am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

zurückwärts gerichtet

im zug sitze ich rückwärts, sehe also dahin, wo ich herkomme. wie praktisch, berlin noch ein wenig den rücken zeigen zu können. wie passend auch.

bei der schlüsselrückgabe heute morgen, eigenständig, in so einen schlüsseltresor, habe ich vergessen, meinen usb-stick abzunehmen. den, den ich immer dabei habe. verschlüsselt ist er nicht, das ist blöd. da ist zwar nicht viel drauf, keine arbeit oder sowas. nur meine texte, das letzte manuskript, aller versionen, und das neue. die eine verworfene version. also lauter privatzeugs, dass ich dabeihaben will. für alle fälle. warum auch immer. nichts, das nicht irgendwo ander auch zur verfügung stünde.

dazu ein paar passworte, die aber niemandem etwas bringen, weil nur ich sie zuordnen kann.

ich ärgere mich, ein bisschen, als ich es merke. bleibe dann aber gelassen. die vermieter werden ihn finden und mir schicken, davon gehe ich aus.

der zug ist pünktlich los aus wien, ich konnte es kaum fassen. es ist ein deutscher zug, ganz eindeutig. drinnen fragt mich gleich als erstes ein österreicher, was denn die reservierungstexte an den sitzen zu bedeuten hätten. „ggf. freigeben“ steht an den meisten, auch an meinem. kein zustiegs- und kein zielort, nichts. ich rate herum und entschuldige mich. deutsche bahn, halt. soll doch froh sein, dass da überhaupt etwas steht. achselzucken.

der mann setzt sich einfach irgendwo hin, was soll er machen. und dreimal insgesamt muss er noch einmal wechseln, weil jemand anspruch auf den platz erhebt. anderen geht es ebenso, da stehen wir noch am gleis. das spiel geht weiter an jedem neuen halt. ob man dabei was gewinnen kann?

bis zur grenze sind wir pünktlich. jetzt, kurz vor regensburg hängen wir drei minuten. das ist nichts, oder?! das lässt sich herausfahren! ich bin zuversichtlich, immerhin funktioniert das wlan, so ein bisschen zumindest.

nicht immer, aber alles ist gut.

so schön hier

der tag beginnt mit weckerklingeln um 7.35h, absolute lerchenzeit für mich eule. aber 8.45h ist zahnarzt, und das im urlaub. sowas ähnliches wie urlaub auf jeden fall. meine art von urlaub. da geht dann eben auch zahnarzt.

die arbeit ist schnell erledigt, die krone passt, alles gut. die frau nimmt ihren beruf ernst und klärt mich anhand der röntgenaufnahmen ausführlich auf, welche probleme anstehen. viele probleme. ich weiß das, alles, der diesbezügliche termin in berlin ist bereits fix. dann zücke ich die kreditkarte und zahle eine kleinere dreistellige summe, denn alles mit kronen ist keine kassenleistung in österreich. so lerne ich. das ist gut zu wissen und ein grund mehr, diverse grundsanierung zügig anzugehen. in deutschland stehe ich da ja gerade ganz gut da.

anschließend zurück nach hause, an den schreibtisch, kaffee und rechnung schreiben. es ist der erste des monats, und niemand zahlt rechnungen, die nicht geschrieben und übermittelt sind. done!

und raus aus dem haus, es ist heiß heute, also ohne jacke und hut. sommer! ich will wieder laufen, denke ich, einfach so laufen. auf einmal befinde ich mich allerdings in der u-bahn, auf dem weg nach schönbrunn. keine ahnung, wieso.

auf dem weg erkläre ich einem touristen auf englisch, warum die u2 nicht fährt. genau weiß ich es natürlich auch nicht, aber ich habe busse mit der aufschrift u2 gesehen. schienenersatzverkehr. das heißt hier bestimmt anders.

angekommen beschließe ich die hardcore-variante zu gehen: mittig durch den haupteingang, direkt in den schlosshof. (oder wie das heißen mag.) und WOW, das ist ein ding!

beängstigend fürchterlich, kein vergleich zu den preußischen schlösschen. nur die farbgebung, gelb und grün, das ist hier wie da. alles andere ist zum flüchten, was ich zügig tue. nach links in die büsche. wenn da büsche wären, da sind aber vorwiegend breite, kiesbeharkte sichtachsen, die keinen schutz vor der sonne bieten. erst weiter hinten wird es besser. ich laufe in einen irrgarten, versehentlich, und zügig rückwärts wieder raus. sehr viel weiter mag ich nicht, obwohl ich ganz weit hinten den schöneren teil vermute. die jagdgründe, die wälder, das wilde. bis dahin zu laufen sind mir meine füße aber nicht wert.

ich weiß, ich bin ungerecht. ich habe vorurteile, und natürlich müsste man sich das gut ansehen. wenn man den habsburgern auf die spur kommen möchte, das will ich aber gerade nicht. ich versuche nur, dem protzmonster zu entkommen, nach kaum mehr als einer stunde. mehr als ich den kriegsmonstern habe entkommen wollen, deren bedeutung und funktion mich angebrüllt hat, wenn ich ehrlich bin.

zum glück ist gegenüber noch ein park, der ist so viel schöner. (englisch, nicht französisch. logisch.) es gibt einen sport- und einen hundeplatz, die menschen sitzen im gras, was ausdrücklich erlaubt ist. es stehen bänke und picknicktische bereit. ich höre gitarren und gesang, ich sehe slackleinen und hängematten, männer mit kinderwägen. so ist schön, so will ich sein.

ich nehme die u-bahn zurück und erkunde das andere ende meiner wohnstraße. da ist ein kino, glaube ich, das hatte ich gar nicht gewusst. und was mit fotos, das sieht spannend aus. doch dazu ist es nun zu spät. ich will kaffee und kuchen.

später kaufe ich noch zwei feine baumwollschals um 8€ in einem indienesoladen. (das „um“ in dem satz sperrt sich, aber es gehört so. das weiß ich.) später traue ich mich zu ersten mal in eine trafik. die sind alle so dunkel, dass ich gar nicht weiß, ob man da wirklich zeitungen kauft. ist aber so, tabak allein bringt es ja auch sicher nicht mehr.

jetzt habe ich eine standard-papierausgabe, sonst lese ich da ja nur online. und ich fürchte, ich habe ganz leise „grüßgott“ gesagt. versehentlich.

weiterlaufen

spät aufstehen und dann erstmal auf google maps nach einer erreichbaren zahnärztin suchen, weil es mir auf einmal klug erscheint, mit der reparatur der zahnkrone nicht eine woche zu warten. wer weiß, ob das ding dann noch passt?

dann auf twitter und mastodon nachgefragt: muss ich das hundertwasserhaus sehen? es folgt eine verneinung, der ich mich gerne anschließe. der wiener gemeindebau ist zwar hochinteressant, eine art schatz in heutiger zeit. aber dem hundertwasser-hype der siebziger muss ich heute vielleicht nicht mehr huldigen. ich erinnere mich noch gut, an die häme damals, auch innerhalb der familie. dementsprechend habe ich es damals wohl nicht gesehen, aber egal.

mein urlauben ist anders, denke ich später. ich gehe aus dem haus und weiß erstmal nicht, wohin. jemand auf mastodon mochte mich in den zoo schicken, den tiergarten bei schloss schönbrunn. jetzt bin ich keine große zoo-freund*in und hatte mir ja neulich schon selbst von den französischen gärten abgeraten.

ich laufe also, kaufe mir ingwerbonbons und lande schließlich bei einem salat und mango lassi im secret garden. da kann man gut draußen sitzen und lesen, eng zwischen zwei gebäuden, und nach oben ist alles offen. das eis ist auch himmlisch, das vegane.

ich lese in „Luftkrieg und Literatur“ von W. G. Sebald, ein buch, das jahrzehnte schon bei im regal steht. ich weiß nicht, warum ich nicht längst danach gegriffen habe. es war die empfehlung einer dozentin, damals im studium. sie lebt schon lange nicht mehr, aber sie hatte recht, möchte ich sagen. dieses buch mir nahezulegen. es wird mir sehr helfen, bei dem, was mir ansteht.

textfindung vor der textarbeit.

danach laufe ich noch ein wenig weiter, versuche zufällig die passende u-bahn nach schönbrunn zu finden. was mir nicht gelingt. na, egal.

wie es sich ergibt laufe ich durch reine wohngegenden, sehr ruhig zum teil. die bürgersteige sind schmal, aber ich kann auch problemlos auf der straße gehen. mutig gehe ich ein paar schritte in den einen oder anderen hof, der offen steht. das fällt mir durchaus schwerer, als durch die häuser zu gehen.

aber zum teil ist es dort sehr schön.

alte!

so ist das also. 60, relativ harmlos. weil es ja keiner sieht!

ich mache so zeug, das ansteht. kaffee kochen, wäsche waschen, müll runterbringen. man hat ja immer zu tun im leben, und dieser kleine kurzhaushalt muss langsam wieder heruntergefahren werden. am freitag geht es schon zurück. (schade eigentlich*.)

dann gehe ich richtig frühstücken, das erste mal, seit ich hier bin. obwohl ich den laden um die ecke, in der neubaugasse, noch vom letzten jahr gut kenne. unscheinbar, mit einem denkbar blöden namen. innen auch noch wie eine blöde bar ausgestattet, für den abendbetrieb. aber der außenbereich und die blaubeer-pancakes sind überaus bezaubernd.

ich stelle fest, ich habe für diese reise eine gute bücherwahl getroffen. bis auf eines habe ich bereits alle in der hand gehabt und etwa bis zur hälfte gelesen. das ist gut, denn das ist pflichtlektüre, die im weitesten sinne zu meinem eigenen, immer noch vage im raum schwebenden projekt gehören. das findet sich, langsam. aber überall findet sich etwas, das hoffentlich in der nähe bleibt. bis ich es zu fassen kriege.

das letzte buch ist für die rückfahrt, denke ich. das ist spaß, das passt nur am rande. aber wer weiß. am ende passt immer alles, das ist das wesen der kreativität.

das wetter ist wunderbar heute, hat mir sehr gefallen. als wäre es nur für mich gemacht. durchweg sonnig, windig dabei und nicht allzu heiß. ich bin viel gelaufen, habe viel gesehen und gefunden, das ich gar nicht gesucht hatte. in mir und in der stadt.

am nachmittag habe ich dann einen laden gefunden, der lakritz hat. nix dolles, das war klar. aber lakritz halt, in österreich. da musste ich gleich was kaufen, das salzige bitte. das hätte ich mal besser nicht gemacht. hab mir gleich mit dem ersten bissen genau die zahnkrone gezogen, die vor gar nicht langer zeit erst wieder frisch eingeklebt worden war. happy birthday.

da hab ich dann gleich wieder massig programm, gleich im den ersten tagen in berlin. und nicht nur das, ich kann es schon sehen.

* aber in drei wochen bin ich ja schon wieder da, für drei tage, auf dem weg nach klagenfurt.

themen der zeit

eher schlecht geschlafen letzte nacht. irgendwo mitten in einem übersetzerprogramm steckengeblieben, das ich in den kurzen wachphasen aber nicht finden und abstellen konnte. das ist irre, wie arbeit nachwirkt. über eine woche habe ich das und all die andere arbeit nicht einmal angesehen.

den fensterlosen arbeitsraum, den ich fürs arbeiten zügig verworfen habe, nutze ich überraschenderweise tatsächlich für eine vorsichtige wiederaufnahme von morgendlichen meditationseinheiten. das sage ich in aller vorsicht, denn das habe ich schon oft versucht. und die einzige wirkliche lange phase liegt so etwas zehn jahre zurück.

meistens lungere ich ja nur so rum, so wie jetzt gerade. lebe im internet, lese blog, wie vor zwanzig jahren. als bloggen noch etwas sehr privates und zugleich total öffentliches war. ein abenteuer.

draußen bin ich fremd und heimisch zugleich. die sprache, die ich recht gut verstehe, aber nicht im ansatz imitieren kann, wie sonst so viele. sie verleitet mich dazu, ein seltsam gesetztes hochdeutsch zu kreieren, das ganz und gar nicht meins ist. doch es fühlt sich gut in mir, weg vom ruhrpott. (nichts gegen den ruhrpott, aber.)

die themen im alltag und den zeitungen sind andere. nicht viel über die kleber und absolut nichts über wärmepumpen. letzteres heißt hier wohl geothermie, das klingt doch gleich ganz anders. auf der mariahilfer tanzt und singt eine hare-krishna-gruppe, das kommt mir vor wie zeitsprung von dreißig bis fünfzig jahren rückwärts. wenn noch noch mehr. dazwischen eine obdachlosengruppe, die in einem geschäftseingang lagert. wie in berlin.

ein stück weiter steht eine lange pinnwand mit steckbriefen von impfopfern oder impftoten, ich weiß nicht genau, bin nicht so nah ran. davor ist es laut, es gibt streit. da will ich nicht hin, das ist peinlich. wir sind hier in österreich, schreit jemand.

naja.

bodenberührung

gemütlich. so war es heute hier. losgelaufen gegen mittag, ein bisschen mit der straßenbahn vertan, aber egal. stattdessen die u-bahn genommen, falsch ausgestiegen und den stadtpark gefunden. der, mit der güldenen johann-strauss-miniatur und diesem hässliche kanal. irgendwie dann doch den weg zum augarten gefunden, da dann gleich wieder verlaufen und das gelände von linksrum hinten betreten. da, wo es tatsächlich etwas waldig ist.

im grunde ist auch dieser park einer mit spalierstehenden bäumen und durchschlagenden sichtachsen. preußisch, denke ich dann immer. potsdam. jeder nach seiner fasson, also eigentlich französisch. ich mag das nicht. ich finde das schlimm.

herausragend am augarten sind tatsächlich die beiden betontürme, ebenfalls schön in achse. das ist zutiefst absurd. man könnte wohnen, dort irgendwo, und einen ständigen blick auf den gezirkelten garten und auf betonmassen haben. alltag.

aber eine recht angenehme wiener gegend, diese leopoldstadt. scheint mir ruhiger, beinah ein wenig gediegen. aber nicht zu posh, so auf den ersten kleine blick. außerdem jüdisch besiedelt, bis heute, ganz offensichtlich. alltag. das ist in berlin ja leider häufig anders, nicht offen sichtlich, besonders in neukölln.

auf dem rückweg lerne ich straßenbahnfahren. lerne, dass der hinweg deutlich einfacher gewesen wäre, hätte ich die straßenbahnen berücksichtigt. schöner auch, weil man von da aus etwas sehen kann. dennoch steige ich nach wenigen haltestellen wieder aus, um einmal die innere stadt zu durchqueren.

da ist nichts, was mich über die maßen interessiert. zumindest heute nicht, aber es ist schon auch schön dort. abseits der touristenmaschine, die alten steine in den gassen. auf das muss ich immer, als ruhrpötterin, wo alles nachkrieg ist. altes suchen und finden. den boden, am besten noch berühren.

ich gehe zügig und sicher, ich tue so als ob. mich erwischt keiner der kostümierten animateure überall. ich gehe tapfer durch die häuser hindurch, meistens geht das ja. und verlaufe mich dann doch, auf der suche nach der einen, bestimmten straßenbahn. das war wohl zu hoch gegriffen.

am ende rette ich mich in die nächste u-bahn, wo zwischen zwei verschiedenen u-bahn-linien menschen mit gelben westen spalier stehen. über die ganze breite des gangs werden die tickets kontrolliert. wow. das ist beeindruckend, aber so richtig begreife ich es nicht. eine beförderung findet ja an der stelle noch gar nicht statt.

passt

ich schlafe lange und träume viel. wirres zeug, nicht der rede wert. wie ich gummibärchen kaufe, zum beispiel, einen riesigen plastikeimer, und drinnen ist ein plastiklöffel, damit sollen wohl die bärchen gelöffelt werden. bah!

natürlich sagt das nichts über mein derzeitiges essverhalten, überhaupt gar nicht.

viel zu spät also breche ich auf zum augarten, eher halbherzig, und ich verfahre mich gleich zu beginn, kriege mich wieder ein, finde mich im laufen, habe aber mein handy vergessen. also weiß ich nicht, wo ich hinlaufe, aber egal. und dann wird alles anders.

so geht urlauben für mich, glaube ich. von außen wie ein großes, leeres nichts.

ich kaufe eine lederhose, mehr oder weniger spontan. eigentlich wollte ich das schon lange, hatte aber in münchen nie den mumm. hier scherze ich mit der dezent bedirndlten verkäuferin und finde mich gar nicht peinlich. zumindest solange ich nicht in den spiegel schaue. denn da steht mir eine alte frau gegenüber, in kurzen kinderhosen, die selig grinst.

  • die haben sie fürs leben, sagt das dirndl.
  • für den letzten rest, denke ich. (denke ich.)
  • sagen sie das nicht, sagt das dirndl.
  • (oups!)

dann finde ich eine u-bahn, die mir vertraut vorkommt, hier ist ja alles mit farbe, das hilft. so komme ich wieder in die gegend, in der ich wohne. und hier angekommen kann ich laufen, ohne nachsehen zu müssen. ich rate die richtung, biege ab in kleine straßen, verzeihung gassen natürlich, und komme genau da aus, wo ich denke dass ich auskommen müsste. alles stimmt, die gegend findet sich zusammen in mir. ich rate sogar die straßenbahn, korrekt, die mich bis vor die tür bringt. die 49.

beim gehen denke ich text. bruchstücke, die einen ansatz für das nächste projekt sein könnten. das, dessen papier ich zu hause vergessen habe. im grunde sind es weniger als bruchstücke. nur satzfetzen, die die neue richtung markieren könnten. stilistisch vor allem. das ist gar nicht so schlecht, vielleicht sogar das deutlich bessere vorgehen. ganz neu, ganz anders. an nichts altes gebunden, das ist ja gescheitert.

sagte ich schon, dass der neue text von einer reise nach wien handelt? vor über vierizig jahren, ende der siebziger.

die dinge finden sich.

urlauben

ich bin eine schlechte reisende, ich sage es immer wieder. und es stimmt, auch wenn ich mir und allen anwesenden gelegentlich beweise, dass ich es durchaus kann. wenn ich muss. aber ich reise wirklich nur, wenn es einen grund dafür gibt. und urlauben kann ich überhaupt nicht. oder nur, wenn andere mich dazu einladen oder mitnehmen. dann allerdings kann das sogar sehr schön sein.

jetzt und hier tue ich nun also, was zu tun ich herkam. und das ist nicht urlaub. das ist auch nicht schreiben, in erster linie, wie das vergessene papier mich lehrt. ich bin hier, um hier zu sein. das ist alles.

mehrmals am tag laufe ich los, einfach so. sehen, wo ich lande. wie ich mich zurechtfinde, mich wiederfinde. hier. das wetter kommt mir entgegen, es ist warm und es windet. das ist gut. wien erinnert mich manchmal an altenessen, auch hier gibt es diese nachkriegsschuhkistenhäuser. dann wieder meine ich mich in wuppertal, obwohl die leichte hügeligkeit den vergleich zum bergischen land keineswegs standhalten kann. als ich nachschaue, welche neue gegend ich morgen erkunden könnte, welchen park, schönbrunn vielleicht oder schloss belvedere. darin erkenne ich die kleine stadt bei berlin, die ich so lange für mein schreiben bevorzugt habe, obwohl die doch so preußisch ist.

ich entscheide mich für den augarten, vor allem wegen den kriegsmonstern, die mich als kind so beeindruckt haben. als ich das erste mal hier war, nicht allein. im geflecht der familie, in höchster urlaubsanspannung ohne ausweg.

auch deshalb urlaube ich nicht. weil ich es nicht kenne.

was ich nicht tue, irgendwie nicht umsetzen kann, selbst wenn ich es womöglich gerne wollen würde, das sind museen, theater, solche sachen. ich schaue nicht einmal danach, ich nehme mir nichts vor, und was ich zufällig finde, das merke ich mir nicht. als wäre es nicht erlaubt, für mich, nur für andere gemacht.

nein, hier verlaufe ich mich in selbstverachtung. auch das kann ich, wenn es der grund für eine reise ist. aber deshalb bin ich nicht hier, nicht jetzt.

ich will durch die stadt laufen, sie erfahren, sehen, riechen und spüren, ob ich hier leben will in ein paar jahren. als letzten schritt sozusagen, noch einmal etwas ganz anders. (das hatte ich immerhin als kind schon gewusst: in wien will ich sterben!) und was mich quält und beschwert bei jedem schritt, das ist die frage, ob es dazu nicht zu spät ist. ob es überhaupt möglich sein wird, die überlegung allein. die entscheidung.

es ist nicht leicht über die armut hinwegzusehen, schritt für schritt, die im alter womöglich wieder mein leben durchdringen wird. jetzt nicht, und auch nicht morgen, übermorgen, kommendes jahr. aber die chancen dazu stehen gut, auch weil sich auf dem gebiet des schreibens nun so lange schon nichts als stagnation ausbreitet. unter armut fällt man keine solchen lebensentscheidungen. da geht es nicht um schönheit, weite oder träume. da bleibt man, wo man ist und fragt nicht.

am besten schaut man nicht einmal hin, aber das konnte ich noch nie. nicht sehen und nichts sagen.

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