mein klagenfurt ist mir ja in diesem jahr mehr als nur privat geraten. was hier wirklich abging liest man am besten in der taz nach. (schaue der #tddl-kollegin dieser tage freudig beim arbeiten über die schulter.)
tagebau
keine klagen (22)
das wars, fast. in den letzten jahren saß ich ungefähr ab jetzt auf der straße, die mehr oder weniger menschenleer war, und wartete ein paar stunden auf den bus zum flughafen. diesmal fliege ich erst morgen, kann also in ruhe ausklingen lassen, was in mir tobt. oder auch nicht. nochmal zum essen, irgendwo, zum schwimmen, zum trinken. noch einmal menschen. die menschen, die noch hier sind, das sind nicht wenige. menschen, die ich inzwischen ein bißchen kenne, und die auch mich kennen, erkennen zumindest. ja, es wird leichter mit der zeit, auch wenn mir die wirklich wichtigen dinge letztendlich nicht gelingen wollen.
am morgen dagegen, gegen neun, lag das aufwachen in einem anderen land. tief verkrochen, mit einem klaren blick in den abgrund von anstrengung und unvermögen. als wäre der absturz gewißheit.
keine ahnung, wie es von hier aus weitergehen soll. (jetzt schnell wieder aufs rad.)
keine klagen (20)
schwimmen. ist doch jedes jahr das beste, auch wenn es diesmal im regen stattfand. ohne schwimmtier habe ich mich auf die lyrikstrecke gewagt, als einzige, und deshalb natürlich gewonnen. hat aber keineR gemerkt, zum glück.
die panik der letzten tage legt sich langsam. was verloren ist, ist verloren. und wieder rede ich nicht vom schreiben, sondern von dingen, die ich weniger kann. oder überhaupt nicht. das manko menschenscheu, das ich gleich sofort wieder mit füßen treten werde, um unter menschen zu gehen.
noch so eine nacht in klagenfurt.
keine klagen (19)
die nächte, ach, die nächte in klagenfurt. könnte ich klagen, ich würde klagen. und es wäre ein genuß. so viele nette menschen, die nette, schöne dinge sagen und auch tun. zum beispiel längst überfällige blumensträuße endlich überreichen. das ist klug. das steht an gegen die idioten, die es auch gibt. auch hier. offensichtlich.
jetzt. schon hier. schon vor ort, am hafen. mit netz und ohne doppelten boden. gleich gehts weiter. mit kaffee und milch.
keine klagen (18)
auf eigenartige nächte folgen eigenartige tage. mit dem mädchenhaften rücktrittbremsenfahrrad, den tangotauglichen, aber radfahruntauglichen schuhen und im geliehengeschenkten kleid, ebenfalls höchst ungewohnt, fahre ich als erstes mit der rechten schulter gegen eine mauerecke. die mauer bleibt stehen, die schulter wird blau, ich überlebe. alles. auch die mit dem alten barttrimmer meines vaters gestern nacht bereits kurzenschlossen geschorenen beine. die tragen jetzt einen dreitagestoppelbart, sozusagen. gefällt mir. alles.
das anschließende stundenlange herumlungern im lendhafen, hören, sehen, blättern, lesen, ist ebenso spannend wie entspannend. was allerdings nichts an der eigenen anspannung ändert, die wiederum nichts mit dem seltsamen kleidungsstück an mir zu tun hat. im gegenteil. ich mag die ungewohnten bewegungen, die einschränkungen, die ich mich derart gehasst zu haben erinnere. beschränktheit war es, früher, nicht nur fast eine gefangenschaft.
heute kommt es mir vor wie vorsicht, eine bedachtheit, achtsamkeit beinah. wie auch immer, es macht die angst nicht größer und nicht kleiner. das außen ist immer nur ein bild. einblicke dagegen bleiben schwierig. das dahinter, darunter, daneben. das unfaßbare, im leben wie im text.
ich bliebe sperrig in diesem jahr, das ein schmerzensjahr ist. der kiefer, der nacken, die schulter. kopf und herz sind eingeschränkt. dabei ist literaturlungern in der sonne derart abgründig und schön in klagenfurt.
keine klagen (17)
jede nacht am see ist anders. gut gegessen diesmal, kaum alkohol getrunken. besser so, besser für mich. viel reden, manches versuchen, dann in gedanken in kreisen über die wiese gehen. für eine weile, nur für mich. es hilft nichts. was verloren ist, muß für verloren erklärt werden. und ich rede jetzt nicht vom schreiben, nicht nur zumindest. ich denke an meine vertrakte menschenuntauglichkeit, die unfähigkeit, einen einfachen anfang zu machen. oder einen schritt weiter zu gehen.
doch alles das muß sein. und kreisen in der nacht, durch die gegenwart, die stimmen der anderen, ohne anzuhalten. nur die gedanken nach einer weile. stehen. das beruhigt.
keine klagen (16)
das ist nicht das jahr, in dem ich mich voll und ganz auf die texte konzentrieren könnte. so richtig geht das ja nie, auch am fernseher nicht. nicht einmal im studio, in das in diesem jahr kaum ein hineinkommen ist. zumindest heute war da keine möglichkeit, obwohl ich fast eine dreiviertel stunde zu früh ankam.
vor allem hindert mich en beständiger innerer aufruhr, der mir permanent etwas vorbetet. es ist zeit, sagt er. jetzt ist die zeit. sonst ist die zeit vorbei. laufen müßte ich oder rennen. vor angst. es braucht viel, es braucht viel mehr. oder auch nichts, gar nichts mehr, bis ich mich verliere.
mein gesicht, mein verstand. ist doch eh alles längst verloren. also bin ich bereit.