am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

keine klagen (39)

ein dritter texttotalausfall gestern kurz vor schluß. so schlimm, daß man sich fragt, ob den niemand auf die jurorInnen aufpasst, so als letzte instanz. damit ihnen das nicht passiert, daß sie im wald die bäume nicht finden, weil sie sie vielleicht nicht kennen. oder erkennen. der arme, hoffentlich verhagelt es ihm nicht allzusehr den elfenbeinturm.

sonst alles fein, die preise vergeben, die luft satt runtergekühlt. ich bin einverstanden, beim bachmannpreis selbst sogar sehr einverstanden. YES! das war sicher nicht leicht in diesem jahr, so viel solides dabei, so viel gutes auch. auch wenn wenigstens ein text völlig vergessen wurde, ein wichtiger text, aber was soll man da machen.

jetzt schaue ich die bilder von gestern an. ich versuche, mich an die temperatur zu erinnern, an den staub im lendhafen, die gluthitze. an den see auch, den weg dort hinaus, den wir in den nachmittag verschoben haben. raus aus der glut, rein ins türkis, die bergroute schwimmen. seitlich um die ecke, da sind echte berge. sehe ich ja selten sowas. inzwischen ist es empfindlich kühl.

etwas ist anders hier. es sind die leute, die fehlen, ja. aber es ist auch die zeit. es ist zeit. sechs mal war ich vor ort in den letzten jahren. kein jahr habe ich ausgelassen, auch wenn die finanzierung mehr oder weniger immer schwierig war. dabei habe ich mich von den texten entfernt, die mir doch seit mitte der 90er jahre schon jahr um jahr so wichtig waren. ich habe sie noch erlebt, die zeiten, als die jurorInnen die texte erst im moment der lesung kennenlernten. wie sich sich zu drücken versuchten, nicht der/die erste sein wollten. wie die kinder. ich habe am fernseher gesehen, wie sie sich einen tag später, nach erneuter lektüre, für ihr geschwätz vom vortag entschuldigten. ich habe auch gesehen, wie sie sich peinlich berührt, auf offener bühne, für die von ihnen eingeladene autorIn entschuldigten oder zumindest distanzierten, wenn der text ihnen zu mäßig erschien. ich habe gesehen, wie wenigstens ein juror sich dem abstimmreglement zu verweigern versuchte. (biller?) ich habe die jury ratlos gesehen, dümmlich und brillant, be- und entgeistert, selbstgefällig und außer sich.

ich habe urlaub genommen, um die lesungen verfolgen zu können, damals. ich habe mir den wecker gestellt, mitunter ging es um neun los, wenn ich mich recht erinnere. oder ich habe 300er-vhs-bänder besorgt, wenn ich zwischendrin doch ins büro mußte. nachts habe ich nachgeschaut bis in die früh. traurig war ich und und müde, wenn es vorbei war, jedes jahr. fast so schlimm wie jetzt.

der erste bruch kam (für mich) mit der kürzung um mehrere jurorInnen und autorInnen und einen ganzen tag in tateinheit mit der vorabfestlegung der zu lesenden texte. der zweite mit dem internet, noch zu hause vor dem fernseher. der dritte mit meiner persönlichen anwesenheit hier, die mich den menschen näher gebracht hat. und von den texten entfernt, ja. aber das war es wert. ich habe eine der besten, der freiesten nächte meines lebens hier verbracht, mit fremden menschen, ganz aus versehen. das ist eine weile her, darüber rede ich nicht, darüber schreibe ich nicht. das gehört nur mir. das ist mir immer noch unerklärlich. unfassbar.

jetzt bröselt es wieder. es wird anders werden, ich spüre das. es bewegt sich, es geht weiter.

es hört nicht auf. ich höre nicht auf, nach meinen über 20 jahren bachmannpreislesen. wie könnte ich. ich bin süchtig. und über literatur muß gespochen werden, früh genug, bevor sie in den büchern verschwindet.

ich habe eine ahnung.

keine klagen (38)

den lendhafen gibt es noch, auch den literatur-lendhafen, wenn auch nicht mehr so voll. so voller bildschirme, laptops und gekabel. tagsüber. ob es ihn auch nachts noch gibt, weiß ich  nicht. ich war nicht da. ich wollte, aber dann gab es essen, viel essen, zu viel essen. gutes essen, allerbestes essen. und dann war ich müde, bin ich müde, so müde. da bin ich nicht mehr nachschauen gegangen. das tut mir jetzt schon leid. ich hätte gern noch etwas staub und musik heute nacht, morgen nacht, in meinen nächten. ich würde gern noch einmal ein wenig diesen menschen zusehen, die allesamt mit literatur beschäftigt sind, mehr oder weniger. oder mit büchern, auf die eine oder eine andere art. wie sie in der nacht stehen, wie ich, und trinken und reden. und.

ach.

die neue gestaltung des sendestudios, in dem ich gestern für zwei lesungen war, finde ich im studio gewöhnungebedürftig. das publikum rechts und links an den seiten, autorIn und jurorenriege einander gegenüber, dazwischen fließtext. das macht die gäste mehr als zuvor zu deko, zum bildbestandteil, der dementsprechend ausgeleuchtet ist. als fernsehbild dagegen scheint es zu funktionieren, wie ich heute gesehen habe. (gestern waren da zu viele spiegelungen.) wenn vielleicht auch ein wenig platt, kitschig, besonders das mit dem fließtext. aber fernsehen muß simpel sein, eindimensional, ich verstehe das.

die texte. ach ja, die texte. die sind gut, die meisten zumindest ausreichend tragfähig. manch einer auch mehr als das, einer bislang herausragend. nur zwei totalausfälle, das ist erstaunlich wenig. die autorenporträts. die schaue ich nicht an, das langsweilt nur. stört.

heute war ich essen. morgen gehe ich wieder schwimmen.

keine klagen (37)

wieder in klagenfurt, und es gilt zunächst einmal einen schock zu überwinden. keiner der langjährig vertrauen, vor einem jahr noch als fast schon freunde bezeichtet, literaturvertraute auf jeden fall, ist heuer vor ort. (wie man hier sagt.) damit war nicht zu rechnen, das hat sich nicht angekündigt, mir nicht zumindest. ich weiß nicht einmal, ob es zufall ist, oder ob das so sein muß, jetzt. ob das einfach angesagt ist. ich bin ratlos.

so ändert sich vieles diesmal. ich bin wieder mehr auf die texte und diskussionen ausgerichtet. ich bleibe vor ort, gehe hinauf in den vollkommen neu gestalteten saal, treibe mich nicht am lendhafen herum bislang. vermisse ihn aber diesen staubigschönen freiraum. ich treibe mich kaum noch im internet herum, kein bachmannbegleittwittern, kein #tddl-mitlesen vor allem. ich bin da raus, irgendwie. und ich vermisse es nicht.

das alles muß nicht, ich nicht. dafür steht ja inzwischen auch das hiesige orgateam parat, mit twitter account und facebookseite, alles fein. angekündigt sogar in der vorabwerbung bei 3sat. jetzt, wo es den automatischen riesenmaschinenpreis ohnehin nicht mehr gibt, seit 2015, darf das mit dem internet gerne auf mal die art bespielt werden. öffentlich rechtlich und medienwirksam vielleicht. markenmachend. meinetwegen.

ich bin gespannt, hätte ich fast behauptet. stimmt aber nicht, ich bin nicht einmal neugierig. ich schaue und frage nicht nach.

aber zum lendhafen, dahin muß ich morgen mal.

koffer packen

es stellt sich heraus, daß auch der kleine koffer genügt hätte. der große bleibt vergleichsweise leer. irgendetwas muß falsch gelaufen sein. irgendetwas eklatantes muß ich vergessen haben. dabei habe ich zwei badetücher dabei und zwei badeanzüge und zwei bücher, nun doch. wenn ich nur wüßte.

aber ich weiß wirklich nicht.

koffer packen

ich versuche also, keine kamera mitzunehmen, schließlich gibt es ja instagram. und nur ein buch, weil ich in klagenfurt zu mehr eh nie komme. das eine also, das ich bis zur lesung mitte nächsten monats fertig gelesen haben will. da bin ich jetzt also gespannt und ein klein wenig zuversichtlich, zumindest was die kamera angeht.

keine klagen (36)

jetzt ist es vorbei. vor ein paar stunden noch im wörthersee geschwommen, um die spitze herum, wo oben immer der empfang stattfindet, bis ich von wasser aus die berge sehen konnte. aus dem türkisblau hinauf in dünnere luft, ziemlich klar heute. kurz danach die letzten leute nach wien verabschiedet. freunde fast schon, auch wenn man sich nur einmal im jahr sieht. dann das fahrrad zurückgegeben. auf dem fußweg in die wohnung, vorbei an an dem komplett verschlossen lendhafen, etwas traurig geworden. morgen fliege ich zurück nach berlin.

es ist vorbei. ich will aber bleiben, im geiste, in gedanken. nur ein wenig langsamer vielleicht.

keine klagen (35)

was soll ich sagen? ich kann immer noch nicht so recht etwas sagen. oder schreiben, diesmal. vielleicht soviel: gestern nacht, nach fast gewonnenem quiz, wollte mein bett unter mir zusammenbrechen. gegen halb drei sah ich mich also gezwungen, unter den lattenrost in seine ordungsgemäße form zu sortieren. aber sonst?

weiß der kuckuck. ich werde nachliefern. müssen.

keine klagen (34)

wenn da viel los ist, viele menschen um mich herum sind, immerzu input. dann geht mir der output verloren. oder einfach die zeit dazu. so vergeht klagenfurt, an denen ich mir anfangs noch notizen gemacht habe, und ich sage nichts dazu. zudem habe ich beschlossen, dieser tage autorin zu sein, mich nicht über autorInnen  zu äußern, nicht öffentlich zumindest, keine vermutungen anzustellen. ich schreibe nicht über texte, nicht über die hiesigen zumindest. nicht hier. aber ich rede darüber, hier und da, das wundert mich. da bin ich ja sonst oft überfragt, eigentlich immer, vielleicht ist die germanistik zu lange her. oder sie war nie so recht meins. die literaturwissenschaftlerin in mir scheint entgültig verstorben.

jetzt redet die autorin, wenn sie denn redet, unfundiertes ich. und es funktioniert. alles andere später, womöglich. vielleicht auch nicht.

keine klagen (33)

gestern in klagenfurt mußte ich früh los, um gegen elf am flughafen zu sein. zwölf hätte wahrscheinlich auch gereicht, aber wer weiß das schon vorher. außerdem ist das sonntägliche busverbindungsaufkommen dort recht rar. keine chance also, der preisverleihung beizuwohnen, weder der höchstoffiziellen, noch der automatischen und das ausgerechnet in diesem jahr. gerne hätte ich den bargeldstapel beklatscht, der mit viel freude und engagement zusammengesammelt wurde. ebensogern hätte ich tex‚ gewinnperformance von der orf-wiese aus mitverfolgt. damals, bei meiner ersten anwesenheit in klagenfurt hat er mir beim bachmannwettschwimmen, bei dem ich mich selbst nicht ins wasser traute, seine brille anvertraut. und ich habe sie mir mit einem brillenbügel in den t-shirtausschnitt gehängt. so lernt man sich kennen, findet sich vertraut von jahr zu jahr. ohne es wirklich zu sein, und dennoch. ich gratuliere dem klagenfurter master of musik und quiz.

beim schwimmen am samstag vor ich hervorragende letzte der forellen, selbst die allermeisten steine waren durchaus vor mir im ziel. (gut, die müssen auch nicht so weit raus.) wobei ich bei den forellen nur mitschwimmen muß, weil ich sonst ein aufblasbares gummitier mitzuführen hätte. das erscheint mir bei meinen schwimmkünsten zu gefährlich. der rest ist muskelkater, es kam ja noch radlen auf fremden fahrrädern und tretbooten hinzu. (letzteres ist sehr zu empfehlen, besonders bei leichter bewölkung und mit netter tretbegleitung.)

abgesehen vom frühen fluchtpunkt war die rückreise vergleichsweise entspannt, ohne umweg über schwechat direkt nach berlin. lediglich die rechte schulter hatte keine lust auf koffertragen, selbst die kurzen treppenstücke, die der rollkoffer mir dieses abverlangt, schienen zuviel. ein glück, daß ich endlich meinem alter entsprechend von der reisetasche mit schultergurt auf vier kofferrollen umgestiegen bin. am abend dann heftige gelenkschmerzen, die mich sofort, das erste mal seit wochen, rheuma vermuten ließen. ist aber schon fast wieder weg, war also fehlalarm. sag ich mal so.

und sonst? das, was mir so schnell zuviel wird, ist andererseits auch das, was das dortsein ausmacht. das hinterland gegenwärtiger literatur, die menschen, die auf die eine oder andere art damit verwoben sind, die wie selbstverständlich davon ausgehen, daß ich das auch bin. allen selbstzweifeln zum trotz finde ich das wunderbar und bereichernd. tatsächlich schäme ich mich dort manchmal nur sehr wenig für mich und mein armseliges leben und schreiben.

(denke also jetzt schon leicht verzweifelt an die finanzierung für das kommende jahr. aber es muß, irgendwie.)

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