst angekommen. und habe zwei nächte hervorragend geschlafen, immerhin.

kapitel zwanzig ist durch, ich hatte es die tage schon irgendwo erwähnt. gleich am freitag habe ich mich daran gesetzt. es war nicht weiter schwer, es bis zur ersten lesbarkeit durchzuarbeiten. so kann es jetzt abgelegt werden, bis zum lektorat. oder bis zur agentur zumindest. auch hier: abwarten.

gestern dann mit voller fahrt in die binnengeschichte. einfach vorne anfangen und durch. es ist seltsam, diesen frühen kapiteln wiederzubegegnen. wochen und monate habe ich damals damit verbracht, verzweifelt mitunter. verunsichert. tief in den text habe ich mich geschraubt, und das merkt man. ziemlich verschraubt, hier und da. so seh, dass ich es jetzt selbst kaum noch verstehe. (dass die agentur das so „gekauft“ hat … )

ich fege nur schnell drüber, diesmal. putze an manchen stellen etwas gründlicher und streiche viel. wichtig sind vor allem die inhaltlichen änderungen. auf den ersten siebzehn seiten war das nicht viel, dennoch hat es ziemlich gedauert. und am ende hatte ich insgesamt zwei seiten mehr, trotz der vielen streichungen. das wundert mich immer wieder. (hat aber wohl vor allem mit den großen absätzen an den kapitelenden zu tun.)

später geht es weiter, wenn es dunkel ist. bin gespannt.

jetzt ist es hell, die sonne scheint. das heißt, dass es ist wohl ziemlich kalt ist. ich gehe dennoch eine kleine runde und dann zu diesem „Lukas“. bin gespannt.

dunkle stille

es ist still in der kleinen stadt, dass ich das immer wieder vergesse. dabei ist es nicht nur still, weil ich mich hier im hinterhof befinde. es ist, weil die menschen fehlen. die massen, die sich durch neukölln bewegen, tag für tag. natürlich ist außerdem wochenende, das sollte ich nicht vergessen.

es ist kalt, aber nicht zu kalt. kein regen und nicht zu viele wolken, also fast ein wenig sonne. solange es hell ist, bin ich zufrieden. dann kenne ich mich aus. dunkelheit im zusammenspiel mit kälte, das behagt mir irgendwie nicht. keine ahnung, warum. sonst ist mir das egal aber hier. und die dunkelheit kommt früh, zu früh.

den samstäglichen wochenmarkt habe ich verschlafen, da hatte ich eigentlich hinwollen. käse, wurst und brot. hab aber nur noch gesehen, wie der letzte stand zusammengeräumt wurde. naja, es gibt supermärkte, die haben länger auf.

ganz in der nähe ist dieses kino, das ein programmkino ist. hat mir neulich in berlin erst eine aus potsdam erzählt. das war mir noch gar nicht aufgefallen, aber tatsächlich ist das programm dort immer vielfältig und interessant. drin war ich noch nie, aber diesmal gäbe es sogar einen film für den silvesternachmittag. irgendwas bäuerliches, mit milchkriegen.

noch ein paar schritte weiter: das café, in dem ich vor zweieinhalb jahren saß, um die dreißig seiten rohmanuskript zu prüfen, die jetzt auf über dreihundert angewachsen sind. es hat tatsächlich geschlossen. auf der suche nach ersatz habe ich ein „lukas café“ gefunden. gleich um die ecke, ich muss schon hunderte von malen daran vorbeigelaufen sein. mit K, aber egal. wie cool ist das denn? mal sehen, ob das hält, was der name verspricht.

es ist dunkel, lange schon. ich habe viel gearbeitet, jetzt ist es spät. die stille dunkelheit macht mir eine seltsame angst. ich bin hier nicht zu hause, ich lebe nur da. für ein paar tage.

wenn es dunkel wird, fange ich an zu arbeiten. ob das hilft?

dazwischen

kontrastprogramm zum schlafen hier bei meinem letzten aufenthalt: über acht stunden, nahtlos bis kurz nach elf. mit träumen, die mich zwischen die inseln getrieben haben, zwischen boden und wetter auch, zuletzt allein übers wasser. auf einer luftmatraze, völlig verloren. orientierungslos, so ist die welt zwischen den jahren.

da bin ich dann doch lieber aufgewacht. seitdem wiederkehrende migräneaura rechts. buntes flirren und leere flecken im blick. aber migräne habe ich ja nicht mehr. eigentlich.

schreibzeit (32)

spät angekommen in der kleinen stadt, da war es schon dunkel. aber es ist winter, da ist immer alles dunkel. kurz einkaufen gewesen und die wohnung, den schreibtisch eingerichtet. keine große sache. dann an die arbeit, hier ist ja nichts anderes. so schnell kann es gehen mit dem kapitel zwanzig. war aber auch gar nicht so schlimm, ging relativ schnell.

so kann ich morgen wie geplant an die binnengeschichte. ein wenig finde ich das überraschend. in mir ist fast keine substanz mehr, kein saft. nichts menschliches, nichts eigenes. aber so soll das wohl.

hier ist alles wie immer, ich kenne den ort ja schon, weit über ein jahr jetzt. nur ist hier keine freude mehr, wie zuvor bislang immer. hier lauert noch der schmerz und die schlaflosigkeit von ostern, die sich unmittelbar daran anschließende verlassenheit, die mich die allerletzte kraft gekostet hat. bis ich fast gar nichts mehr konnte, den einen oder anderen morgen kaum mehr drei schritte.

lange her. alles im leben ist illusion, besonders die menschen, denen man begegnet. die wirklichen und die, die man sich ausdenkt. nichts hat bestand oder bedeutung. das zu wissen, in jeder sekunde. ob ich dann noch leben wollen würde? keine ahnung, vermutlich nicht. aber arbeiten, schreiben. immerzu.

hier ist es gut. hier ist auch das grobe konzept entstanden, so ab der mitte des manuskripts. das war wichtig, ein meilenstein, ebenfalls zu ostern. in den schlaflosen nächten, im halbwahn habe ich das zusammengesponnen. fast alles davon ist inzwischen umgesetzt, nur ein kleiner aspekt fehlt noch. (übernächstes kapitel.) diese verdammte binnengeschichte ist ein anderes verdammtes ding, leider. das muss einfach nur.

möglich, das ich nicht mehr herkomme, denke ich gerade. das buch wird fertig sein, irgendwann in den nächsten drei monaten. ich könnte im sommer ein paar tage von hier aus mit dem boot auf die nuthe oder so. also ganz ohne schreiben. unvorstellbar fast.

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