am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

lichten

in meiner wohnung in berlin gibt es immer diesen einen tag, an dem der frühling beginnt. das hängt mit dem licht zusammen, also durchaus mit wetter, aber nicht unbedingt mit wärme. heute war es soweit, und zufällig stimmte sogar die temparatur.

es handelt sich um den moment, an dem am vormittag die sonne zum ersten mal wieder über das gegenüberliegende haus steigt und mein hauptzimmer, das wohnbüro, mit einer lange nicht gesehene helligkeit flutet. seltsam, dass ich das jeden winter aufs neue vergesse, wie anders das ist, wie schön.

dass ich die wohnung dann ausgerechnet heute pünktlich verlassen musste, zum zahnarzt, das war eher nicht so schön. zwar gab es vor ort nur zweimal röntgen und dazwischen ein bisschen arbeit an implantat und zahnfleisch. alles wie geplant. tut jetzt aber doch ein wenig weh, juckt und brummt und ist auch ein wenig geschwollen. damit hatte ich nicht wirklich gerechnet.

müde war ich dann auch nicht zu knapp, als ich nach ein paar weiteren erledigungen wieder zu hause ankam. da traf es sich gut, dass das genau die zeit war, in der es in der wohnung kurz wieder weit weniger hell ist. noch später im jahr wird das dann wieder. das haus gegenüber reflektiert mir wieder etwas licht hinüber, später im jahr wird das noch mehr sein. so viel, dass es mich durchaus blenden kann, aber jetzt noch nicht.

dennoch wurde auch ich wieder ein wenig heller im kopf. hell genug, um tatsächlich noch ein bisschen an die anstehenden schreibüberarbeitungen zu gehen. dabei habe ich nicht viel, aber doch genug geschafft. und festgestellt, dass ich mit relativer leichtigkeit nicht kürze, sondern text zufüge. über vier seiten bislang, das war nicht meine intention. aber, na gut.

stimmt ja auch, in der jetzigen phase. und macht ziemlich spaß, zumindest wenn es nicht so ein krampf ist. wenn ich nicht so blöd bin, mich in die tiefsten tiefen zu graben.

so gesehen: es lichtet sich.

nicht gut genug

nun ja, ich finde nicht so recht den ansatz, hier etwas zu notieren. ich schaue mir einfach alles an, mal mehr und mal weniger fassungslos, und dann weiß ich nichts zu sagen. so ist das wohl jetzt erst einmal.

daneben tue ich, was zu tun ist. arbeiten, einkaufen, tango tanzen, noch mehr arbeiten und einkaufen, weil man ja essen muss, ein bisschen freude muss sein, und genuss. wählen gehe ich auch, natürlich, habe ich eigentlich dieser tage schon, am briefkasten. erledigt, erleichtert. verzweifelt.

das bauen kommt ein wenig zu kurz, obwohl es da ein paar raparaturen anstehen und die überarbeitung eines kleine nebenIVARregals. beinah das letzte, relativ kleine großprojekt, was derzeit noch auf dem zettel steht. danach gibt es nur noch kleinkram und die organisation der fremdzubeauftragenden arbeiten im wohnbüro. später im jahr, vielleich auch erst im nächsten. das hängt davon ab.

davon, wie es mit dem schreiben geht. da sieht es zwar gut aus, aber doch noch nicht so gut, dass ich trauen würde, öffentlich meinen möglicherweise recht unzuverlässigen zeitplan zu verraten. es ist gerade einmal so, dass ich in die anstehende arbeit schauen kann, sehen kann, was ich zu tun habe, manchmal sogar soweit, dass ich in die zukünftigen, inzwischen auch bereits abschließenden passagen kurz einzublicken vermag.

das alles ist gut, aber nicht gut genug.

so weit für heute. ich will mehr über die arbeit schreiben, die schreibarbeit. das muss ich noch sagen. ich hoffe, ich lasse mir die zeit dazu. denn das schreiben, so schrecklich das thema ist, das geschehen und der punkt, auf den zur mitte des jahres alles hinauslaufen wird. das scheint mir fast nichts, gegen das, was akut in der welt zu betrachten und zu bewältigen gilt.

wobei diese diskrepanz natürlich auch und vor allem darin begründet sein mag, dass ich das erzählen weitgehend selbst beherrsche. das vergangene, das erinnerte, das imaginierte, die fiktion. da weiß ich immer, wie es ausgeht. gegangen ist, das ist alles bereits geschehen. irgendwie. auch wenn es noch nicht geschrieben ist.

alles andere dagegen.

weitergehen

vorgestern laufe ich zwischen zwei demonstrationen hindurch. etliche sortiert aufgereihte palistinensische flaggen, dazu kraftvolle gesänge. ich möchte zustimmen, wegen trumps riviera-träumen nicht zuletzt. gegenüber stehen zwei, drei, höchstens vier menschen an einer hauswand dichte dabei vier oder fünf polizisten. gelbe schleifen, fahnen mit blauem davidstern und schweigen. da gehe ich näher vorbei, das ist zufall. aber eigentlich möchte ich bleiben. wegen der gruseligen shows bei bislang jeder einzelnen dieser geiselübergaben nicht zuletzt, aber nicht nur.

ich tue nichts davon, ich gehe weiter.

gestern, spät am abend, laufe ich vom tango nach hause, das ist nicht weit. in einem hauseingang knutscht ein junges paar, ein großer mann mit glatze und eine frau mit langen haaren. als ich fast an ihnen vorbei bin ruft der mann so etwas wie: hallo, schön dich zu sehen! und schaut in meine richtung, aber auch über mich hinweg. ich denke jedenfalls wirklich nicht, dass ich gemeint bin, dass da jemand anders ist, hinter mir. dann ruft der mann: auch ein afd-wähler! da bin ich schon an ihm vorbei, hab ihn im rücken im grunde. und merke, dass ich womöglich doch gemeint war.

egal. ich gehe weiter.

es ist absurd. ich weiß nicht, ob der mann oder die frau deutsch waren. wie auch? ich wollte einfach nicht stören und schnell weiter. ich bin also nicht stehen geblieben, um zu erklären, dass ich niemals afd wählen würde. never! oder dass auch eine ältere frau, wenn sie am abend auf der straße angerufen wird, nicht unbedingt antworten und schon gar nicht stehenbleiben mag. oder um in erfahrung zu bringen, ob er mich vielleicht für einen jungen gehalten hat, wegen der komischen kappe auf meinem kopf. von tonfall her hätte genau das der fall sein können.

aber wer weiß. vielleicht war das alles auch ganz anders, ein missverständniss. etwas, das ich mir im nachinein ausgedacht habe. immerhin hat es mich daran erinnert, den wahlbrief, den ich den tag über in meinem rucksack mit mir herumgetragen habe, in einen der wenigen real noch existierenden briefkästen zu werfen. den einzigen eigentlich, den ich in meiner nähe noch weiß.

auf dem weg nach hause.

überhaupt. es gäbe anderes zu sagen, dieser tage und heute. allein, ich weiß nicht wie.

alles

was soll ich schon noch sagen oder denken, wenn nach all dem desaster sich kaum etwas bewegt. weder in den ansprachen, noch in den umfragen, selbst in der themensetzung nicht. von den (meisten) medien ganz zu schweigen. die setzen sich die dämlichsten politischen hohlköpfe in ihre sendungen und wundern sich anschließend nicht einmal, rechtfertigen sich höchstens, zum ichweißnichtwievielsten mal.

und das angesichts der trump-show.

ich sag einfach gar nichts. das hat sich doch alles anfang des jahres bereits abgezeichnet.

ich arbeite, ich lese und schreibe, ich tanze ein bisschen. mehr gibt es nicht zu hoffen oder zu wünschen gar in dieser welt.

saludos!

demo-timing

menschenmassen und lärm, das ist wirklich nichts für mich. so etwas nehme ich nur in kauf, wenn es wirklich nicht anders geht. also beim reisen zum beispiel, die vollen bahnsteige, die vielen menschen, die enge mitunter. auch demonstrationen sind also so gar nicht meins.

doch das timing war gut, das vierte kapitel erstmal fertig und das wetter angemessen kalt, aber trocken. und es muss ja sein, nach dem affentheater der letzten woche. oben auf das ohnehin gute timing habe ich rein zufällig auch noch eine ausgezeichnete strategie gefahren. so bin ich nicht zur auftaktveranstaltung, sondern zur endkundgebung gefahren. eigentlich nur, um die anreisemassen zu umgehen, aber dann gab es für mich wichtige umgebungsinfos. vor allem die, dass am cdu-bügeleisen seitlich alles eng abgesperrt war. das war mir zu eng, da bin ich gleich geflüchtet, obwohl der demozug zwar schon sichtbar, aber noch nicht wirklich angekommen war. das war eine gute entscheidung, denn am ende war auch oben alles dicht. bei der cdu ist also alles = sackgasse!

an der stelle, wo ich dann letztendlich gelandet bin, gab es seitlich fluchtmöglichkeiten. später wurden dann noch genau dort abgesperrt, damit der vordere bereich nicht allzu voll wurde. unter der (am ende bestätigten) annahme, dass zum guten schluss alle menschen aus der sackgasse wieder rückwärts rausmussten, war das sicher keine schlechte idee. und ich hatte die gesamte schlussveranstaltungszeit ordentlich raum um mich. selbst die ausgerechnet dort aufgestellen lautsprecher funtionierten nicht, ich wurde also nicht einmal angebrüllt.

also diese demo war tatsächlich rundum angenehm, alles in allem, selbst die rückfahrt in einem übervollen bus. in den ich aber einstieg, als er fast noch leer war, damit hatte ich den einzigen einzelsitz zur verfügung . vor allem aber schön, überall, bis zu mir nach hause, immer wieder menschen mit plakaten zu sehen oder andere, die ihre telefone nach ersten bildern und nachrichten durchsuchten. so viele!

wenn der anlass an sich nicht so unerträglich unappetitlich wäre. vorsichtig ausgedrückt, unangemessen auch, es geht eben nicht besser.

das gehört wohl dazu, dass demonstrationen immer ein bisschen unterkomplex daherkommen. die parolen sind schräg, die plakate nicht alle witzig und die nicht-witzigen eben meist auch nicht präzise, das gesinge nicht zuletzt, es ist fürchterlich.

am ende die reden, naja. dieses gerne postulierte „WIR“, so angemessen es sein mag, es umfasst mich eben doch nie.

dennoch! gut so! weiter so!

schock des tages

die stimme von alice weidel, säuselnd knarrend, wie immer, in der wahlwerbung im deutschlandradio kultur gegen mittag. unterlegt von so etwas wie musik, wtf.

vor schreck hab ich sogar ein klein bisschen zugehört, aber zum glück vor lauter abscheu alles gleich wieder vergessen.

ganz & egal

nachts ist nacht in mir, und das ist gut. nachts öffnen sich die imaginationsräume. doch wie immer fehlt an dieser stelle der schlaf, wenn zum morgen hin kein platz dafür bleibt. egal, so ist die arbeit. jede arbeit, ob schreiben oder all das andere geldverdienende zeug. ganz egal.

und noch mehr zeug, die neue hausärztin kennenlernen zum beispiel. weil die alte, ein jahr jünger als ich, aus dem arbeitsleben zurückgezogen hat. vermute ich jedenfalls, in der praxis ist sie zumindest nicht mehr anzutreffen. hat aber gut funktioniert mit der neuen, sicher zwanzig jahre jünger als ich, wenn nicht noch mehr. auch mal interessant. wer erkennt, dass es humor ist, was mich auszeichnet, nicht zynismus oder bitterkeit, die hat ja im grunde schon alles gewonnen. dass ich dann doch den eigentlich wichtigsten punkt meiner anwesenheit dort vergessen habe, da kann sie wohl nichts zu. das lag wohl eher an der liste, die ich mir im vorfeld mal nicht gemacht hatte.

als ich zurückkomme ruft die physiopraxis an, wirklich genau in diesem moment, und bietet mir einen termin für gleich morgen. da bin ich dann froh, dass ich das mit der physioverordnung nicht vergessen, den zettel dazu exakt passend in der tasche hatte. also zusage.

eine absage kam von einem verlag, freundlich neutral, ohne jegliche stellungnahme und ein 3/4 jahr nach der so geforderten postalischen einsendung per email. die betreffzeile lautete „Ihre Manuskripteinsendung“, weshalb ich das spontan tatsächlich zunächst einmal für spam hielt. (wem hab ich denn ein manuskript eingesandt? so weit ist es schon mit mir!)

später zum baumarkt, das wiederum war schlimm, aber so richtig. statt 40,1 hatte ich 41 aufgeschrieben, und statt 70,4? na? was wohl? 74 zentimeter! und also alles genau so habe zugschneiden lassen, gleich zwei mal. wie peinlich! natürlich nur für mich, innen drin. von außen sieht das ja keine*r, weil ich es ja nicht verrate, niemals. zum glück ist ja alles größer als benötigt, damit lässt sich leben.

ich muss nur an je zwei seiten mit der handkreissäge ein bisschen nacharbeiten. das wird dann zwar ohne jeden zweifel ungenau, kein vergleich zumindest zu der plattensäge mit pikfeinem rechten winkel und millimetergenauen voreinstellung. aber dafür ist es jetzt halt zu spät.

menetekel

wien lässt mich nicht, diesmal. es taucht als topthema in abendnachrichten bebildert mit der hofburg, an der ich letzten donnerstag noch vorbeigelaufen bin. mit wenig achtung, einfach nur durch, vorbei am volksgarten. und mich, wie immer, gewundert habe, dass diese etwas unwirtliche gegend, mit reitpferdchen immerhin, ausgerechnet heldenplatz heißt. genau da sammeln sich jetzt menschen und schimpfen, zu recht. ich wäre da auch.

zweites thema, die anstehenden deutschen wahlen, drittes thema lindner, anschließend der 6. januar 2021. zu all dem nichts weiter, zusammengenommen ist es unerträglich.

als ich in berlin ankomme, samstag abend, u-bahn neukölln. da nehme ich den fahrstuhl, ausnahmsweise, wegen schwerem koffer und so weiter. ich bin alt genug, denke ich mir als entschuldigung. eigentlich hasse ich fahrstühle. drinnen stehen schon ein kinderwagen mitsamt eltern und eine frau mit einkaufstrolley. ich stelle mich ein bisschen blöd dazu, aber die fahrstuhltür mag nicht zugehen. wohl wegen meines rucksacks, und der mann dirigiert mich in nicht ganz akzentfreiem deutsch ein bisschen weiter in den raum. außerdem solle ich aufpassen mit dem rucksack, ich sei hier in neukölln. das „neukölln“ betont er, so wie es in den nachrichten vorkommt.

ich weiß, sage ich, ich wohne hier.

ja, sagt der mann daraufhin, da sind sie schon qualifiziert.

ich lache ein bisschen, aber innerlich jubelt es in mir. später ärgere ich mich, dass ich nicht geantwortet habe. ihm nicht zu seinem spracherwerb gratuliere, ganz vorsichtig, denn vielleicht nuschelt er ja nur.

aber besser kann man es doch wirklich nicht umschreiben: qualifiziert!

jetzt sitze ich hier. mir ist kalt und trinke ukrainischen tee, der mir persönlich von dort mitgebracht wurde. ich kann nicht lesen, was er enthält. ich kann nur riechen und schmecken. manches ist gut, wenn auch so vieles nicht. das muss man kennen und erkennen und schließlich wissen.

wien, abgewandt

erfahrungen von raum und zeit. gestern um diese zeit etwa, da gab es auf meinem weg durch wien eine topfengolatsche, die noch warm war. zufall, aber wunderbar. dann eine mangolassi mit einem sitzplatz für etwas über eine stunde, lesen.

jetzt zurück in deutschland, kurz hinter passau, der zug steht in plattling. bislang keine verzögerungen, aber. ach, egal. weil die zugreihung verkehrt wurde, und ich nie weiß, was die anzeige in einem solchen fall anzeigt, musste ich mich in meidling einmal durch den gesamten zug kämpfen. bis ich auf meinem panoranaplatz saß, auf dem ich nun rückwärts durch leicht verschneite gegenden rase. die scheibe ist klar, aber die sichtblenden unten. ein bisschen pech, ein bisschen glück. noch auf der österreichischen seite gab es für eine weile ein bisschen sicht auf deutlich mehr verschneites gebirge. seltsam, berge scheine ich ohne schnee nicht so recht wahrzunehmen.

wien war seltam diesmal, durchgehend tieftraurig, dennoch vertrauter, denn je. ob das am wetter lag, an der zunehmenden kälte. ob es an mir lag, am thema des viertes kapitels. kein spaß, sondern zutiefst traurig. beides liegt nicht in meiner hand. aber beides hat gestrahlt, wie wien irgendwie immer strahlt. jetzt wird es trübe, seit grenzübertritt, keine sonne mehr, kein wagnis.

es ist die ruhe, nicht die stille in wien. und ich bin durchaus bewusst, dass mein aufenhalt mitten im megakuschelbezirk neubau diesen eindruck mächtig verstärken mag. es gibt sie dennoch, diese tiefe ruhe. ich bin schon in müderen gegenden untergekommen, mit mehr menschen, mehr dreck und mehr lärm. ich hatte auch schon eine wohnung in gürtelnähe, meine liebste bislang. ja, das hört man. das macht nichts, mein dennoch bleibt.

in wien trete ich auf die straße und will dort sein. will bleiben, will gehen. die weite ausschreiten, die ich irgendwo dort zu finden können meine.

eine solche ruhe mag es vielfach geben, außerhalb von berlin, von neukölln. auch in der kleinen stadt, damals, war ich ja am meisten begeistert von der nächtlichen ruhe. aber die kleine stadt ist eine kleine stadt. wien dagegen ist groß, verfügt unverkennbar über weltweite, kennt ihr alter und ihre geschichte. und die menschen. so viel menschen, damals wie heute. sie stören mich nicht.

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