das lang vorbereitete dentalmassaker konnte diesmal planmäßig stattfinden, am montag schon, am elften elften, tatsächlich, so ab zirka elf. helau!
jetzt also: zustand nach implantat und sinuslift. wobei das zweite implantat nach extraktion im unterkiefer auf der krankschreibung frech unterschlagen ist. alles in allem waren das gut zwei stunden härtester handwerksarbeit für alle beteiligten. für den operateur und seine assistentin, sowie auch für mich als lebendes werkstück. betäubt von so viel an medikament, dass ich unmittelbar nach verabreichung erstmal das innere zittern begonnen habe. nicht aus angst oder anspannung, einzig als reaktion auf den zügig injezierten giftstoff. und das unmittelbar darauf einsetzende gefühl, schlagartig bis in den knochen hinein totgestellt zu sein. jaja, so sollte es sein, das genau war absicht. und gut so. aber dennoch: gruselig.
vor der arbeit an sich graust es mir nicht, eher im gegenteil. der teil ist handwerk, das verstehe ich. schwer fällt es mir, mich dafür hinzuhalten, mein lebendiges gesicht, das es ja ist. bei aller totstellerei. und die gewissheit, dass bei aller aufklärung und verabredung, einem strategisch sicherem vorgehen aus gutem grund und mit zu befürwortendem ziel, mir aus all diesen gründen letztendlich dennoch gerade vorsätzlich eine mittelschwere verletzung zugefügt wird. in die fresse, sozusagen.
über achtundvierzig stunden ist das nun her. es gibt wenig schmerzen, zum glück. nur der rücken, der nacken. der kopf oben, wie ein schwerer ring der daraufliegt. die medikamente machen müde, kaum dass ich aufschauen möchte. antibiotika noch bis morgen, riesige penicillintrums, kaum runterzukriegen. dazu meine rheumamedikation, ausgerechnet gestern, die beißenden mundspülungen und die eingeschränkte nahrungsaufnahme. die gesetzten fäden, wie ein teppich im gaumen, ein stacheliges fell, an dem die zunge sich ständig wundspielen muss. ja, es gibt schlimmeres, aber spaßig ist das nicht.
gestern nacht schlecht geschlafen, sehr schlecht. gegen halb drei weckt mich ein flackerndes blaulicht vor dem fenster. ich schaue nach, da stehen eine rettung und ein notarztwagen, leise leuchtend. die zuständigen menschen bewegen sich zügig in den nächstliegenden hauseingang. ich lege mich wieder hin, aber es dauert und dauert. gerade als ich noch einmal aufstehe, um den vorhang besser zuzuziehen, gegen das schlafstörende licht, findet das geschehen da unten zu einem ende. der arzt ist wohl schon länger wieder weggefahren, und ich sehe zu, wie ein einzelner menschen ganz ruhig einen geschlossenen blauen sack in den wagen schiebt, die türen schließt, das blaue licht ausschaltet und losfährt.
das war also der vierte tote, von dem ich hier auf meiner ecke kenntnis nehme. zwei in dem hauseingang nebenan, einer hier im haus und einer auf der straße vor dem wohnbüro unten.
am morgen gegen halb acht wurde dann der baum gegenüber derart radikal beschnitten, dass er jetzt kaum noch zu erkennen ist. aber der stand halt dem neu aufgestellten, durchaus wichtigen fahrradstraßenvorfahrtsverkehrsschild so derart im weg. das war ja klar.