am anfang war das wort eine mischung aus wahrnehmung und klang

schreibzeit/94

was das schreiben angeht bin ich ja ein monster an disziplin, und das ganz besonders, wenn ich extra dafür wegfahre. ich gebe zu, ich zähle immer wieder die seiten, schaue dann auf die verbleibenden tage und versuche eine prognose. versuche vorab zu planen, was ich noch schaffen kann, in der verbleibenden zeit. natürlich angepasst an das material, damit ich das schreiben später auch wieder in die brotberufe einpassen kann. so läuft das, immer.

am schlechtesten allerdings bin ich beim einschätzen der eigenen kraft. ich denke nicht nur, ich weiß, dass ich mich überfordere. leider fällt mir aufgrund dieses wissens keine vernünftige handlungsstrategie ein, die nicht zu gunsten meiner schreibzeit ginge. alles, was ich versuche, bleibt letztendlich unzulänglich. in der ersten halben woche, hier in wien diesmal, versuche ich es mit so etwas wie mittagspausen. ich arbeite zusammen mit dem frühstück, dann dusche ich, ziehe mich an und gehe hinaus. zu hause würde ich das nicht tun, denn da ist ja nur berlin. hier aber ist wien, da macht das sinn.

und heute ganz besonders.

gestern nacht hat es geregnet und ein bisschen gestürmt vielleicht. heute morgen war es trüb, da habe ich viel erledigt gekriegt. so war es schon nachmittag, als ich endlich rauskam. die gegend hier kriegt mich, jeden tag ein bisschen mehr. ich erinnere mich, dass ich schon einmal genau hier herumgelaufen bin. als ich die meldeadresse meines opas herausgefunden habe, damals, aber da war meinwien noch anders, noch nicht so sehr meins.

ich laufe also zur gumpendorfer hinunter, bis dahin ist es nicht weit, und dann mit der u-bahn. dann verfahre ich mich, finde mich wieder, und laufe vom westbahnhof wieder zurück, die äußere mariahilfer hinauf. (sagt man so, ich meine weg von der einkaufsmeile.) ich weiß, dass ich so wieder an dem haus vorbeikommen werde. den heute rosafarbenen gründerzeitgebäude, in dem meine uroma mit meinem opa. davon gehe ich aus, zumindest mein opa war hier gemeldet.

als ich am eingang vorbeikomme bleibe ich stehe und schaue hinein. ich war schon einmal drinnen, damals. ich muss nicht mehr, denke ich. es ist ein riesiger komplax, das sieht man an den vielen klingeschildern. da kommt ein mann, der will hinein, und ich mache ihm platz. schaue auf die schlüsselboxen, und frage mich, ob ich mich auch hier einmieten könnte.

als ich wieder hochschaue hält mir der mann die tür auf und sagt: bitte!

ich lasse mich nicht bitten, also bin ich doch wieder drinnen. und ich sehe mich gründlicher um, weil ich weniger angst habe. ein paar jungs toben durch das großzüge treppenhaus, bis sie sich vor mir erschrecken und artig grüßen. bevor sie weitertoben.

ich gehe noch einmal bis fast nach oben. da habe ich nichts verloren, denn da war die wohnung nich. ich gehe also wieder hinunter und schaue mir die andere haushälfte an. es ist die schmalere, mit dem kleineren treppenhaus und ohne ausladen flure. eigentlich gibt es auf der seite gar keine flure. nur die stiegen und die türen, je zwei nach vorne und zwei nach hinten. es ist auch die seite, die älter riecht. muffiger, aber bis ganz unten, wo die keller beginnen, gehe nicht.

ich bleibe auch nicht lange, aber ich nehme ein geschenk mit am ende. ein buch aus der grabbelkiste, die es auch hier in den häusern gibt, wie in berlin. ein österreichisches wörterbuch von 1979.

ps es gibt auch bilder. (achtung, insta)

meinwien ist anders

wie immer, die geplante reise angetreten, ohne wirklich reisen zu wollen. das kenne ich ja inzwischen von mir, dass ich bereits im voraus reisemüde bin. das muss ich hier eigentlich auch nicht noch einmal erwähnen. nein, ich bin keine reisende. tue es aber dennoch, wenn es sein muss. weil es sein muss.

wien empfängt mich windig und kühl, schwer wolkenverhangen, aber ohne regen. das war gestern, nach einer langen zugfahrt, vorn im ersten wagen, auf dem panoramasitz. die scheibe war natürlich vernebelt, also habe ich getan, was ich tun muss und tun will. den rechner ausgepackt, die papiere dazu und in das bestehende chaos eingetaucht. daraus dann in drei stunden drei seiten zusammengeschrieben. noch nicht den text, erstmal nur die struktur. selbst dazu bin ich ja in der letzten woche nicht mehr gekommen. die arbeitszeit im zug war also ganz anders als bislang, wo ich gleich in den text springen konnte. möglich, dass auf diese weise mehr ruhe ins schreiben kommt.

heute ist das wetter hervorragend, solide zwölf grad, viel sonne und wind. also in der sonne gut warm und im wind recht frisch. morgen soll es ähnlich sein, in der nächsten woche dann richtig toll. die wohnung ist so lala. wieder eine, die eher etwas seltsam ist. das schlafzimmer hat keine tür und liegt direkt gegenüber des eingangs. das bad riecht seltsam, aber das liegt wohl an dem blauen klodeozeug, das bei jedem spülen aktviert wird. sage und schreibe elf plastikblumentöpfe stehen hier herum, die hab ich als erstes alle zusammen in eine ecke plaziert. da können sie gerne ein rudel bilden. außerdem darf ich nur die beiden handtücher nutzen, die mir bereitgelegt wurden. jedes weitere kostet drei euro. aber mit keinem darf ich mir die haare trocken, wenn diese gefärbt sind. wobei: nee, meine haare haben ja schon lange keine farbe mehr. da bin ich also raus.

die stadt überwältigt mich nicht mir auf anhieb, mehr ein wenig verzögert vielleicht. die rasanten u-bahn-rolltreppen überraschen mich nicht mehr, ich richte mich schon im vorfeld darauf ein. ich stehe vor straßenbahnschienen nicht mehr blöd herum und suche nach der ampelregelung. ich weiß, dass es keine gibt, dass es an mir ist, auf straßenbahnen zu achten. lediglich deren laute warnzeichen, immer und überall, erschrecken mich noch. aber wenn ich wieder schöne neue worte lerne, heute zum beispiel „wasserrohrgebrechlichkeit“, mit betonung auf rohr, wenn ich mich verhört habe. das war eine durchsage in der straßenbahn.

dass sich meinwien so ändert, liegt mit sicherheit auch daran, dass der wienteil des manuskripts fürs erste abgeschlossen ist. aktuell bewege ich mich in england, von wien aus, was aber ganz gut zu funktionieren schein. dahin reisen kann ich aktuell nun wirklich nicht. das andere ist, dass ich von hier aus jedesmal, wenn ich ein paar schritte bis auf die hauptstraße, die mariahilfer gehe, unmittelbar auf das haus schaue, in dem der opa gelebt hat. ich fahre mit der straßenbahn daran vorbei, und das erkennen dieses gebäudes macht es mir leicht, die richtige haltestelle zu erwischen.

dahinter wiederum liegt noch etwas anderes. die nächste buchidee, ein neues manuskript, dessen titel schon so lange feststeht. und das mit dem jetzigen eng zusammenhängt, mehr noch als mit den davor. mit dem aber auch.

wenn ich das noch tun will, wenn ich also einen kleinen funken sinn darin erkennen kann. dann muss ich wiederkommen, in mein anderes wien. denn dann gibt es hier viel zu tun.

wien ist weg

jetzt habe ich also wien hinter mich gebracht, recht unspektakultär, wie auch der gesamt aufenthalt diesmal. der zug hatte letztendlich fast eine stunde verspätung, da stand ich also an gleis fünf in meidling, und alles ging mir auf die nerven. die sich stetig verlängernde verspätung, die aufkommende hitze, der warme wind. die leute und wie sie reden. nicht die sprachfärbung, aber die banalitäten, die sie verhandeln. dinge, die ich selbst sicherlich ebenfalls ungefähr zu achtzig bis neunzig prozent mit menschen verhandle, wenn ich irgendwo herumzustehen habe.

im zug war es dann angenehm leer und kühl, zum glück. denn mit der weiterreise habe ich mich diesmal offensichtlich in eine andere klimazone bewegt. in klagenfurt wird es wohl die ganze woche keinen tag unter dreißig grad sein, beginnend heute mit vorhergesagten fünfundreißig. sowas wird doch im schatten geschätzt, oder?! bereits gestern hatte ich nicht das gefühl, dass irgendwo ein keiner augenblick erholung lauern könnte. und da lagen die nachlesbaren temparaturen noch im ertragbaren bereich.

dass es so heiß war während der TDDL, das ist lange her. da war ich noch jung, da hab ich das noch gepackt. diesmal bin ich gespannt.

die wohnung hier ist deutlich besser als die in wien, obwohl die ausstattung ungefähr gleich ist. nur sieht sie eben auch so aus, wie auf den bildern. es gibt auch das sofa, und einen balkon, der größer ist als meiner zu hause. darüber hinaus verfügt das bad über eine tür, die hier nicht ganz so wichtig wäre, denn es gibt auch einen recht geräumigen flur. und ist die küche ganz woanders. sie ist schicker, aber leider weniger funktional mit zwei induktionsherdplatten und ohne milchschaumgeeignetem topf. noch einen topf kaufe ich aber nicht, um ihn dann nach abgewohnter mietzeit zurückzulassen.

ich nutze die mikrowelle, zum ersten mal im leben, und schäume nach. oh wunder, das funktioniert einigermaßen. nur der mitgebrachte espressokocher aus alu, nun ja. das ist so eine sache, aber auch das geht ja. ein wenig unschön, immer habe ich angst, den dafür missbrauchten topf mittelmäßig zu ruineren. (lustig, dass hier sogar eine solche maschine im schrank steht, ein paar nummern größer als meine. was macht die wohl hier?)

ja, es ist eine andere wohnung als sonst. etwas ab von schuss, nicht mehr die butze, zwischen lendhafen und studio. doch das sollte ganz gut passen. es zeichnet sich ab, dass einiges hier diesmal anders sein wird. und ich bin mehr als privat und vermutlich recht allein hier. gut so.

aktuell halte ich die wohnung alles mit den dunklen vorhängen so gut es geht geschlossen, weil von da grad die sonne kommt. der balkon steht tatsächlich voll in licht und hitze, die wohnung selbst bekommt nur einen schmalen streifen davon ab. ein kleines wunder.

gerade war ich kurz draußen, so zirka sechzig sekunden, um das dach des gegenüberliegenden gebäudes zu betrachten. und zu fotografieren.

jetzt bin ich durch und durch nassgeschwitzt. aber da ist ein pool auf dem oberdeck, man sieht es an der hellblauenfarbe und an der spiegelung der lichtreflektionen auf dem wasser.

ich bin ein bisschen neidisch.

menetekel

wien lässt mich nicht, diesmal. es taucht als topthema in abendnachrichten bebildert mit der hofburg, an der ich letzten donnerstag noch vorbeigelaufen bin. mit wenig achtung, einfach nur durch, vorbei am volksgarten. und mich, wie immer, gewundert habe, dass diese etwas unwirtliche gegend, mit reitpferdchen immerhin, ausgerechnet heldenplatz heißt. genau da sammeln sich jetzt menschen und schimpfen, zu recht. ich wäre da auch.

zweites thema, die anstehenden deutschen wahlen, drittes thema lindner, anschließend der 6. januar 2021. zu all dem nichts weiter, zusammengenommen ist es unerträglich.

als ich in berlin ankomme, samstag abend, u-bahn neukölln. da nehme ich den fahrstuhl, ausnahmsweise, wegen schwerem koffer und so weiter. ich bin alt genug, denke ich mir als entschuldigung. eigentlich hasse ich fahrstühle. drinnen stehen schon ein kinderwagen mitsamt eltern und eine frau mit einkaufstrolley. ich stelle mich ein bisschen blöd dazu, aber die fahrstuhltür mag nicht zugehen. wohl wegen meines rucksacks, und der mann dirigiert mich in nicht ganz akzentfreiem deutsch ein bisschen weiter in den raum. außerdem solle ich aufpassen mit dem rucksack, ich sei hier in neukölln. das „neukölln“ betont er, so wie es in den nachrichten vorkommt.

ich weiß, sage ich, ich wohne hier.

ja, sagt der mann daraufhin, da sind sie schon qualifiziert.

ich lache ein bisschen, aber innerlich jubelt es in mir. später ärgere ich mich, dass ich nicht geantwortet habe. ihm nicht zu seinem spracherwerb gratuliere, ganz vorsichtig, denn vielleicht nuschelt er ja nur.

aber besser kann man es doch wirklich nicht umschreiben: qualifiziert!

jetzt sitze ich hier. mir ist kalt und trinke ukrainischen tee, der mir persönlich von dort mitgebracht wurde. ich kann nicht lesen, was er enthält. ich kann nur riechen und schmecken. manches ist gut, wenn auch so vieles nicht. das muss man kennen und erkennen und schließlich wissen.

schreibzeit/89

morgen ist donnerstag, richtig?! also donnerstag vor einer woche bin ich in diese so lange im voraus geplante schreibzeit gestartet. und es zeigt sich: wenn ich etwas schreibzeit nenne, dann tue ich das offensichtlich auch. da ist ja nicht das erste mal.

die erfahrung sagt, dass so etwas sein muss. die veränderung der umgebung, die konzentration, verbunden mit der absicht. am besten natürlich mit einer schreibabsicht, aber möglicherweise reicht für den anfang auch eine ausrichtung. genau dafür gibt es stipendien und andere unterstützung, die gegebenenfalls mit raum verbunden ist. das ist schon gut und richtig so.

morgen ist donnerstag, und ich stelle fest, dass ich, wie von allein, tief in die schreibarbeit hinuntergestiegen bin, wenn auch noch nicht tief in den text. aber es ging ja zunächst um grobe textherstellung, um noch nicht viel mehr. der höllische teil der arbeit.

zwischendrin habe ich gelesen, in büchern und zeitschriften, die mit dem thema zu tun haben. nicht gezielt, auch nicht, um etwas nachzulesen oder im rechten moment parat zu haben. eher für stichworte, ansätze und absprünge. nichts, das geplant werden kann. zu so etwas komme ich niemals nie nicht, wenn ich zu hause an texten arbeite. selbst wenn ich mir schreibzeitfreiraum zu schaffen versuche. dafür klappt es dort mit dem träumen, dem wachdümpeln, und von dort nach momenten und poetischen netzwerken zu fischen, wesentlich besser.

nach einer woche bin ich nun einigermaßen erschöpft. weniger körperlich, auch wenn der rücken, der nacken, ach einfach alles. vor allem aber ist es der kopf, der sich langsam aber sicher leergearbeitet hat. viel mehr geht nicht. aber es sind auch über zwanzig seiten entstanden, das kapitel mehr als nur grob konzipiert, ich denke, ich habe es, fürs erste, bis ans ende gebracht.

genau dafür war ich hier. bin ich, noch immer.

ich schau mal

einen schnellen abschied gemacht. nicht noch einmal durch die nacht gelaufen, obwohl diese sich sicher gut geeignet hätte. immer noch sind in wien die luftig heißen tage gefolgt von gut heruntergekühlten nächten. ehrlich gesagt, es ist mir noch nicht einmal eingefallen. das ist schade. jetzt ist es zu spät, ich sitze im zug nach klagenfurt. auch egal, dass ich im moment nicht weiß, wann ich wieder herkomme. bislang ist nichts gebucht. nur mein kopf sagt, dass das nicht geht. dass ich das ändern muss, sofort.

aber nicht augenblicklich, so etwas geht doch gar nicht. auf reisen reisen buchen. himmel nochmal!

der zug ist zum glück nicht mehr besonders voll, seit er wien verlassen hat. pünktlich ist er auch, aber er macht ein kleines bisschen auf deutsche bahn, indem das bordrestaurant ausschließlich mit kalten speisen und schwarzem kaffee aufwarten kann. dabei ist es doch ein railjet. mir macht das nichts, ich habe tee und wasser und schokolade. und es sind nur vier stunden bis da.

ist eigentlich auch eine strecke zum schauen. nicht zum bloggen, nicht einmal zum lesen.

abschiedsgerummel

letzte wege, nichts besonders, alles fußläufig. etwas bargeld besorgen, für alle fälle, blasenpflaster und, tatsächlich, einen schirm. das mache ich oft. so zeug besorgen, das man unbedingt braucht und dann in der wohnung lassen. meistens sind es scheren und schirme, das ist doch normal. nur in einer wohnung war es nach und nach immer mehr, weil ich da immer wieder hinkommen wollte. das hat sich nun leider zerschlagen, seit jahren schon. ist jetzt leider fix vermietet, und ich kann deshalb nicht mehr wirklich in die kleine stadt. dahin, wo es so schön nah ist zum schreiben.

solche letzte wege sind immer ein wenig traurig. nicht immer spüre ich das, mitunter kommt der leise schmerz erst in der nachschau. das ist auch nicht schön. das ist alles nicht schön, aber noch geht es ja nicht nach hause. erstmal kommt der klagenfurter literaturrummel, für den ich heute dann gleich mal lose ein nettes date verabredet habe. wie das da so ist, man sieht sich.

das hirn hört nicht auf mit dem gerappel, nach einem solchen schreibrausch in der letzten woche. weil mir heute morgen die milch sauer war, gab es nur kaffee pur. da war es klar, dass ich mir irgendwo zwischendrin noch einen capuccino würde bringen lassen müssen. und dann dasitzen und gucken und lesen, bis nichts mehr hilft. außer die notizbücher herausholen und die nacht nachtragen. wirkliche ordnung habe ich nicht in das chaos gebracht, aber alles ist hingeschrieben, sogar einigermaßen lesbar. hoffe ich zumindest.

da es nun also vorbei ist mit meinem sommerwien 2024, beginnen auch diesbezüglich die gedanken zu kreisen. oktober, also herbst, wie im letzten jahr, wird es wohl nicht. ich bleibe jetzt erstmal zu hause, werde sogar urlaubstage fürs zu hause bleiben verbraten. ich fürchte, das brauche ich, nicht nur für meine immer noch unvollständigen bauarbeiten. und für die steuern, wie mir gerade siedenheiß einfällt. sondern auch für mich, für meine zu-hause-gemüt. für das sein, wo ich eben bin.

aber kurz nach weihnachten, hinüber ins neue jahr. in wien? das könnte ich mir vorstellen. verbunden mit der vorstellung, dann beim vierten kapitel angekommen zu sein.

sollte funktionieren.

letzter tag in wien, morgen geht es weiter nach klagenfurt. da ist gerade für morgen regen und anschließend für sechs tage in folge gewitter angesagt. das wäre außergewöhnlich. und würde mir wohl die tage dort ein wenig menschenleerer machen, das wäre womöglich noch nicht einmal schlecht.

angesichts der textbauverwirrung in meinem kopf, ständig muss ich an den noch offenen kapiteln herumschrauben. die halbe nacht gestern, ohne dass mir der sinn danach stand. wirklich nicht. das muss ich alles heute irgendwie zu notieren versuchen, bevor ich mit dem zusammensammeln von analogem reisezeug beginne, dass es mit mir auf die weiterreise gehen kann.

ob ich einen schirm kaufen gehe, vorsichthalber?

ich bin, ich habe

mich dann doch noch aufgerafft, gegen mittag. auch wenn ich es nicht wert bin, es natürlich nicht verdient habe, hier zu sein, und deshalb gefälligst die fresse zu halten habe. zu halten hätte. ich tue das nicht, schon lange nicht mehr, aber ich spüre es, immer. ich weiß auch nicht. ich habe mir das alles bezahlt, was ich die paar tage hier in wien für mich benutze. ich habe es teuer bezahlt und bin nichts schuldig geblieben, niemandem. ich habe keine schuld.

außer der, mit der ich geboren bin. die mich geboren und nicht gelassen hat. und dafür kann ich nichts.

ein anders programm heute, keine museen mehr, vorsichtshalber. draußen ist es gut warm mit ausreichend wind. ich gehe auf der schattenseite der straßen entlang, folge der hütteldorfer straße nach westen. so in etwa, ein bisschen weiche ich auch mal rechs und mal links ab, weil ich im schatten bleiben will. ich laufe so weit, dass ich am ende glaube, aus wien heraussehen zu können. der blick auf die karte, am rechner später, bestätigt das nicht wirklich. ich bin aber nicht sicher. auf jeden fall steht fest, dass ich von hier aus, ziemlich nah am gürtel, ohne probleme bis weit in vorortgegenden laufen kann. wo es große militärkomplexe gibt, die ich sofort als solche erkenne. wo gartenkollonien wie wohnsiedlungen daherkommen, klein und eng bebaut, aber zum teil hochmodern gestaltet. wo viele bäume an den straßen stehen, mehr als ich bislang sonst irgendwo in wien gesehen habe.

es gefällt mir, die vielfalt vor allem. ich erkenne ein bisschen elberfelder norstadt, dann wieder altenessen, ein wenig steele und neukölln, aber wirklich nur wenig. vor allem gefällt mir, wie sich plötzlich der blick auf schönbrunn öffnet, das weiter unten liegt, als könnte man drauf spucken.

keine ahnung, ob ich hier wohnen könnte. mein ich nickt dazu, aber mein gemüt schaut immer wieder in die alten keller hinunter, die am weg liegen. es gibt etliche, wo die scheiben zerschlagen sind und man in die dunklen, muffig riechenden basalen räumlichkeiten hineinsehen kann. die meisten sind leer, da wäre vermutlich platz. ich schaue also danach, in löchern zu hausen, so wie immer schon. obwohl ich das letztendlich nie getan habe, dennoch. als wäre das mein rechtmäßiger platz.

nach fünf, sechs kilometern meldet sich dann doch das knie. oder der linke fuß in den noch ungewohnten sandalen. ich setze mich in die tram und zack, bin ich zurück in der stadt. ich gönne mir schokolade und alkohol und mache mir notizen für das dritte kapitel. da kommen erste strukturelemente auf, die will ich nicht verfallen lassen.

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