am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

nachtaktiv

das hab ich nun davon, daß ich in einem trendbezirk lebe. aus versehen, denn vor gut vier jahren, als ich hier herzog, war davon noch nicht die rede.

zunächst hängt also in der eckkneipe vor meinem schlafzimmerfenster plötzlich die regenbogenflagge im fenster. riesig groß, dominant, könnte man fast sagen. und sie hängt da bis heute. in dieser harmlosen pinte, bislang kaum mehr als ein öffentliches wohnzimmer mit praktischem bierausschank. zum frühschoppen bereits geöffnet, abends um zehn aber meistens schon wieder zu. wenn denn überhaupt geöffnet wurde. im hinterzimmer steigen offensichtlich hin und wieder tupperpartys. selbst silvester war dort nicht so richtig viel los dort. nicht so zumindest, daß es mich auch nur im geringsten gestört hätte.

gestern nacht aber war es auf einmal soweit. kurz vor zwei, wummernde bässe aus dem hell erleuchteten lokal, reges treiben in der weserstraße. junge männer in dunklen jacken, turnschuhträger und andere menschen, ein kommen und gehen, fahrräder überall, bestellte taxen, die warten oder weitere gäste bringen, handytelefonierer draußen vor der tür, rollende bierflaschen, reden und lachen. ein pulk von fünf ankommenden gästen macht erst einmal ein foto von kneipe, der flagge vielleicht, bevor sie das etablissement betreten.

das geht so bis gegen fünf, wenn ich mich recht erinnere. ja, wo sind wir denn hier!? ;-)

also

gegen mittag auf einmal latente hektik auf der baustelle vor meinem schlafzimmerfenster. plötzlich sind mehr als drei arbeiter gleichzeitig zu sehen. diese laufen auch hurtig noch hin und her, statt, wie sonst mitunter, mal ein paar minuten untätig im bagger zu sitzen, ein anderes mal still am sandhaufen zu stehen und zu rauchen. offensichtlich ist die bauleitung anwesend.

einer der männer ist ganz besonders aktiv. neben ihm eine kleine frau mit langen haaren und einem packen papier in den händen. sie zeigt und winkt in alle richtungen. er nickt, er ruft, er läuft voraus und kommt wieder zurück. er ist zuständig, ohne zweifel. sie gibt die richtung vor.

die bauleitung ist also weiblich. offensichtlich.

bagger

da verläßt man sich einmal auf die bauarbeiten direkt vorm schlafzimmerfenster und stellt vertrauensvoll den wecker aus. ist ja ohnehin genug lärm, den lieben langen tag, von früh bis spät. und was dann? da hämmern die heute nur morgen ein bißchen. nicht so wie gestern, als der bagger noch vor acht in dauerbetrieb war:

aber schick, so ein baggernder bagger. einen moment lang konnte ich verstehen, warum mein kleiner bruder als kind so grenzenlos begeistert war. haben was saurierartiges, die dinger.

junk

ein stück weiter die weserstraße hinauf, da, wo sich vor einer arztpraxis zweimal täglich die junkies versammeln, um sich substitionieren zu lassen, herrscht derzeit ein offensichtlich schlechtes karma. es wird lautstark gestritten, über anwälte und beikonsum, immer wieder mal hängt wer total in den seilen, neulich wurde aus irgendeinem grund die polizei gerufen. das geht inzwischen soweit, daß einige der täglich anstehenden es vorziehen, die letzten paar minuten versteckt um die häuserecke abzuwarten. direkt vor dem kinderladen übrigens, bevor sie sich (notgedrungen) in die praxis begeben. alles in allem ist das eine überaus unschöne entwicklung. ich hoffe, das renkt sich bald mal wieder ein.

romantik

unterwegs, brot kaufen und milch. dabei das rilke projekt 2 gehört. sehr seltsam, all die engel in neukölln. im brausen und rauschen der stadt gefangen, darunter das eigene atmen. (ohrstöpselproblematik.)

morgens ist auch tag

vorm fenster wird grad losgebaggert. dreimal schweres gerät macht sich daran, die weserstraße aufzureißen. gut, daß es nicht direkt vorm wohnbüro ist, denke ich. dann wäre nix mehr mit in ruhe telefonieren heute.

dumm allerdings, daß es direkt vorm schlafzimmerfenster ist. das denke ich anschießend, denn weit sind sie noch nicht gediehen, die arbeiten am heutigen nachmittag. kaum was zu sehen bislang. morgen ist schließlich auch noch ein morgen. leider. (ich denke und lebe da ja ein wenig anders.)

katzen und hunde

daß ich kein hundefreund bin, läßt sich unter anderem im hsb nachlesen. demnach ist davon auszugehen, daß ich nicht allzuviel von hundeerziehung verstehe. auch nicht von hundedisziplinierung. ich frage mich also, ob die maßnahmen, die ich gestern vor einer naheliegenden eckkneipe beobachten mußte, erfolgversprechend sein könnten.

ein ziemlich großer, langhaariger, reichlich trottelig wirkender hund versucht etwas unbeholfen, mit dem alten, hüftsteifen kneipenhund anzubandeln. dabei wird er von einer frau behindert, die lautstark auf ihn einschreit. AUS und SITZ und PLATZ befiehlt diese abwechselnd, ohne jedoch irgendeine reaktion zu bewirken. der riese trottet etwas hilflos herum, zumal die frau ihn an der leine hat. die langen haare verdecken seinen gesichtsausdruck, vielleicht auch seine sicht, sein gehör. der kurzhaarige kneipenköter hinkt ihm ein wenig entgegen, da beugt sich die frau zu dem haarigen hinunter, drückt ihn zu boden und haut ihm auf die schnauze. der hund reagiert nicht, er scheint das zu kennen. ob er aber weiß, was er falsch gemacht hat? ob überhaupt er es ist, der etwas falsch gemacht hat?

okay, das war jetzt polemisch. ich kann nicht anders. außerdem muß ich noch einen nachtrag zum ausdruck „hundedöner“ bei creezy anbringen: ich selbst hab ja das lisatier seinerzeit des öfteren als „katzenbraten“ tituliert. sie hat das genau verstanden und mich daraufhin provokant „menschenmonster“ genannt. gefreut hat mich das nicht, aber selbstverständlich haben wir das beide nicht wirklich ernst gemeint. dennoch sollte man so etwas nicht unterschätzen. katzen sind untereinander gut vernetzt. sie tauschen sich aus, auch ohne pc und über die grenzen der generationen hinweg.

katzen wissen sehr wohl, daß sie für das zusammenleben mit menschen einen hohen preis zahlen. kastration, fettleibigkeit und verniedlichung als kuschelkissen sind da nur ein paar wenige häßlichkeiten. am ende wartet die todesspritze. doch sie nehmen das in kauf, die katzen, die zu uns in die häuser, in die wohnungen kommen. für ein leben ohne zecken und sonstige parasiten. ohne auszehrung und hunger, weitgehend ohne schmerzen. aber sie verkaufen sich nicht an den teufel, an die menschenmonster, wie ich eines bin. sie behalten ihre krallen, ihre lust. dicht unter dem seidigen stubenkatzenfell.

ich kann das verstehen. mal ein leben lang nur spielen und träumen, ohne jedoch die freiheit dabei vollständig zu verlieren. das hat doch was.

so etwas können sich hunde sicher nicht einmal vorstellen.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner