am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

#insight

der sommer ist da, die menschen sind zurück. viele menschen, junge menschen, und sie sind laut. sofort möchte ich weg hier, diese wohnung nehmen, als wäre sie mein körper, und mich darin fortbringen. in meine schöne, ruhige schreibgegend vielleicht, wo es nicht menschenleer sein wird, um diese zeit, jetzt. aber doch ruhig, sogar das licht.

dabei ist heute erst dienstag. dabei ist gerade erst juni.

auch das virus kocht sich hier auf, heimlich, still und leise. noch ist es eingesperrt, aber das ist eine gute gegend. so viele menschen, die sich ahnunglos geben. ich werde tief atmen müssen. und lachen und träumen, damit sich das zurechtrückt in mir. ich werde zu hause sein, die meiste zeit. wie in den letzten wochen und wochen und wochen. ich werde auf dem balkon tanzen, ab und zu mit dem boot fahren oder dem motorrad, und ich werde arbeiten bis spät. so viel arbeit, immerzu.

danach werde ich schreiben, endlich wieder. auch das ist arbeit, aber das zählt nicht. das ist glück. auch das sind nächte. wirkliche nächte, verbracht in den worten und wahrheiten. im unfassbaren. so waren meine nächste von anfang an.

drei bis vier menschen werde ich gelegentlich treffen, so wie immer. ich werde sie begrüßen wie immer, wenn es geht. ob ich tango tanzen werde, weiß ich noch nicht. aber ins büro werde ich gehen, nächste woche, wenn die begegnungsbeschränkungen auch in berlin aufgehoben sein werden. fürs erste.

doch neue menschen, fremde menschen, die zu vertrauten werden, wird es nicht geben. das ist schade.

es wäre an der zeit.

bonding (113)

gerade ist einfach nicht die zeit zu schreiben. ich muss arbeiten, einerseits im büro, auch wenn das immer noch hier bei mir zu hause abläuft. andererseits sitze ich mitten in einem mächtigen übersetzerding. langweilig und langwierig, gerade deshalb gefährlich. da gibt es nichts nebenbei, keine träumereien. nur ein bisschen bauen und ordnen vielleicht. das hilft auch fürs gemüt.

schreiben wäre besser. ich weiß, dass es nicht außer reichweite ist. ich muss nur aufsehen, dann sehe ich. aber ich soll eben nicht, ich mache nit einmal notizen. das könnte ein fehler sein, aber es würde mich hinaustragen. hinein in den text. das geht nicht, das muss ich vermeiden, noch vier bis sechs wochen vielleicht.

dann wieder, wenn ich nur denke, nicht aber sehe. dann denke ich, dass alles nur banal ist, was ich da geschrieben habe, über zwei, drei, sieben jahre. dass es keine tiefe hat, keine welt, nur eine einfache geschichte. so wie alles. das ist doch nichts.

das ist nicht neu.

den tag mit scherben begonnen. eine kleine müslischale aus glas ist in stücke zerfallen. nicht tief, dreißig zentimeter vielleicht. wenn überhaupt. aber viele stücke glas waren das, winzig zum teil. glassplitter, nadelscharf. was für eine freude, eine schönheit.

dann viel getan, wenn auch viel zu spät. alles. aufgestanden bin ich erst so gegen elf, als der postmann klingelte. das ist ja her selten in letzter zeit. leider.

übersetzt, aber nicht genug. unzufrieden. den balkon gegossen, später dem regen gelauscht. ja, ich muss gießen, auch bei regen. mein balkon ist ein zimmer, er hat zweieinhalb wände und ein dach. wunderbar. den müll entsorgt, das ist wichtig, das vergesse ich gerne. das steht manchmal sogar auf meiner liste der wichtigen dinge. peinlich. anschließend neue griffe an den schreibtisch geschraubt, ein zufallsgeschehen. muschelgriffe, die ich eigentlich für etwas ganz anderes gedacht hatte. sehr fein. zuletzt den neuen tv-receiver eingerichtet, der gestern schon angekommen ist. das war überraschend einfach. im grunde brauchte ich ja nur dieses gerät, das nebenbei noch aufnahmen machen kann. jetzt habe ich zusätzlich fast überall so ein gestochen scharfes hd-bild. ich weiß nicht, ob ich das mag.

so schaue ich jetzt in die usa, gestochen scharf. es ist zeit, es ist sowas von zeit, für das, was dort jetzt geschieht. es ist gut und richtig und nötig. es wichtig, es muss sein. endlich. und ich würde rasen vor überwältigung, mich totfreuen unter anderen umständen. wäre da nicht dieses virus, das immer noch überall überall mittanzt. das ist nicht gut, das ist nicht gut, so denke ich die ganze zeit. das ist absurd.

doch es geht nicht anders. und ich verstehe, dass menschen dieses risiko außer acht lassen, also ihr leben vielleicht riskieren. weil ihr leben ohnehin bedroht ist.

ohne rücksicht. ich verstehe das gut.

das bad ist fertig, endlich. noch ein bisschen was mit silkon am fenster, dann ist mal gut. weiter geht es dann in der küche. da muss so einiges repariert werden. vor allem der wasserhahn, da hab ich mich vor drei jahre oder so wohl ziemlich in der qualität vergriffen. der ist schoicht und einfach durch und trieft vor sich hin. das ist nicht lustig.

das bauen wird besser, also geht es insgesamt besser. das atmen mit dem, was ich tue. und ich tue viel, ich glaube es kaum. den ganzen tag bin ich am rennen und tun eben, am ende habe ich dennoch das gefühl, kaum etwas erledigt zu haben. ach, es ist immer zu wenig zeit in so einem tag. und morgen ist schon wieder samstag. richtig?

richtig. und morgen ist ein übersetzerarbeitstag, das darf ich nicht vergessen. obwohl da so viel anderes. wartet. und wartet.

einiges ist aber auch abgehakt. der stromanbieter ist gewechselt, der mobilfunktarif überarbeitet, ebenso der festnetztarif mit besserer netzleistung für dasselbe geld. dann noch einbisschen was mit dem tv-anbieter. jaja, so etwas habe ich noch, da bin ich richtig altmodisch. obwohl: eigentlich kommt das mit der wohnung, isg in der miete mit drin. ich hab nur so ein empfangsgerät zugebucht, weil mein fernseher so alt ist, dass er das nicht alleine kann.

das war mal zeit, dass das abgehakt sein kann. so ein zeug nervt ja mehr als man so denkt. als nächses dann die ärzte. nichts wichtiges eigentlich, zum glück gibt es da nichts derzeit. aber rezept für eine brille wäre schon gut. gestern erst ist mir eine, die sicher über zwanzig jahre alt war, in gesicht zerbrochen. also, das gestellt, nicht das glas. (gläser aus glas, jawohl.) die war zwar alt, aber für den bildschirm hat sie in letzter zeit richtig gut funktioniert. und physiotherapie, das merke ich jeden morgen, muss eigentlich auch wieder mal sein. dringend sogar.

bonding (112)

am ende des schreibens ist immer entzug, im körper, im geist und im sein, mit allen dazugehörigen erscheinungen. das eigene leben stellt sich als ruine dar und genau so ist es: gebrochen, entkernt, ruiniert.

nein, es geht nicht anders. ich gibt keinen anderen weg. es muss so sein, für mich, ich muss von der eigenen substanz erzählen, sie ausschöpfen bis aufs letzte. ohne jedoch sie oder auch nur mich letztendlich dabei zu verraten. das ist nicht nötig. am ende bleibt sowieso nichts, dann ist es auserzählt. das ich.

an dem punkt ist unklar, immer wieder, wie hoch der preis sein wird. was sie mich kosten wird, die verstörung in der welt, die dann zutage tritt. wenn das schreiben zuende geht. keine ahnung, wie ich das begleichen soll. oder will. ich persönlich, denn ich allein habe das verbrochen.

und es hilft auch nicht, dass die welt derzeit ohnehin kaum wiederzuerkennen ist. doch das gilt für alle, da will ich nicht maulen.

trotz allem muss ich natürlich wieder ran an den text, wann auch immer. besser bald, dass ich ihn nicht doch noch verliere.

bislang das wochenende damit verbracht, text von einhundertsechsundzwanzig webseiten zu erfassen und in einhundertsechsundzwanzig word-dokumenten zur übersetzung aufzubereiten.

jetzt ist mal gut, jetzt ist mal feierabend. irgendwie.

auch nee, quatsch. genaugenommen geht der spaß ja jetzt erst richtig los.

#insight

das eine virus ist auf dem rückzug, hier auf jeden fall, unmittelbar um mich herum. in der großen stadt geht das leben langsam wieder los, und es ist fast, als wäre nichts gewesen. einstweilen zumindest. ganz europa scheint diesbezüglich ähnlicher stimmung zu sein, oder aber kurz davor. es wird über urlaubsreisen geredet, über wirtschaft mit WUMMS.

doch ich will nicht unken, auch mich freut das. ein wenig. nicht, dass ich mich nun überall rücksichtslos herumtreibe, selbst in meinem stammcafé war ich noch nicht. im innenraum zumindest, da weiß ich nicht so recht. die kneipe gegenüber hat wieder auf, verteilt außen tische mit abstand weit über den bürgersteig. auch das freut mich. gestern abend bin ich durch fast die gesamte neuköllner partystraße geradelt, an der ich wohne. so gut wie alles ist wieder auf, die imbisse und restaurants, die eisläden und bars, die spätis sowieso, immer. es ist wieder voll, aber nicht so überfüllt wie üblich im sommer. es gibt wohl doch noch keine gäste aus europa, scheint mir okay so. obwohl ich nicht sicher bin, ob ich derzeit vor einer bar so dicht beisammenhocken wollen würde. wohl eher nicht. aber beim friseur war ich, ein maskiertes abenteuer. und ich würde mich auch mehr freuen, wenn ich mal ein bisschen fundierte info zum thema schulen und kitas, pflegeheime und krankenhäuser, hochgefährende arbeitsbereiche usw. hören würde. ob es da überhaupt schon konzepte gibt.

ich selbst hänge mit meinem brotberufs-homeoffice auch immer noch in der luft. vor allem, weil mich noch kein konzept erreicht hat, wie das büro vor ort ab jetzt funktionieren könnte oder soll. aber das ist recht nebensächlich, es geht ja auch so. inzwischen. alles hat sich zurechtgerüttelt. die arbeitsprozesse haben sich zwar nicht verändert, aber es sind elemente hinzugekommen. dass es einen balkon gibt zum beispiel, auf den ich kurz mal rausgehen kanne. oder dass der wäscheständer neben mir steht und ich schnell mal zur abwechslung und zum denken die wäsche zusammenfalten kann. auch das radio, das vor allem.

sogar das alleinsein gefällt mir mittlerweile wieder, vielleicht sogar mehr denn je. jetzt, wo es wieder menschen gibt. ich sehe sie, ich höre sie, sie sind da.

dann ist da noch das andere virus, uralt und wohlbekannt, global vertreten natürlich. längst. eingewachsen in die menschheit, das menschsein womöglich. ein schrecklicher gedanke. niemand hat bislang ein gegenmittel gefunden, in jahrhunderten nicht, jahrtausenden vielleicht. doch jetzt, immerhin, stellt sich die gesamte vernünftige welt auf die füße und läuft und schreit und schweigt und tanzt dagegen an. das ist besser als alles, das könnte ein großes ENDLICH sein.

gut, ich gebe zu: ich war nicht unterwegs heute, nicht zur demo am alex. ich bin zu hause geblieben, obwohl ich mir den termin fix notiert hatte. wegen des ersten virus vermutlich, den es ja doch auch noch gibt. es war dann auich voll dort, habe ich später gesehen. das dachte ich mir. und menschen in massen, die kann ich sowieso schon kaum ertragen.

ich versuche es nächste woche, mal sehen. da zieht sich das ganze womöglich ein wenig, wenn auch gelaufen wird. wichtig wär es ja. und richtig.

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