am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

keine klagen/97

es ist seltsam, nicht auf der party am see gewesen zu sein gestern abend. es war ein schöner abend, mit leckerstem essen. aber es war eben nicht die stimmung am see, auf aufkommende nacht, die menschen und eine ahnung von leichtigkeit. und vor allem anderen, die radfahrt dort hinaus und die radfahrt wieder zurück in die stadt.

nach den lesungen heute habe ich dann erfahren, dass des facto für alle offen gewesen wäre, wie auch immer sich das geregelt hat. und hätte ich ein rad gehabt, wäre ich allein um der fahrt willen hinausgefahren. und für den fall der fälle halt wieder zurück, trotz knieerguss, coolpacks im eisfach usw. aber ich hatte keines, wie sonst eigentlich immer. ich hätte eines dieser mietappräder, ach verdammt!

meine stimmung knurrt, muss ich gestehen. denn dieser abend fehlt mir jetzt, das gebe ich ganz unumwunden zu. und fürs nächste jahr weiß ich: 1. ein rad muss sein und 2. in den schönen garten geht man einfach hinein, weil es alle machen.

zu den lesungen heute erst im lendhafen, dann ins studio. so wie gestern. den siegertext gab es am vormittag. das prophezeie ich an dieser stelle. das mache ich sonst nie. und es ist ja auch ein wenig unsinn, wie so ein bewerb ohnehin ein unsinn ist. aber dieser text hat mich wirklich derart vom hocker gefegt, wie an dieser stelle noch nie einer.

es gab noch mehr gefallen, wie mir auch gestern so einiges gut bekommen ist. es gab auch sachen, die ich nahtlos weggelegt habe, ohne bedauern. aber ich will ja nicht werten, nicht klagen, nicht richten. also, alles gut.

auch der termin gestern war das vorherige durchgemangel nicht die bohne vonnöten, ganz im gegenteil. zwar ist das fazit mau: es ist, was ist. es ist stillstand. das ist wie tief einatmen, und dann nie wieder ausatmen. eine seltsame art des erstickens. aber es ist auch anders: nichts passiert, doch es geht voran.

ich kämpfe nicht, ich wachse.

keine klagen/96

und auch keine kritik an dieser stelle, dafür sind andere zuständig. das kann man alles auch detailliert bis ins letzte im netz nachlesen. viel spaß.

ich bemühe mich, die wirklich schlecht durchlebte nacht zu bewältigen. was sicher nirgends besser möglich ist als im lendhafen, wo sich ein kleines häufchen hochinteressierter in leicht unterschiedlicher zusammenstellung jahr für jahr zusammenfindet. man sieht sich, erkennt sich, kennt sich schon fast und dann sitzt man und hört zu, weil man etwas vorgelesen bekommt. wie selten im leben. nebenbei geht das leben weiter, müllwagen fahren vorbei, kirchenglocken läuten, radfahrer klingeln und kindergruppen quatschen von oben von der brücke herunter.

nichts davon stört, es ist großartig.

in dieser aufmerksamkeit, dem zeitgleichen hören und denken, stellt sich in mir eine gewisse ruhe wieder ein. wenn ich nicht werte, nicht verurteile, weder mich noch die anderen, wenn nur aufmerksam bin. wenn ich so bin, wie ich bin, wenn ich in den geschichten versinke, denen ich begegne.

nach der pause ins studio gewechselt, was mir einigermaßen gut gefällt. aufgeräumt, allerdings sieht man die lesenden nicht so wirklich gut. alles ist doch sehr auf die juryriege ausgerichtet, naja. das liegt wohl auch daran, dass das nicht unbedingt mein hauptsächlicher fokus ist. im gegenteil. andere sehen das anders. meine sitznachbarin zumindest, sie fing an, immer wenn die kritikrunde begann, sich seitenweise notizen zu machen. (schöne grüße! ; )

manche sind so, andere anders. das ist gut, das ist vielfalt. so braucht es eben schreiber und auch leser, beides.

jetzt zu hause, erst ins netz schreiben, dann ist etwas zeit zum ausruhen. kein rausradeln an den see für mich, keine schöne party, ich bin diesmal nicht eingeladen. und ich habe mich auch nicht um die möglicherweise freigewordenen restkarten beworben. ich gehe mit einer ebenfalls ausgeladenen zum essen, das ist auch schön.

vorher noch ein termin, der mich vorab doch ein wenig durch die mangel dreht. völlig unsinnigerweise, vermutlich.

keine klagen/95

oh himmel, oh hölle.

nach zehn tagen allein in wien, zehn tagen arbeit, mehr oder weniger, aber allein, das auf jeden fall. mehr als zehn tage, zwei reisetage, nicht allein im zug. aber doch allein. und jetzt das.

große freude, menschen zu sehen, die auch kenne, die mich ebenfalls kennen oder zumindest erkennen. literaturmenschen noch dazu. viele sind auch nicht da, dennoch habe ich viel geschaut, getroffen, geredet und all das, was man so macht. mit menschen.

ein bisschen auch zu organisieren und herauszufinden. inmitten von menschenlärm, dass ich kaum noch hören konnte. und das nicht, weil ich nicht mehr gut höre. eher weil meine wahrnehmung hochgedreht hat, bis zum anschlag. alles ein wenig anders hier als sonst, das immerhin habe ich verstanden. aber immerhin finden die lesungen nicht draußen statt.

jetzt wieder allein. kaum zu beschreiben wie es nun in mir aussieht, es ist ein lärm, er sich nicht legen mag. ein guter lärm versteht sich, eine aufregung, die nichts mit angst oder verzweiflung zu tun hat. vielleicht eher mit freude.

ich erinnere mich, vor langer zeit habe ich mal einen test für hochsensibilität gemacht. eher nebenbei, beinah nachlässig. ich weiß noch genau die prozentzahl am ende. ich vergesse alle ziffern nach ein paar minuten, ich kann einfach nicht mit zahlen. aber die nicht, wie könnte ich.

keine klagen/94

einigermaßen geschlafen, besonders zum morgen hin. was hier nicht selbstverständlich ist, der morgendliche stoßverkehr auf der villacher straße ist nicht ohne. noch dazu war heute früh alles nass von regen, und regen ist zusätzlich laut. aber ich hatte ja vorsorglich ohrstöpsel eingeschraubt. ich kann gar nicht sagen, wie froh ich über die entdeckung mir erträglicher verstöpselung bin.

der tag war dann dennoch etwas träge im angang und zusätzlich durchdrungen von kleinen misslichkeiten. als erstes fiel mir der untere kühlschankeinsatz mitsamt der dort eingestellen milch sowie zwei bierflaschen entgegen. das ding war aus der halterung gebrochen und außerdem in zwei teile zerfallen. bei näherer betrachtung fiel mir auf, dass alle bruchstellen bereits wenigstens einmal geklebt worden waren. das war einerseits beruhigend, andererseits hätte ich einen kleinen hinweis schon auch gut gefunden. aber ich will ja nicht klagen, milch und bier haben keinen schaden genommen. den nur wenig später gefundenen wirklich runtergerocktesten topf, ever!, konnte ich mit nur wenig suchen für den preis von acht euro ersetzen. hier ist so ein blechding mit seit jahren heruntergekratzter beschichtung im angebot, aber den wohl niemand mehr benutzen wollen, wenn in zukunft mein hüscher, nachtblauer emailletopf danebensteht.

fazit: es gibt ekelbefreiten milchkaffee. und funktionierendes wlan, was sowieso das wichtigste ist.

soviel zum alltag, danach kam literatur, dafür bin ich ja hier. natürlich war ich auch diesmal bei der lesung des literaturkurses. wie immer mit neugier und verbehalten in einem in etwa ausgeglichenem verhältnis. diesmal war es okay, muss ich sagen. es fing ein bisschen angestrengt an, wie so oft. dann aber wurde es besser, und am ende hatte ich an vier texten meine freude gehabt. nicht durch und durch, aber doch punktuell.

schade nur, dass von dem früheren andrang dort nicht mehr viel zu sehen war. ich traf zwei bekannte gesichter, die ich auch begrüßen konnte. aber all die vertrauten gesichter, die ich kenne, aber eben nicht persönlich, die gab es diesmal nicht.

sagte ich schon, dass ich derzeit alle wege laufen muss. für ein fahrrad war ich zu spät, man konnte mir keines mehr anbieten. ich weiß noch nicht recht, wie schlimm ich das finden will. klagenfurt ohne fahrrad ist eigentlich undenkbar. aber mal sehen.

womöglich zeichnet sich einfach ab, dass klaglosigkeit im leben eine tragfähige masse darstellt.

keine klagen/93

ich weiß nicht mehr, wann ich diese leicht blöde headline erfunden habe. ob das schon 2011 war, als ich das erste mal persönlich herkam. oder erst im jahr danach. jedenfalls bin ich nun das elfte mal hier, zweimal war ja pandemie, und es hat sich vieles geändert. 2011 war ich völlig verpeilt, nahezu in panik und hatte keine ahnung. ich hatte auch kein geld, die ganze reise war derart auf den letzten cent genäht, dass ich versucht habe, mich von salzstangen und miniwürstchen zu ernähren. ich wusste nicht, dass man sich akkreditieren kann und bei wenigstens zwei gelegenheiten kostenfrei vollfressen. vermutlich hätte ich sogar vom buffet klauen können, für die anderen tag. wäre das vermessen gewesen, ein frevel gar? für meine liebe zur literatur. (ich muss an sinéad o’connor denken, die in ihren erinnerungen schreibt, wie sie eine bibel stiehlt, aber gleichzeitig weiß, dass ihr vergeben ist, weil sie sie gebraucht hat. und dass sie später, mit ihrer musik dafür zahlen wird. oder so ähnlich.)

heute bin ich derart mit dem geschehen vor ort vertraut, das ich mich mitunter in einzelne elemente des gerummels verbeiße, die mir so gar nicht gefallen. die sich aber seit jahren in genau die richtung entwickeln, die mir missfällt. auch diesmal ahne ich scheußlichkeiten, die ich so nie, nie machen würde. ich will mich bemühen, das nicht weiter auszuleben. denn darum geht es hier nicht, mir geht es hier nicht darum. ich bin immer noch für die literatur hier, weniger für die kritik.

ich bin hier, weil diese veranstaltung, bei allen häßlichkeiten, genau die eine ist, die sich ganz nah an der entstehung von literatur bewegt. das ist vermutlich nicht immer erkenntlich, auch ich muss mich mehr und mehr bemühen. ich habe mich manchmal zu weit wegtragen lassen in den letzten jahren, tief ins netz. was eine spannende kombi ist, literatur und das selbstmachnetz, damals. aber ich bin eben nicht der multitaskingtyp an der tastatur.

ich mache also ruhig, diesmal noch mehr als im letzten jahr. und ich werde nicht klagen, das steht mal fest. insofern stimmt dieser titel dann wieder, so alt er inzwischen auch sein mag.

letzter tag in wien, morgen geht es weiter nach klagenfurt. da ist gerade für morgen regen und anschließend für sechs tage in folge gewitter angesagt. das wäre außergewöhnlich. und würde mir wohl die tage dort ein wenig menschenleerer machen, das wäre womöglich noch nicht einmal schlecht.

angesichts der textbauverwirrung in meinem kopf, ständig muss ich an den noch offenen kapiteln herumschrauben. die halbe nacht gestern, ohne dass mir der sinn danach stand. wirklich nicht. das muss ich alles heute irgendwie zu notieren versuchen, bevor ich mit dem zusammensammeln von analogem reisezeug beginne, dass es mit mir auf die weiterreise gehen kann.

ob ich einen schirm kaufen gehe, vorsichthalber?

auch schön

noch so ein tag. wie gestern sitze ich nur da und mache zeug, so wie es kommt.

ich stehe spät auf und schaue im live-tv erstmal die wohl letzte sendung im nachklapp von klagenfurt. heinz sichrovsky sitzt mit drei der preisträger*innen in der orf-studiodeko, der ist ja vor ort schon überall als randerscheinung aufgetreten. deshalb also. eine der preisträgerinnen fehlt, ich wundere mich nicht. aber martin piekar zeigt das originalautogramm von reich-ranicki im pass seiner mutter. das ist cool.

angezogen habe ich mich nicht so richtig. immer noch nicht, wozu auch. ausgehen wollte ich eh nicht. schlafzeug ist eigentlich ganz schön bei diesem wetter.

nach der allzuhäufigen abwesenheit in den letzten zwei monaten bin ich heute endlich mit dem wäschewaschen hinterhergekommen. dem wetter sei dank, auch wenn es heute zum glück nicht mehr ganz so heiß ist. zum zügigen wäschetrocknen reicht es allemal. ich freu mich schon aufs bügeln, hab ich auch lange nicht.

mein facebook, wo es kaum noch echte menschen gibt, nur gruppen und erinnerungen, spült mir immer häufiger bilder aus wien ein. das ist kein zufall, das habe ich so angelegt. heute sehe ich, was ich alles schon weiß und kenne und erkenne. von da aus könnte ich glatt schon anfangen, pläne zu machen für meinen nächsten besuch. also mir dinge merken, die ich mal sehen will. und mehr fotos machen.

ich bin eine seltsame reisende, wenn ich das so mache. so planlos, ich weiß. aber ich will es einfach wirklich wissen.

ein bisschen bin ich auch weitergekommen mit den texten für die neue webseite, sogar die übertragungen von der alten business-seite sind so gut wie erledigt. die formatierungen und so, die menüstruktur. das verstehe ich schon ganz gut, wie das alles jetzt funktioniert. das macht spaß, nach all der zeit. als nächstes muss ich mich dann um meine moodle-plattform kümmern, aber nicht jetzt gleich. da hab ich auch gar nicht das geld.

anschließend an die aktuelle übersetzung. schnell eine sache soweit fertig machen, dass ich sie morgen abend oder am dienstag abgeben kann. naja, schnell. da war es dann auf einmal schon spät am nachmittag, und so klar draußen und schön eigentlich, dass ich balkon und alle fenster aufmachen wollte.

eben dann ist mir eingefallen, dass ich gestern mit der steuer anfangen wollte. eigentlich.

keine klagen/92

fliegen ist fürchterlich, dass ich das immer vergesse. und tatsächlich glaube, es ginge nicht anders. das muss anders sein im nächsten jahr, das wird es sein. alles eine frage der planung, die ich gerade schon angesetzt gabe. es hilft ja nichts, reisen an sich ist immer schrecklich. egal wie.

erst ein geruhsamer vormittag, trotz wettbewerbsabschluss in tv-inszenierung. mit dem ergebnis bin ich zufrieden, meine reihenfolge wäre eine andere, aber was tut das. es hätte mehr preise geben sollen, viel mehr. ausgerechnet diesmal, wo doch diesmal zwei texte weniger am start waren. zuletzt ein gutes essen in bester gesellschaft mit anschließendem eisessen und der plötzlichen erkenntnis, dass ich das mit dem bus verkackt hatte. und ein taxi rufen musste. mit dem telefon, was sich ungefähr einmal in hundert jahren tue. soll heißen: es war das erste mal.

dann bin ich allein unterwegs, zusammen mit etlichen anderen literaturreisenden. all die, die auch aus berlin kommen und zügig dahin zurückfliegen wollten. und das sind viele. sie bewegen sich auf der gleichen strecke.

auch flüge haben verspätung. flugzeuge sind widerliche blechbüchsen, die kreischen und fauchen, dauerspiepsen auch und immer wieder rumpeln. es ist heiß und voll, irrsinnig voll. fast alle schlafen oder dösen, das sehe ich auf dem weg durch den gang zum klo. ich nicht, ich lese in dem buch über traumata. es ist das einzige, das ich parat habe. denke ich.

doch ich irre, fällt mir jetzt gerade erst auf. denn ich hatte das pocketbook mit. das ding ist mir offensichtlich immer noch so neu und ungewohnt, dass ich gar nicht darauf gekommen bin, dass da ja noch mehr drauf ist. ich hoffe, ich kann das noch lernen, irgendwie. in meinem alter.

kurz nach zwölf bin ich zu hause. viel geht nicht mehr, nicht einmal den koffer packe ich noch aus.

literatur macht müde.

keine klagen/91

aus dem traditionellen quiz gestern abend halte ich mich raus, obwohl ich mir mit ein bisschen elan zugang zu der topgruppe hätte verschaffen können. doch mein ehrgeiz reicht nicht einmal für das. ich tauge eben wirklich nicht für gesellschaftsspiele, das wäre nur peinlich geworden. ich sitze in der wohnung, packe schon einmal ein bisschen zeug in den koffer. dann gehe ich doch an den hafen und google zum spaß ein bisschen mit. nur so für mich. und am ende kriege ich sogar ein stück kuchen ab, einfach so.

das ist meine art von gesellschaftsspiel. tun, was ich so gerade aushalten kann. jetzt, im alter, scheine ich das doch langsam beherrschen zu lernen. obwohl ich einen moment lang tief erschrocken bin, als jemand aufspringt, um mich zu begrüße. wie ich denke. mein körper will gerade auch schon springen, doch ich bin gar nicht gemeint. zum glück merke ich das im letzten moment.

die pein, innen, ebbt nur langsam wieder ab. einen moment lang will ich sterben vor scham. aber dann gibt es ja kuchen.

gleich gibt es gewinner*innen, ich kann es mir kaum vorstellen. natürlich habe ich eine liste mit lieblingen, aus den unterschiedlichsten gründen. doch es ist keine siegerliste, es ist annäherung. ich bin ohne ehrgeiz, ich mag den wettbewerb nicht. wenn ich darin bin, komme ich um.

in diesem jahr war es leicht, die texte waren fast durchweg gut oder noch besser. auch wenn sie mir nicht alle nah sind. ein guter jahrgang, würde die jury gesagt haben, doch sie wurde nicht wirklich gefragt. oder ich habe es übersehen, überhört. auch die jury war weitgehend gut und konzentriert, wenn auch nicht immer hilfreich. aber das ist nicht ihre aufgabe, sie muss werten.

ich habe viel mehr über die texte geschrieben, als ich das wollte. nicht konkret, nicht als kritiker*in, das liegt mir nach wie vor fern. ferner geht gar nicht. aber doch als wahrnehmung und refexion.

vielleicht habe ich in diesem jahr einfach nur richtig gut zuhören können.

das ist ein fazit.

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