es gibt eine angst, die macht klein
die macht einen krank und allein
und es gibt eine angst, die macht klug
mutiger, freier von selbstbetrug
Monat: Januar 2022
nach hause kommen, in ein hotelzimmer, wo sie auf mich wartet. aber dann ist sie da mit einer anderen, und ich bin nicht eifersüchtig, aber doch zerstört, irgendwie, weil es jetzt vorbei ist. das warten.
auf der zugfahrt mit den beiden spreche ich mit der anderen, die nicht auf mich gewartet hat, und erzähle von der, mit der jetzt sie statt ich. die andere ist erstaunt, ohne abwehr, dennoch ungläubig. ich lasse sie fahren.
zu hause stehe ich in meinem bad, das dunkel ist, fast schwarz, wie kohlendreck. auch die armaturen sind heruntergekommen, verrrostet und verkalkt. und sie sind überall, an der wand vor allem. wenn ich daran reibe, um sie zu säubern, den kalk runterzukriegen vielleicht, dann sprüht das wasser in alle richtungen. das lasse ich lieber. es hilft auch nicht.
und also bleibt alles dunkel, bis ich aufwache.
die nächte sind wach
schwankender tag. die arbeit von zu hause nervt. ich komme so nicht klar, nicht mehr lange. aber was solls. um mich geht es schließlich nicht, das habe ich gelernt mit der zeit.
das vermitteln mir menschen auch ganz gern, dass es doch schlimmeres gibt. dass ich es gut habe, satt und sauber bin ich, trocken und warm. soll ich also zufrieden sein und still und schlafen, verdammt.
ich aber bleibe wach in den nächten. schaue den ideen zu, wie sie tanzen, als würden sie leben. wie damals
wenn ich es dann mal selber sage: um mich geht es hier nicht! keine ahnung, wie es mir geht! wozu? ich interessiere mich nicht! dann wiederum erklären mir dieselben menschen etwas von selbstfürsorge und sensibilität und greifen nach meinem arm, mich zu trösten. nein töten, so kommt es mir vor.
menschen, die heiß und kalt reden in einem atem. wie komme ich jetzt darauf. es sind keine menschen hier.
ein tag, der schwankt. abgrundtiefe müdigkeit in der dämmerung. nichts neues, aber ach. wie lange noch?
plastizität
wenn ich dann einmal einen kleinen zipfel kreativität in die finger gekriegt habe, dann kann ich wie zwanghaft nicht mehr davon lassen. es rauscht und es fließt, wie von allein. da kann ich doch nichts dafür.
natürlich ist das auch arbeit. heute zum beispiel habe ich über stunden immer wieder herumgesucht, wie und womit ich den häßlichen fliesenspiegel in der küche bedecken könnte. die idee mit den metrofliesen, vor monaten inzwischen, war zwar nett, aber es hat eben nicht zu fließen begonnen. die nächste idee, schicke, große feinsteingutfliesen zu installieren, scheiterte an den maßen und der schweren verarbeitbarkeit, wie sich heute herausstellte. da kam ich schon in gedanken nicht durch, also kein fließen. nein.
so eine suche nervt, aber dann, wenn es endlich klick macht, dann ist es toll. keine klacheln, keine fliesen, vinylpaneele werden es sein. am besten mit dunkler steinoptik, wenn ich ds auftreiben kann. das zeug ist wasserfest und leicht zu verarbeiten, ein teppichmesser reicht, geklebt wird mit acryl aus der dose, und es ist so dünn, dass ich auch die steckdosen korrekt dahinterlegen kann. irre.
ja gut, das ist plastik und geklebe und überhaupt. mir egal, wenn in diesem moment der kreativfluss einsetzt. das zeichnen, messen und rechnen, bis hin zu völlig abseitigen ideen an ganz anderen stellen in der wohnung. der boden im bad muss ja auch irgendwann mal neu gemacht werden, und da, wo das e-bike jetzt hängt, wäre eine wandverkleidung zum schutz auch nicht schlecht. eines folgt auf das andere, dinge rütteln sich zurecht. der uralte ikeaschrott aus dem keller soll ja auch schon lange mal in den müll, dann findet mein altes spazierrad da noch einen guten platz.
und so weiter, immer weiter. müßig, das alles hier aufzuzählen, zumal sich sicher einiges noch ändern wird. aber diese freude, wenn sich eine idee nach der andere entfaltet. wie von selbst in mir, das ist ein komisches talent.
schreibzeit/64
geschrieben habe ich auch zwischen den jahren, obwohl ich diesmal dafür nicht extra weg war, in der kleinen stadt zum beispiel. es hat sich auch so alles gut gefügt, das renovieren ging nahtlos ins schreiben über und von da rutschte ich dann ohne übergang ins übersetzen. lästiges seo-zeug, das ich schon viel zu lange vor mir hergeschoben habe. so lang geschoben, dass ich mich schon langsam aber sicher vor dem auftraggeber zu fürchten begonnen hatte. holla!
das alles hat sich nun also sehr zu meiner zufriedenheit erledigt, ich bin ziemlich durch, allerdings dabei nicht allzu erschöpft. genau so muss es sein, wenn ich zu hause arbeite, die dinge müssen in balance sein und bleiben. und das bauen und basteln gehört zwingend dazu.
das schreiben selbst allerdings war anstrengend. derzeit gehe ich eisern vor, setze mir selbst zeiten, die ich als deadline bezeichne, und halte sie eigenständig ein. bis zum ende des jahres wollte ich in das neue projekt finden, den ton, die sprache, das konzept, um im anschluss den ersten teil in einer ersten fassung vorlegen zu können. das ist gelungen, obwohl ich noch nicht ganz fertig bin. ich habe aber auch ein klein wenig mehr (text) geschafft, so etwa ein viertel des geplanten volumes. (was allerdings überhaupt gar nichts heißt, in dieser phase der arbeit.)
im anschluss, also mitte januar, schätze ich, geht es zurück wiederum ohne übergang zurück in das vorherige projekt, die abschließende überarbeitung steht an. damit wird der winter und ein bisschen was vom frühling vergehen, denke ich, und es kommt mir tatsächlich gerade selbst ein klein wenig gewagt vor. andererseits mag an dieser vorgehensweise sichtbar werden, und ich weiß es natürlich sowieso, dass ich hier nicht nur einer berufung folge, sondern einem beruf nachgehe, der eine gewisse professionelle herangehensweise zwingend voraussetzt. so ist das.
zweiundzwanzig
rückblickend sind die vergangenen zwei jahre im nichts verschwunden. mir ist leben verschwunden, zusammen mit dieser zeit, so wie allen, auf die eine oder andere art. ich klage nicht, es findet sich kein adressat. ich würde sprechen über das, was ich erfahre, wie ich mich erfahre auch. ich werde das tun, so immer wieder. ich bin ein mensch, eine wirklichkeitsmaschine für wahnemung und klang. doch nicht jetzt, in dieser pandemie reden schon zu viele. und zu viele reden zu viel ungeklärtes, wut und angst und anderes zeug. ich eigne mich nicht für den chor, in dem eines das andere bedingt.
was ich sage, was ich will, das wird gern missverstanden. die zeit, die mir fehlt, fehlt ja de facto gar nicht. diese zeit war da, und sie war weitgehend eine qual, wie ich es nicht mehr für möglich gehalten hätte. ein rückgriff in das, was vergangen schein. das zu sagen ist eine nüchterne tatsache. das zu beschreiben ist eine qual. diese qual ist wirklichkeit. umso seltsamer, wie sich diese wirklichkeit letztendlich zur klage umgreift. das ist entweder opferstolz, durchaus möglich. oder ich werde beschämt und verdreht. womöglich beides, zur gleichen zeit.
jetzt heißt es wieder: es ist licht am ende des tunnels. wie schon imletzten jahr, genau zu dieser zeit.
doch das weiß man nie, wie lang der tunnel ist, und ob da nicht vielleicht das licht eines entgegenkommenden zugs leuchtet, immer schneller wird und heller. oder ob das überhaupt ein tunnel ist, diese zeit, durch die wir kriechen. am ende tauchen wir ein in einen neuen traum, fast alles im leben ist illusion. ein häßliches spiel mit der hoffnung fest im bestand menschlicher beschaffenheit. es gibt keine überlegenheit, nur das elend des überlebens.
das kommt danach, das leben jenseits von licht und schatten und tunnel. die erfahrung, die bleibt. die erfahrung, die es zu überwinden gilt, wenn der tunnel geschafft ist. scheinbar.