am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

keine klagen (45)

in meiner #tddl-blase gerät mir wie von allein alles rund um das G20-spektakel aus dem blick. das ist mir nicht recht so, und dennoch ist es irgendwie gut. rein subjektiv, versteht sich.

also ob nun eigenlöblerisch oder oberflächlich, wie man über die eröffnungsrede von franzobel gestern lesen konnte. besser ist es schon, man erinnert sich: wie viele autorinnen und autoren weltweit für ihre arbeit in gefängnissen sitzen. nicht weit, in der türkei zum beispiel. (#freedeniz und alle anderen.)

keine klagen (44)

am nachmittag wird es mir am lendhafen zu warm, dann kann ich nicht mehr denken. deshalb weiß ich nicht so recht, wie die letzten beiden texte bei mir angekommen sind. eher nicht so, aber das ist eine vermutung. die ersten drei waren mir auch nix, obwohl es natürlich unterschiede gab. morgen nachmittag wechsle ich also ins studio, hoffentlich klappt das. und das platzreservierungsgehabe mithilfe von programmheftchen wurde irgendwie eingedämmt. sonst nehme ich einfach ein handtuch mit. mal sehen, wie das kommt.

am lendhafen ist heute eine gelbe tasche aus dem jahr 2013 herumgelaufen. oder war gelb 2014? ich weiß nicht mehr, aber meine ist jedenfalls weg. dachte ich. zwei jahre hat sie mich in den höchst ungeliebten nebenjob begleitet und ist dabei ziemlich heruntergekommen. so richtig kaputt war sie aber noch nicht, also habe ich sie an meinem letzten arbeitstag dort nicht in, sondern auf den müllcontainer im hof gelegt. irgendwer wird sie sich nehmen, dachte ich. oder der müllmensch ärgert sich über meine schlampigkeit, weil er selbst hand anlegen muß.

vor ein paar monaten hab ich sie dann kurz wiedergesehen, auf einem nahegelegenen u-bahnhof. ich bin ganz und gar sicher, daß sie es war, denn sie befand sich nun im besitz eines offensichtlich in der gegend lebenden wohnungslosen. und der besagte hof ist ein diesbezüglich durchaus bekannter aufenthaltsort.

da hat doch die literatur, der bewerb, die organisation mal was richtig handfestes bewirkt. ich wünsche dieser gelben tasche aus dem fernen klagenfurt noch ein gutes und langes leben in berlin oder sonstwo. möge sie all ihren besitzern und besitzerinnen immer gute dienste leisten. so wie einst mir.

keine klagen (43)

früher war das anders. da war ich nicht vor 12 zurück in meiner unterkunft, an keinem abend. da hat mir das mobiltelefon beim einstellen des weckers die verleibende zeit genannt, oft wenig mehr als zwei stunden. heute werde ich vor dem wecker wach, wie zu hause, wenn ich zur arbeit muß. es bleint genug zeit für kaffee und honigbrot, das ist nicht wie zu hause, und die baustelle nebenan weckt mich kurz mal gegen sechs. dann schließe ich die fenster und die rolläden, ist eh besser bei dem wetter.

ich schaffe es, vor beginn des bewerbs zu bloggen, wie man sieht. auch den freitagtext von hans, den ich sicher gleich am lendhafen treffen werde (also den hans, nicht den text), den schaffe ich noch locker ohne probleme. er (der hans natürlich) wird die tage hier mit arbeit verbringen. ich zum glück nicht. und er ist sehr, sehr gut, sehr lesenswert. (der text. und die, die da noch kommen werden ohne zweifel auch.)

noch mehr menschen, die ich eigentlich hier vermutet hatte, sind heuer (verzeihung, das muß!) nicht da. claudia zum beispiel. und die maus und die kaltmamsell. wieder mal. ines und madame. frau travnicek. und all die, die sich schon seit jahren verabschiedet haben. und die, die ich zu erwähnen vergesse. meine schwimmassistenz natürlich, die ich auf twitter gerade nicht einmal mehr finden kann. auweia.

so mutiere wohl ich zur klagenfurtveteranin und werde den weg zum see erklären müssen. womöglich.

[ach so: die bilder gibts auf instagram, teuflswerk.]

keine klagen (42)

ankommen, bevor es losgeht. das ist nicht falsch, das muß ich mir merken. ankommen am abend, fast schon in der nacht ist seltsam. doch durch die klagenfurter nach zu laufen, ist schön. aber es gibt (eigentlich) nichts mehr zu essen. nirgends. nur kebab und mcdonalds. und das schlechteste eis der stadt.

am vormittag das rad zu holen, das ist unschlagbar. mit wenig aufwand habe ich das bekommen, was ich wollte. kettenschaltung, viele gänge, freilaufnabe. ein damenrad, aber naja. ich schwinge das bein über den sattel, ich kann nicht anderns. das mit der rücktrittbremse, was man mir zunächst andrehen wollten, hat eine wesentlich dankbarere fahrerin erhalten, wie ich inzwischen festgestellt habe.

die wohnung ist bestens plaziert, exakt zwischen lendhafen und orf-studio. da muß ich mich nur kurz zuvor entscheiden. also an der haustür unten, im grunde. alles funktioniert so leidlich, der fernseher kaum, aber wer braucht den hier schon. das internet gar nicht, bis die netten nachbarn mir einfach ihres angeboten habe. es gibt eine halbe waschmaschine, aber kein waschmittel. auch kein spülmittel, handwaschzeug, salz, pfeffer, scharfes messer. egal, hab ich halt alles gekauft. außer das messer. ich hätte ein echtes taschenmesser mitnehmen sollen, nicht nur das kleine, das für mädchen. das weiß ich fürs nächste mal bescheid. denn es ist toll hier, absolut passend. der kühlschrank ist voll, es gibt wahnsinnig gutes brot. und käse und wurst.

und literatur.

am nachmittag zum literaturkurs, wie jedes jahr. scheint immer noch ein geheimtip zu sein. oder die letzen jahre waren derart abschreckend, daß keineR mehr kommen mag. dabei war es besser in diesem jahr. deutlich besser. nicht mehr so sehr diese art von ich, das kreist oder die kreist, um was auch immer. aber keinesfalls um eine geschichte. allen voraus olivia wenzel, die man sich merken sollte. ein text, der unsere zeit derzeit dermaßen entlarvt. mit dem ersten lachen bereits ahnt man den ekel. und der ekel kommt. diese bild von dem denkmal. ein denkmal für die arbeit schwarzafrikanischer sklaven, das dann als tisch genutzt wird. ich will das nicht weiter erklären, aber das sitzt. sitzt so fest. ein denkmal eben.

ich mache viele bilder, übrigens, und blase sie in alle kanäle. für alle, die nicht mehr da sind, nicht mehr herkommen wollen. damit sie neidisch werden, alle. oder mehr noch: sehnsüchtig. und vielleicht ist da noch anderes, noch mehr. vielleicht morgen.

keine klagen (41)

nachtrag.

klagenfurt kommt und geht, seit jahren und jahrzehnten jetzt. im sommer versinke ich in literatur, glückselig beinah, in die erkenntnis auch, was alles zu tun ist. zu tun wäre. dann ist es vorbei, irgendwie, nur eine seltsame, hohle sehnsucht bleibt. nur in diesem jahr scheint es anders. die sehnsucht bleibt gefüllt, verstärkt durch zufällige begegnungen und bewußt gewählte lesungen. eine zumutung.

ich weiß, was zu tun ist. ich mag da nicht lügen. ach, alles steht und fällt mit einem job, der mich am leben hält. jetzt.

keine klagen (40)

nachtrag. es strengt an, all die worte, diese dichte, nicht nur in den lesungen und kritiken. auch danach, darum herum, am morgen und in den nächten. in den träumen, beim radeln, beim essen, beim laufen, beim baden. auf dauer und in dieser konzentration strengt es mich an. wahnsinnig. an. im kopf.

umgeben von lauter studierten, so könnte ich behaupten, bin und bleibe ich proletengesocks. sowieso. nicht dumm, aber zwangsläufig ungebildet, ergo auf dauer zum schweigen verdammt. das vor allem ist es, was mich erschöpft.

darüber hinaus ist es so: ich bin keine kritikerin, ich bin autorin. ich schreibe nicht über texte, mein gebiet ist nicht die exegese. ich greife weiter zurück, ich werfe die fragen auf. und lasse die antworten offen.

ich schreibe texte. mein ist die schöpfung.

keine klagen (39)

ein dritter texttotalausfall gestern kurz vor schluß. so schlimm, daß man sich fragt, ob den niemand auf die jurorInnen aufpasst, so als letzte instanz. damit ihnen das nicht passiert, daß sie im wald die bäume nicht finden, weil sie sie vielleicht nicht kennen. oder erkennen. der arme, hoffentlich verhagelt es ihm nicht allzusehr den elfenbeinturm.

sonst alles fein, die preise vergeben, die luft satt runtergekühlt. ich bin einverstanden, beim bachmannpreis selbst sogar sehr einverstanden. YES! das war sicher nicht leicht in diesem jahr, so viel solides dabei, so viel gutes auch. auch wenn wenigstens ein text völlig vergessen wurde, ein wichtiger text, aber was soll man da machen.

jetzt schaue ich die bilder von gestern an. ich versuche, mich an die temperatur zu erinnern, an den staub im lendhafen, die gluthitze. an den see auch, den weg dort hinaus, den wir in den nachmittag verschoben haben. raus aus der glut, rein ins türkis, die bergroute schwimmen. seitlich um die ecke, da sind echte berge. sehe ich ja selten sowas. inzwischen ist es empfindlich kühl.

etwas ist anders hier. es sind die leute, die fehlen, ja. aber es ist auch die zeit. es ist zeit. sechs mal war ich vor ort in den letzten jahren. kein jahr habe ich ausgelassen, auch wenn die finanzierung mehr oder weniger immer schwierig war. dabei habe ich mich von den texten entfernt, die mir doch seit mitte der 90er jahre schon jahr um jahr so wichtig waren. ich habe sie noch erlebt, die zeiten, als die jurorInnen die texte erst im moment der lesung kennenlernten. wie sich sich zu drücken versuchten, nicht der/die erste sein wollten. wie die kinder. ich habe am fernseher gesehen, wie sie sich einen tag später, nach erneuter lektüre, für ihr geschwätz vom vortag entschuldigten. ich habe auch gesehen, wie sie sich peinlich berührt, auf offener bühne, für die von ihnen eingeladene autorIn entschuldigten oder zumindest distanzierten, wenn der text ihnen zu mäßig erschien. ich habe gesehen, wie wenigstens ein juror sich dem abstimmreglement zu verweigern versuchte. (biller?) ich habe die jury ratlos gesehen, dümmlich und brillant, be- und entgeistert, selbstgefällig und außer sich.

ich habe urlaub genommen, um die lesungen verfolgen zu können, damals. ich habe mir den wecker gestellt, mitunter ging es um neun los, wenn ich mich recht erinnere. oder ich habe 300er-vhs-bänder besorgt, wenn ich zwischendrin doch ins büro mußte. nachts habe ich nachgeschaut bis in die früh. traurig war ich und und müde, wenn es vorbei war, jedes jahr. fast so schlimm wie jetzt.

der erste bruch kam (für mich) mit der kürzung um mehrere jurorInnen und autorInnen und einen ganzen tag in tateinheit mit der vorabfestlegung der zu lesenden texte. der zweite mit dem internet, noch zu hause vor dem fernseher. der dritte mit meiner persönlichen anwesenheit hier, die mich den menschen näher gebracht hat. und von den texten entfernt, ja. aber das war es wert. ich habe eine der besten, der freiesten nächte meines lebens hier verbracht, mit fremden menschen, ganz aus versehen. das ist eine weile her, darüber rede ich nicht, darüber schreibe ich nicht. das gehört nur mir. das ist mir immer noch unerklärlich. unfassbar.

jetzt bröselt es wieder. es wird anders werden, ich spüre das. es bewegt sich, es geht weiter.

es hört nicht auf. ich höre nicht auf, nach meinen über 20 jahren bachmannpreislesen. wie könnte ich. ich bin süchtig. und über literatur muß gespochen werden, früh genug, bevor sie in den büchern verschwindet.

ich habe eine ahnung.

keine klagen (38)

den lendhafen gibt es noch, auch den literatur-lendhafen, wenn auch nicht mehr so voll. so voller bildschirme, laptops und gekabel. tagsüber. ob es ihn auch nachts noch gibt, weiß ich  nicht. ich war nicht da. ich wollte, aber dann gab es essen, viel essen, zu viel essen. gutes essen, allerbestes essen. und dann war ich müde, bin ich müde, so müde. da bin ich nicht mehr nachschauen gegangen. das tut mir jetzt schon leid. ich hätte gern noch etwas staub und musik heute nacht, morgen nacht, in meinen nächten. ich würde gern noch einmal ein wenig diesen menschen zusehen, die allesamt mit literatur beschäftigt sind, mehr oder weniger. oder mit büchern, auf die eine oder eine andere art. wie sie in der nacht stehen, wie ich, und trinken und reden. und.

ach.

die neue gestaltung des sendestudios, in dem ich gestern für zwei lesungen war, finde ich im studio gewöhnungebedürftig. das publikum rechts und links an den seiten, autorIn und jurorenriege einander gegenüber, dazwischen fließtext. das macht die gäste mehr als zuvor zu deko, zum bildbestandteil, der dementsprechend ausgeleuchtet ist. als fernsehbild dagegen scheint es zu funktionieren, wie ich heute gesehen habe. (gestern waren da zu viele spiegelungen.) wenn vielleicht auch ein wenig platt, kitschig, besonders das mit dem fließtext. aber fernsehen muß simpel sein, eindimensional, ich verstehe das.

die texte. ach ja, die texte. die sind gut, die meisten zumindest ausreichend tragfähig. manch einer auch mehr als das, einer bislang herausragend. nur zwei totalausfälle, das ist erstaunlich wenig. die autorenporträts. die schaue ich nicht an, das langsweilt nur. stört.

heute war ich essen. morgen gehe ich wieder schwimmen.

keine klagen (37)

wieder in klagenfurt, und es gilt zunächst einmal einen schock zu überwinden. keiner der langjährig vertrauen, vor einem jahr noch als fast schon freunde bezeichtet, literaturvertraute auf jeden fall, ist heuer vor ort. (wie man hier sagt.) damit war nicht zu rechnen, das hat sich nicht angekündigt, mir nicht zumindest. ich weiß nicht einmal, ob es zufall ist, oder ob das so sein muß, jetzt. ob das einfach angesagt ist. ich bin ratlos.

so ändert sich vieles diesmal. ich bin wieder mehr auf die texte und diskussionen ausgerichtet. ich bleibe vor ort, gehe hinauf in den vollkommen neu gestalteten saal, treibe mich nicht am lendhafen herum bislang. vermisse ihn aber diesen staubigschönen freiraum. ich treibe mich kaum noch im internet herum, kein bachmannbegleittwittern, kein #tddl-mitlesen vor allem. ich bin da raus, irgendwie. und ich vermisse es nicht.

das alles muß nicht, ich nicht. dafür steht ja inzwischen auch das hiesige orgateam parat, mit twitter account und facebookseite, alles fein. angekündigt sogar in der vorabwerbung bei 3sat. jetzt, wo es den automatischen riesenmaschinenpreis ohnehin nicht mehr gibt, seit 2015, darf das mit dem internet gerne auf mal die art bespielt werden. öffentlich rechtlich und medienwirksam vielleicht. markenmachend. meinetwegen.

ich bin gespannt, hätte ich fast behauptet. stimmt aber nicht, ich bin nicht einmal neugierig. ich schaue und frage nicht nach.

aber zum lendhafen, dahin muß ich morgen mal.

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